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Maine-et-Loire - Maintenon.
den Körpers, nach der Restauration Mitglied der Deputiertenkammer und Staatsrat. Er starb 16. Juli 1824. Anfänglich Sensualist im Sinn Lockes und Condillacs, hierauf Intellektualist im Sinn der durch Leibniz an Locke vollzogenen Modifikation, gegen das Ende seines Lebens mystischer Theosoph, der das Individuum in Gott aufgehen läßt, hat er, obgleich nicht geschulter Philosoph, seinerseits Schule gemacht und insbesondere durch die Richtung seiner zweiten Periode auf Cousin und dessen Nachfolger beträchtlichen Einfluß geübt. Der ersten Periode gehört an sein "Mémoire sur l'habitude" (Par. 1803), in dem er im Gegensatz gegen die rein passive Empfindung des Sensualismus (sensation) von dieser die aktive Wahrnehmung (perception) unterscheidet. Aus der zweiten Periode stammt nebst der Abhandlung "Rapport du physique et du moral" (hrsg. 1834 durch Cousin) die Schrift "Essai sur le fondement de la psychologie" (hrsg. 1859 durch Naville), in welcher sich der Verfasser zwischen die Metaphysiker, die die Seele als Ding an sich, das als solches für uns unzugänglich ist, fassen, und die reinen Empiriker, die in der Seele nur eine Reihe untereinander verknüpfter Erscheinungen sehen, mitten inne auf den Standpunkt der "réflexion intérieure" stellt, vermöge welcher das individuelle Subjekt sich als solches fühlt und von seinen sämtlichen Veränderungen (modes) sich unterscheidet. Die Grundthatsache des Bewußtseins ist die des Strebens (nisus), d. h. der Aktivität des Ichs, welche, insofern sie gehemmt, d. h. durch ein äußeres Objekt bestimmt, wird, also sich leidend (rezeptiv) verhalten muß, den Stoff, insofern sie frei, d. h. bestimmend (spontan), verfährt, die Form der Erkenntnis (ähnlich wie bei Kant) erzeugt. Der letzten, der dritten, nicht zum Abschluß gelangten Periode seiner Philosophie gehört sein letztes, unvollendet gebliebenes Werk "Nouveaux essais d'anthropologie" an, in welchem er im Menschen dreierlei Leben unterscheidet: das tierische der Empfindung, das menschliche des Willens und das geistige der Liebe. Das Ich, das während des ersten noch gar nicht vorhanden ist, während des zweiten den höchsten Inhalt des Bewußtseins ausmacht, erscheint während des dritten erloschen, indem es sich verliert und aufgeht in Gott. Jeder dieser drei Stufen entspricht eine Periode seines eignen Philosophierens: der ersten sein ursprünglicher Sensualismus, der zweiten sein auf die Thatsache des Selbstbewußtseins gestützter Intellektualismus, der dritten sein das Individuum mit der Gottheit vereinigender Mystizismus. Seine gesammelten Werke gab Cousin heraus (Par. 1841, 3 Bde.), seinen litterarischen Nachlaß Naville (das. 1859, 3 Bde.). Vgl. Naville, M. de Biran, sa vie et ses pensées (3. Aufl., Par. 1874); J. ^[Jules] Gérard, M., essai sur la philosophie (das. 1876).
Maine-et-Loire (spr. mähn-e-lŏahr), franz. Departement im Flußgebiet der Loire, nach der letztern und ihrem Nebenfluß Maine benannt, ist aus dem größten Teil der alten Provinz Anjou gebildet, grenzt im N. an die Departements Mayenne und Sarthe, im O. an Indre-et-Loire, im SO. an Vienne, im S. an Deux-Sèvres und Vendée, im W. an Niederloire und im NW. an Ille-et-Vilaine und hat einen Flächenraum von 7121 qkm (129,3 QM.). Es wird von der Loire von O. nach W. durchströmt und außerdem im N. von dem Authion, der Sarthe (mit Loir) und Mayenne (mit Oudon), die beide sich zum Fluß Maine vereinigen, im S. vom Thouet (mit der Dive), Layon und Evre (lauter Nebenflüssen der Loire) bewässert. Es ist ein größtenteils ebenes, von zahlreichen flachen Thälern durchschnittenes, höchst fruchtbares Land, von dessen Areal 487,600 Hektar auf Äcker, 90,246 auf Wiesen, 35,862 auf Weinberge, 55,500 auf Wälder kommen. Die Bevölkerung belief sich 1886 auf 527,680 Bewohner, d. h. 74 auf 1 qkm. Hauptprodukte sind Getreide, insbesondere Weizen, der im Jahresdurchschnitt 2,66 Mill. hl ergibt, und Wein (durchschnittlich 775,000 hl). Andre Produkte sind: Kartoffeln, Rüben, Hülsenfrüchte, Hanf, Flachs, Ölpflanzen, Melonen und andre Früchte, Rindvieh, Pferde, Schweine, akklimatisierte Kaschmirziegen, Schiefer (bei dessen Gewinnung ca. 3000 Arbeiter beschäftigt sind) und Steinkohlen (1886: 32,331 Ton.). Die Einwohner betreiben lebhafte Industrie in Baumwoll-, Schafwoll-, Hanf- und Leinenwaren, wofür Cholet, dann Angers die Zentralpunkte bilden, außerdem etwas Papier-, Leder- und Thonwarenindustrie. Das Departement zerfällt in die Arrondissements Angers, Baugé, Cholet, Saumur und Segré. Hauptstadt ist Angers. Vgl. Port, Dictionnaire historique, géographique et biographique de M. (Angers 1869-77).
Mainfeldzug, der Krieg zwischen Preußen und den deutschen Mittelstaaten 1866, s. Preußisch-deutscher Krieg.
Maingau, alte deutsche Landschaft am Untermain, im O. vom Spessart begrenzt, gehört mit seinem östlichen Teil (Aschaffenburg) zum bayrischen Regierungsbezirk Unterfranken, mit seinem westlichen zu Hessen und der preußischen Provinz Hessen-Nassau.
Main gauche (franz., spr. mäng gohsch), s. v. w. Linkehanddolch, s. Dolch.
Mainhardterwald, Keupergebirge mit Liaskuppen, zwischen Murr, Lauter und Roth in Württemberg, erreicht in der Schanze 555 m Höhe.
Mainland (spr. mehnländ), 1) die bedeutendste der Shetlandinseln, gebirgig (im Rona oder Rooeneß 450 m hoch) und mit sehr zerrissener Küste, 87 km lang, 30 km breit, ist meist von Heidekraut bedeckt, bietet aber auch Weideplätze und fruchtbare Thäler dar und hat (1881) 20,821 Bewohner. Hauptort ist Lerwick (s. d.) - 2) Orkneyinsel, s. Pomona.
Mainlinie, s. Main.
Main morte (franz., spr. mäng mórt), s. v. w. Tote Hand (s. d.).
Mainōten, griech. Volksstamm, s. Maina.
Maintenieren (franz., spr. mängt-), behaupten, aufrecht erhalten; unterstützen.
Maintenon (spr. mängt'nong), Stadt im franz. Departement Eure-et-Loir, Arrondissement Chartres, am Zusammenfluß der Boise u. Eure und an der Westbahn, mit schönem Schloß, Überresten der großen, von Ludwig XIV. behufs der Bewässerung von Versailles durch das Wasser der Eure erbauten unvollendeten Wasserleitung und (1881) 1419 Einw. Das Schloß war einst Besitz der Marquise Maintenon, später des Hauses Noailles. In der Umgegend viele sogen. druidische Denkmäler (Dolmen).
Maintenon (spr. mängt'nong), Françoise d'Aubigné, Marquise von, Mätresse und später heimliche Gemahlin Ludwigs XIV. von Frankreich, geb. 27. Nov. 1635 in der Citadelle von Bordeaux als Tochter des eingekerkerten Wüstlings Constant d'Aubigné, Enkelin des tapfern Vorkämpfers der Hugenotten, Agrippa von Aubigné, ging 1639 mit ihren Eltern nach Martinique, kam 1649, inzwischen zum Katholizismus bekehrt, als Gesellschafterin einer adligen Dame nach Paris und verheiratete sich hier 1652 mit dem Dichter Scarron. Nach ihres Gemahls Tod 1660 geriet sie aus Armut in eine sehr be-^[folgende Seite]