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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Krafft-Ebing; Kraft

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Krafft-Ebing - Kraft.

ein "Illustriertes Landwirtschafts-Lexikon" (das. 1883, 2. Aufl. 1887) heraus. Auch redigiert er das "Österreichische landwirtschaftliche Wochenblatt" und den Frommeschen "Österreichisch-ungarischen landwirtschaftlichen Kalender".

4) Adam, s. Kraft 1).

Krafft-Ebing, Richard, Freiherr von, Mediziner, geb. 14. Aug. 1840 zu Mannheim, wurde vom elften Jahr ab im Hause seines Großvaters, des bekannten Rechtsgelehrten Mittermaier in Heidelberg, erzogen, studierte seit 1858 an der dortigen Universität, wurde 1863 als praktischer Arzt approbiert und suchte dann weitere Ausbildung unter Billroth, Griesinger, Rindfleisch in Zürich, wo er durch Griesinger lebhaftes Interesse für das Gebiet der Nerven- und Geisteskrankheiten gewann. Den Winter von 1863 brachte er mit Spezialstudien in Wien und Prag zu, und 1864 wurde er Hilfsarzt an der Irrenheilanstalt in Illenau. Im Herbst 1868 studierte er unter Wundt in Heidelberg Psychologie und ließ sich dann als Spezialist für Nervenkrankheiten in Baden-Baden nieder. Nach Beendigung des deutsch-französischen Kriegs, den er als Feldarzt mitmachte, leitete er die elektro-therapeutische Station für kranke und verwundete Krieger in Baden-Baden und ging dann nach Berlin, um sich für die akademische Laufbahn vorzubereiten. Hier erhielt er einen Ruf als außerordentlicher Professor für Psychiatrie an die Universität Straßburg, wo er die psychiatrische Klinik begründete. 1873 ging er als Direktor der steirischen Landesirrenanstalt und als Professor der Psychiatrie nach Graz, gab aber 1880 die Leitung der Irrenanstalt auf und widmete sich ausschließlich seiner Professur, die 1886 zu einer ordentlichen und zu einer Professur und Klinik der Nervenkrankheiten erweitert wurde. In demselben Jahr errichtete K. ein Sanatorium für Nervenkranke in Graz. K. zählt zu den hervorragendsten Forschern auf dem Gebiet der Nerven- und Geisteskrankheiten; er schrieb: "Grundzüge der Kriminalpsychologie" (2. Aufl., Stuttg. 1882); "Lehrbuch der gerichtlichen Psychopathologie" (2. Aufl., das. 1881); "Lehrbuch der Psychiatrie" (2. Aufl., das. 1883, 2 Bde.); "Über gesunde und kranke Nerven" (3. Aufl., Tübing. 1886); "Über Nervosität" (3. Aufl., Graz 1884); "Psychopathia sexualis" (Stuttg. 1886).

Kraft, in der Naturlehre die Ursache, welche man zur Erklärung einer Erscheinung annimmt. Eine K. kann demnach niemals sinnlich wahrgenommen, sondern nur aus ihren Wirkungen erschlossen werden. Eine K. ist völlig bestimmt, wenn ihr Angriffspunkt, ihre Richtung und ihre Größe oder Stärke gegeben sind. So nehmen wir z. B. als Ursache des Fallens der Körper die Schwerkraft an; ihr Angriffspunkt ist der Schwerpunkt (s. d.) des fallenden Körpers, ihre Richtung geht lotrecht nach abwärts (d. h. in gerader Linie dem Mittelpunkt der Erde zu), ihre Größe bemißt sich nach dem Druck, den der Körper im Zustand der Ruhe auf eine horizontale Unterlage, oder nach dem Zug, den der aufgehängte Körper auf den Aufhängungspunkt ausüben würde, d. h. nach dem Gewicht des Körpers. Da jede K. sich durch Druck oder Zug äußert, so kann nicht nur die Schwerkraft, sondern jede beliebige K. ihrer Größe nach durch ein Gewicht ausgedrückt werden. Die Gewichtseinheit (z. B. das Kilogramm) kann daher zugleich als Krafteinheit dienen.

Alle Naturkräfte lassen sich zurückführen auf solche, welche in der geraden Verbindungslinie je zweier aufeinander wirkender Stoffteilchen anziehend oder abstoßend thätig sind. Dabei ist die Wirkung eines Körpers auf einen andern immer eine gegenseitige, und zwar wird jeder der beiden Körper mit der gleichen K. angezogen oder abgestoßen. Dieses Gesetz der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung ist eins der einfachsten und allgemeinsten Naturgesetze, von welchem man keine Ausnahme kennt. Man kann die Kräfte einteilen in solche, welche auch in größerer Entfernung wirken, und in solche, welche nur in unmeßbar kleiner Entfernung zwischen den Molekülen (s. d.) der Körper in wahrnehmbarer Weise thätig sind (Molekularkräfte). Zu den fern wirkenden Kräften gehört die allgemeine Massenanziehung oder Gravitation (von welcher die Schwerkraft als Anziehung zwischen der Erde und den an ihrer Oberfläche befindlichen Körpern nur ein besonderer Fall ist) sowie die elektrostatische und elektrodynamische Anziehung und Abstoßung, auf welch letztere die magnetischen Kräfte zurückgeführt werden können. Zu den Molekularkräften gehören: 1) die chemische Verwandtschaft oder Affinität, welche die chemische Verbindung der Atome zu gesetzmäßig gebauten Atomgruppen oder Molekülen vermittelt; 2) die Kohäsion, welche die Moleküle in ihrem Verband zu einem Körper zusammenhält (die Elastizität und die Kapillarität sind spezielle Äußerungen der Kohäsion bei festen und flüssigen Körpern); 3) die Molekularkräfte des Äthers in ihrer Wechselbeziehung zu denjenigen der Körperatome, welche zur Erklärung der Licht- und Wärmeerscheinungen dienen. - Die Größe der fern wirkenden Kräfte steht im umgekehrten Verhältnis des Quadrats der Entfernung der zwei aufeinander wirkenden Körper. Auch die Stärke der Molekularkräfte ist von der gegenseitigen Entfernung der wirkenden Körperteilchen abhängig; jedoch ist das Gesetz dieser Abhängigkeit nicht bekannt, man weiß bloß, daß die Molekularkräfte nur in sehr kleinen Entfernungen überhaupt merklich sind, bei zunehmender Entfernung außerordentlich rasch abnehmen und in meßbarer Entfernung verschwinden. - Wenn eine K. einen Körper in Bewegung setzt, so leistet sie, indem sie seine Trägheit überwindet, eine Arbeit, deren Betrag durch das Produkt aus der Größe der K. und der Länge des Wegs, den ihr Angriffspunkt in der Richtung der K. zurückgelegt hat, gemessen wird. Ist die K. in Kilogrammen und die Weglänge in Metern ausgedrückt, so ergibt sich die Arbeit als Produkt dieser beiden Größen in Meterkilogrammen. Das Meterkilogramm, d. h. diejenige Arbeit, welche eine K. von 1 kg leistet, indem sie einen ihr gleichen Widerstand durch eine Weglänge von 1 m überwindet, ist demnach die Einheit der Arbeitsgrößen, wie das Kilogramm die Einheit der Kraftgrößen ist. Ein bewegter Körper besitzt nun vermöge seiner Geschwindigkeit die Fähigkeit, einen ihm entgegenstehenden Widerstand zu überwinden und dabei, bis seine Geschwindigkeit erschöpft ist, eine ebenso große Arbeit zu leisten, wie die bewegende K. vorher aufgewendet hatte, um ihm seine Geschwindigkeit zu erteilen. Diese Arbeitsfähigkeit, welche einem bewegten Körper innewohnt, heißt seine lebendige K. oder seine Wucht; sie wird nach den Lehren der Mechanik ausgedrückt durch das halbe Produkt der Masse (m) des bewegten Körpers mit dem Quadrat seiner Geschwindigkeit (v): ½mv². Der Begriff "lebendige K." bezeichnet demnach keine K., sondern eine nach Meterkilogrammen zu messende Arbeitsgröße.

Die Fähigkeit eines Körpers, Arbeit zu leisten, wird ganz allgemein Energie genannt. Nicht nur