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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Methōdik; Methodĭker; Methodisten

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Methodik - Methodisten.

Äußerungen Kants, die synthetische M. unter dem Namen Konstruktionsmethode (bei Kant Architektonik) wieder zur Alleinherrschaft zu bringen, und das mit der einseitigen Überspannung, als könnte aus einem allgemeinsten Begriff ohne Hilfe der Erfahrung (a priori) das gesamte System der menschlichen Erkenntnis entwickelt oder konstruiert werden. Die kurze Herrschaft dieser Philosophie ist hauptsächlich an dem Einspruch der Naturforschung gegen diese Selbsttäuschung gescheitert. In der Gegenwart erkennt man ziemlich allgemein mit Goethe an, daß "Analysis und Synthesis, Induktion und Deduktion, beide zusammen, wie Aus- und Einatmen, das Leben der Wissenschaften ausmachen". Zunächst muß die Erkenntnis von der zergliedernden Betrachtung des Einzelnen ausgehen. In der Hypothese wird dann der Versuch gemacht, von der Induktion zur Deduktion überzugehen; gelingt derselbe, wird aus der Hypothese durch praktische Erprobung ein anerkanntes Gesetz, so kann von hier aus synthetisch zu dem Einzelnen fortgeschritten werden. Als schlagendstes Beispiel kann man das Kopernikanische Weltsystem betrachten, welches, auf Induktion beruhend, zunächst als Hypothese hervortrat und allmählich solche Sicherheit erlangt hat, daß man aus seinen Grundgesetzen auf das Dasein noch unbekannter und erst später aufgefundener Weltkörper (synthetisch und deduktorisch) geschlossen hat. Treffend nennt man seit Kant die synthetische M. auch das progressive, die analytische das regressive Verfahren. Seit Descartes ist ferner die letztere oft als die M. der Erfindung (heuristische M.) bezeichnet worden. - Die genetische M., nach welcher man eine natürliche Bildung oder eine organische Entwickelung in ihrem allmählichen Entstehen vom Ursprung an beobachtend begleitet, ist jenen beiden Methoden nicht nebengeordnet, insofern sie nur bei der Beobachtung und Darstellung des Thatsächlichen Anwendung findet und nur der Kenntnis, nicht der tiefer eindringenden Erkenntnis der Dinge dient. Ihr verwandt ist die pragmatische M. der Geschichtschreibung, in welcher das Thatsächliche in seinem natürlichen Zusammenhang der Reihe nach vorgeführt wird. Über die einzelnen Lehrmethoden, welche nur einfache oder zusammengesetzte Anwendungen der obigen Methoden auf bestimmte Gebiete des Wissens sind, s. die Artikel Lehrform, Unterricht etc. Vgl. Litteratur bei Logik.

In der Mathematik unterscheidet man außer den vorstehend erwähnten allgemeinen noch eine Menge spezieller Methoden, z. B. die Exhaustionsmethode, die M. der unbestimmten Koeffizienten, die M. der kleinsten Quadrate u. a. Die Exhaustionsmethode ist ein bei den Geometern des Altertums, namentlich bei Archimedes, übliches Verfahren zur Berechnung krummliniger ebener Figuren, krummer Oberflächen und von solchen begrenzter Körper. Die M. der unbestimmten Koeffizienten, von Descartes angegeben, dient zur Entwickelung von Funktionen in Reihen von bekannter Form; die anfangs unbestimmt gelassenen Koeffizienten werden mittels der Eigenschaften der Funktionen ermittelt. Die M. der kleinsten Quadrate, von Gauß erfunden, dient zur Berechnung der wahrscheinlichsten Werte der Unbekannten aus einem System von Gleichungen, deren Zahl die der Unbekannten übersteigt, die aber mit Beobachtungsfehlern behaftet und daher nicht genau richtig sind (s. Wahrscheinlichkeit).

Methōdik (Methodologie, griech.), Anweisung zur methodischen und zweckmäßigen Lösung einer Aufgabe, z. B. zur Erlernung einer Sprache oder einer Wissenschaft. So spricht man auch von einer M. des akademischen Studiums, des musikalischen Unterrichts etc. Als allgemeine wissenschaftliche M. kann in gewissem Sinn die Logik angesehen werden. Da sie indes nur die allgemeinsten Grundsätze des wissenschaftlichen Verfahrens darbietet, ist öfters der Versuch gemacht worden, eine eingehendere allgemeine wissenschaftliche M. für alle Wissenszweige aufzustellen. Berühmt ist als solcher Versuch die große Kunst (ars magna) des Raimundus Lullus (s. d.) im Mittelalter, die aber mehr eine Anleitung zum Disputieren als zur wissenschaftlichen Forschung war. Einflußreicher wurde das "Novum organon scientiarum" (1620) des Baco von Verulam, jedoch weniger durch seine vielfach mißlungenen einzelnen Anweisungen als durch die nachdrückliche Empfehlung der bis dahin zurückgesetzten induktiven Methode. In der Kantschen Schule wird zwischen Elementarlehre oder Entwickelung der in dem betreffenden Wissensgebiet herrschenden Grundbegriffe und Methodenlehre oder Anwendung derselben auf dieses Gebiet unterschieden. Vor und nach Kant ist im vorigen Jahrhundert und im Anfang des 19. Jahrh. oft der Versuch gemacht worden, in diesem Sinn eine Methodologie einzelner Wissenszweige oder der gesamten menschlichen Wissenschaften aufzustellen. Gewöhnlich ist diese dann verbunden mit einer allgemeinen Übersicht der Wissenschaft, daher die gebräuchliche Bezeichnung für akademische Vorlesungen etc.: "Encyklopädie und Methodologie" (vgl. Encyklopädie, S. 614). In der Pädagogik nennt man allgemeine M. (Didaktik) die Darlegung der allgemeinen Grundsätze des Unterrichts und spezielle oder besondere M. die Anwendung derselben auf die einzelnen Unterrichtszweige.

Methodĭker, einer, der nach einer Methode, einem bestimmten Plan zu Werke geht; methodisch, eine Methode befolgend, planmäßig; methodisieren, methodisch verfahren.

Methodisten, eine aus der anglikanischen Kirche hervorgegangene Religionsgesellschaft, welche keine neue Lehre und Verfassung, sondern nur, ähnlich wie die Pietisten und Labadisten auf dem Festland, das Christentum zugleich verinnerlichen u. praktisch fruchtbar machen wollten. Deshalb wurden sie zuerst nur spottweise M., d. h. solche, welche die Frömmigkeit nach der Methode betrieben, ihre Richtung und Denkart Methodismus genannt. Gründer des Methodismus war John Wesley (s. d.), der 1729 einen geistlichen Verein gründete, welcher sich gemeinsames Beten und Lesen der Bibel, häufige Abendmahlsfeier, Verkündigung des Evangeliums dem unwissenden Volk, Besuch und Bekehrung der Kranken und Gefangenen zu Zwecken setzte. Nachdem sich 1732 mit ihnen Georg Whitefield (s. d.) verbunden hatte, unternahmen sie Missionsreisen. Die beiden Wesley wirkten seit 1735 besonders in Amerika, namentlich in Neugeorgia; aber erst nach ihrer Rückkehr entstand 1739 eine förmlich organisierte Gesellschaft von M., weil die Geistlichen der bischöflichen Kirche den methodistischen Predigern die Kanzel verboten hatten. Notgedrungen aus der englischen Kirche ausgeschieden, predigten sie zuerst auf freiem Felde, dann in besondern Bethäusern (Tabernakeln). Auch in Schottland und Irland verbreitete sich die neue Sekte rasch, namentlich unter dem niedern Volk, zufolge des bedeutenden Rednertalents Wesleys und mehr noch Whitefields. Durch die frühere (1740 wieder gelöste) Verbindung mit der Brüdergemeinde, die Wesley in Amerika und Deutschland kennen gelernt