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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Montanistisch; Montargis; Montataire; Montauban; Mont-Avron; Montāzio; Montbard; Montbéliard

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Montanistisch - Montbéliard.

sendjährigen Reich, dessen Mittelpunkt die phrygische Stadt Pepuza sein werde, nahe bevorstehe, drang der Montanismus auf Reformation des christlichen Lebens durch möglichste Lösung aller Bande, die noch irgend an die gegenwärtige Welt fesseln; hieraus entsprangen seine Forderung der strengsten Askese und einer harten Bußdisziplin, die Verwerfung der zweiten Ehe, wiewohl auch die erste eigentlich nicht zu empfehlen sei, feindselige Stimmung gegen alle Kunst und weltliche Bildung. Im übrigen teilte der Montanismus die Dogmatik der damaligen katholischen Kirche, von welcher er erst allmählich ausgeschieden wurde. S. Chiliasmus und Christentum. Die M., auch Phrygier, Kataphrygier, Pepuzianer genannt, während sie sich selbst als Pneumatiker, d. h. Geisterfüllte, bezeichneten, fanden Anhänger nicht bloß in Kleinasien, sondern auch in Gallien, Italien und Nordafrika, wo ihr namhaftester Vertreter, Tertullian, lebte. Vgl. Schwegler, Der Montanismus (Tübing. 1841); Bonwetsch, Die Geschichte des Montanismus (Erlang. 1881); Belck, Geschichte des Montanismus (Leipz. 1883).

Montanistisch, s. Montan.

Montargis (spr. mongtarschih), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Loiret, an der Vereinigung der Kanäle von Orléans, Briare und Loing, Station der Eisenbahn Paris-Sens, mit Resten eines alten Schlosses, sehenswerter Kirche, Zivil- und Handelstribunal, Collège, Museum, Theater und (1886) 10,984 Einw., welche Weinbau (Gâtinaiswein), Tuchfabrikation, Gerberei, Handel mit Wein, Getreide, Vieh, Leder, Honig, Safran etc. treiben. - Früher Hauptstadt des Gâtinais und befestigt, wurde M. im 14., 15. und 16. Jahrh. von den Engländern und Franzosen wiederholt erobert und 1528 fast völlig in Asche gelegt.

Montataire (spr. mongtatähr), Flecken im franz. Departement Oise, Arrondissement Senlis, am Zusammenfluß des Thérain mit der Oise und an der Eisenbahn Creil-Beauvais, hat eine Kirche aus dem 12. Jahrh., ein Schloß und (1886) 5150 Einw., welche bedeutende Eisenwerke und Papierfabrikation betreiben.

Montauban (spr. mongtobāng), Hauptstadt des franz. Departements Tarn-et-Garonne, am schiffbaren Tarn, nahe der Vereinigung desselben mit dem Aveyron, an der Eisenbahn von Bordeaux nach Cette (mit Abzweigung nach St.-Sulpice) und an der Orléansbahn, hat eine Kathedrale von 1739 mit schönem Gemälde von Ingres, mehrere andre ansehnliche Bauwerke, z. B. die Präfektur, das restaurierte Stadthaus, ein Theater, eine Brücke aus dem 14. Jahrh. und (1886) 17,298 Einw. In der Fabrikation von Wollenstoffen (cadis-M.) hat die Stadt ihre ehemalige Bedeutung an andre Städte des südlichen Frankreich (Mazamet, Castres) verloren. Dagegen hat M. Fabriken für Mühlbeuteltuch, Strohhüte, ferner Seidenfilanden, Handel mit Leder, Öl etc. In der Umgebung wachsen berühmte Weine. M. hat ein kathol. Seminar, eine evangelisch-theolog. Fakultät, ein Lyceum, Lehrer- und Lehrerinnenseminar, eine Bibliothek von 30,000 Bänden, ein Museum, einen botanischen Garten, Gerichts- und Assisenhof, ein Handelsgericht, eine Filiale der Bank von Frankreich und ist Sitz des Präfekten und eines Bischofs. - M. wurde 1317 Bischofsitz, gab sich 1570 als einer der vier Sicherheitsplätze der Protestanten eine Art von republikanischer Verfassung und legte starke Befestigungen an. Es hatte in den Religionskriegen vielfach zu leiden. Von Ludwig XIII. lange vergebens belagert, ergab es sich ihm 1629, worauf Richelieu die Werke schleifen ließ. Auch unter Ludwig XIV. hatten die Einwohner nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) um der Religion willen wieder viele Drangsale zu erdulden. M. ist Geburtsort des Malers Ingres.

Montauban, Graf von Palikao, s. Cousin-Montauban.

Mont-Avron (spr. mong-t-awróng), Anhöhe östlich von Paris, als wichtiger, die Marneübergänge beherrschender Punkt 1870 von den Franzosen stark befestigt, von den Deutschen (12. Korps) jedoch schon nach zweitägiger Beschießung 29. Dez. besetzt.

Montāzio, Enrico, ital. Dichter und Schriftsteller, einer der größten Vielschreiber, geb. 29. Sept. 1817 bei Portico di Romagna in Toscana, war schon im Alter von 14 Jahren Mitarbeiter eines zu Siena erscheinenden Blattes, studierte in Pisa Medizin, schrieb aber auch da für Journale und ging 1842 nach Florenz als Mitarbeiter des "Mondo contemporaneo". Im folgenden Jahr gründete er die "Rivista di Firenze", für welche er die besten Kräfte der Halbinsel zu vereinigen wußte. Nach dem Ausbruch der Revolution gründete er das demokratische Blatt "Il Popolano", mit welchem er sich in einen Majestätsprozeß verwickelte. Fünf Jahre lang war er mit Guerrazzi zuerst auf der Festung Volterra, dann in Florenz eingekerkert und ging hernach in die Verbannung, zunächst nach Marseille, wo er sogleich wieder die journalistische Thätigkeit aufnahm, die er später in Paris und London fortsetzte. 1860 kehrte er nach Italien zurück, übernahm in Florenz die Redaktion des "Mondo illustrato" und der "Rivista contemporanea", schrieb eine große Anzahl biographischer Hefte für die "Galleria degli illustri contemporanei", gründete und redigierte noch andre Zeitschriften in Turin, kam wieder nach Florenz, immer für Journale thätig. Unermüdlicher Publizist in drei Sprachen, fand M. noch die Muße, an siebzig Romane zu schreiben, meist für das Feuilleton von Journalen. Im Buchhandel erschienen unter anderm: "Il pellegrinaggio di un' anima"; "Francilla la fioraja"; "I Rejetti" (1867, sehr verbreitet); "Storia di tre baci" (1879). Für das Theater schrieb M. ebenfalls sehr viel; großen Erfolg hatte "L'origine d'un gran banchiere".

Montbard (spr. mongbār), Stadt im franz. Departement Côte d'Or, Arrondissement Semur, an der Brenne, dem Kanal von Burgund und der Eisenbahn Paris-Lyon gelegen, hat Schloßruinen, (1881) 2430 Einw., Thonwarenfabrikation und Eisengießerei. M. ist der Geburts- und Sterbeort Buffons, welchem ein Denkmal daselbst errichtet wurde.

Montbéliard (spr. mongbelĭār, deutsch Mömpelgard), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Doubs, am Rhône-Rheinkanal und an der Eisenbahn von Belfort nach Dijon, hat ein Kastell, (1886) 8150 Einw., davon zwei Drittel Protestanten, welche hier auch eine Konsistorialkirche besitzen, einen Gerichtshof, ein Collège, protestantisches Lehrerseminar und eine Bibliothek, Baumwoll- und Uhrenindustrie, Handel mit Bauholz, Käse etc. M. ist der Geburtsort Cuviers, dem hier ein Denkmal (von David d'Angers) errichtet wurde. - M. war früher der Hauptort einer zur Freigrafschaft Burgund gehörigen Grafschaft, welche 1397 durch Heirat an das Haus Württemberg kam und teils von jüngern Söhnen, teils von den Herzögen selbst regiert wurde, aber wiederholt (1674-97 und 1723-48) von den Franzosen besetzt, 1792 endgültig okkupiert und im Frieden zu Lüneville 1801 förmlich an Frankreich abgetreten