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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Naphthalīn; Naphthōle; Napier

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Naphthalin - Napier.

Erdölsorten, wie sie namentlich die Gegend am Kaspischen Meer, am Monte Ciara bei Piacenza etc. liefert. Gegenwärtig versteht man in der Technik unter N. die leicht flüchtigen Produkte von der Destillation des Erdöls und der Teeröle.

Naphthalīn C10H8 ^[C_{10}H_{8}], ein im Steinkohlenteer reichlich (5-10 Proz.), auch im Braunkohlen- und Holzteer und in manchem Erdöl vorkommender Kohlenwasserstoff, scheidet sich in großen Mengen aus dem völlig erkalteten Schweröl aus und kann durch Filtrieren, Ausschleudern oder Pressen abgesondert werden. Da die Reinigung dieses Produkts aber ziemlich schwierig ist, so begnügt man sich mit der Gewinnung von N. aus dem Karbolöl und zwar aus demjenigen Teil desselben, welcher nach Behandlung des Öls mit Natronlauge zur Ausziehung des Phenols zurückbleibt. Dies Öl wird der Destillation unterworfen und liefert dabei zuerst wenig leichtes Öl, dann aber fast reines N., so daß der Inhalt der Vorlage zu einem weißen Kristallbrei erstarrt. Man bringt denselben auf eine Filterpresse, dann auf eine hydraulische Presse, behandelt den Rückstand mit 5-10 Proz. konzentrierter Schwefelsäure, wäscht das N. mehrmals mit Wasser und dann zur vollständigen Entfernung der Säure mit schwacher Natronlauge, worauf es schließlich sublimiert oder destilliert wird. Gewöhnlich gießt man das destillierte N. in flache Schalen und bringt die erstarrten Kuchen, nachdem sie noch einmal hydraulisch gepreßt worden sind, in den Handel. N. bildet gereinigt farblose Blättchen, riecht penetrant, schmeckt brennend, löst sich leicht in Alkohol, Äther und Ölen, nicht in Wasser, spez. Gew. 1,15, schmilzt bei 79°, siedet bei 216°, verflüchtigt sich langsam auch bei gewöhnlicher Temperatur und mit Wasserdämpfen, brennt mit leuchtender, rußender Flamme und zeigt in seinem chemischen Verhalten große Ähnlichkeit mit dem Benzol. Es bildet mit konzentrierter Salpetersäure Nitronaphthalin, und aus letzterm entsteht durch Reduktion eine dem Anilin entsprechende Base, das Naphthylamin. Aus einem isomeren Nitronaphthalin erhält man ein zweites Naphthylamin, welches aus β-Naphthol dargestellt wird. Beide Naphthylamine dienen zur Gewinnung von Azofarbstoffen. Das Naphthalinrot (Magdalarot, Sedanrot) wird aus Naphthylamin erhalten und kommt als Chlorid in Form eines schwarzbraunen, undeutlich kristallinischen Pulvers in den Handel. Seine Lösung fluoresziert sehr stark, und diese Fluoreszenz teilt es auch der Seide mit, welche dadurch rosenrot gefärbt wird und orangefarben schimmert. Es besitzt ein gleiches Färbevermögen wie das Fuchsin, ist aber beständiger als dieses. Mit Jodäthyl und Jodmethyl liefert es violette und blaue Farbderivate. Mit Salpetersäure liefert das N. Phthalsäure, aus welcher ebenfalls farbige Produkte und beim Erhitzen mit Kalk Benzoesäure entsteht, so daß diese auch aus N. dargestellt werden kann. N. dient als Schutzmittel für ausgestopfte Tiere und zum Karburieren des Leuchtgases. Diese letztere Verwendungsweise ist nicht mehr neu, hat aber in der letzten Zeit in Form der Albokarbonlampe große Verbreitung gefunden. Philipp wollte eine Lösung von N. in Petroleum im Sauerstoffstrom verbrennen (Karboxygengas), doch dürfte diese Beleuchtungsart zu umständlich und kostspielig sein. In der Medizin benutzt man N. gegen Darmkatarrhe, äußerlich gegen Krätze, Herpes tonsurans, Favus etc. Vgl. Ballo, Das N. und seine Derivate (Braunschw. 1870).

Naphthōle C16H8O ^[C_{16}H_{8}O], zwei isomere Körper, welche bei Einwirkung von salpetriger Säure auf die beiden isomeren Naphthylamine oder beim Schmelzen der beiden Naphthalinsulfosäuren mit Ätzkali entstehen. α-Naphthol bildet farblose Nadeln, riecht schwach phenolartig, schmeckt brennend, sein Staub reizt zum Niesen, es ist leicht löslich in Alkohol und Äther, auch in Alkalien, kaum in Wasser, schmilzt bei 94°, siedet bei 278-280°. Es dient zu medizinischen Zwecken, auch zur Darstellung von Azofarbstoffen. Nitro-α-Naphthol, aus Nitronaphthalin erhalten, kristallisiert in gelben Nadeln und bildet mit Alkalien goldgelbe, kristallisierbare Salze, deren Lösungen Wolle und Seide goldgelb färben. Sein Natronsalz kam eine Zeitlang als Französischgelb oder Chrysoinsäure in den Handel. Dinitro-α-Naphthol kristallisiert ebenfalls in gelben Nadeln, und sein Kalk- und Natronsalz ist als Martiusgelb (Manchestergelb, Naphthalingelb, Jaune d'or) im Handel. Es kristallisiert in gelben Nadeln, ist in Alkohol, nicht in Wasser löslich, bildet orange- oder mennigrote Salze und färbt Wolle und Seide zitronen- bis tief goldgelb ohne Beize. β-Naphthol ist dem α-Naphthol ähnlich, aber fast geruchlos, schmilzt bei 123° und siedet bei 285-286°. Es dient in sehr großer Menge zur Darstellung von Azofarbstoffen, in der Medizin gegen Krätze etc., auch wegen seiner antiseptischen Wirkung zur Herstellung anatomischer Präparate.

Napier (spr. néhpiĕr oder néhpīr), 1) John, gewöhnlich Neper oder Nepper genannt, Mathematiker, geb. 1550 auf Merchiston bei Edinburg, Sohn des schottischen Barons Archibald von Merchiston, studierte zu St. Andrews, bereiste sodann einen Teil Europas und widmete sein ganzes Leben mathematischen und astronomischen Forschungen. Am berühmtesten ward er als Erfinder der Logarithmen. Auch die nach ihm genannten Nepperschen Rechenstäbchen, durch deren Gebrauch das Multiplizieren und Dividieren sehr abgekürzt wird, haben sich in der Praxis nützlich bewiesen (s. Rechenstäbchen). N. starb 3. April 1617 auf seinem Stammgut. Sein Hauptwerk ist die von seinem Sohn herausgegebene "Mirifici logarithmorum canonis constructio" (Edinb. 1618, neue Ausg. 1857); außerdem sind zu nennen: "Rhabdologia seu numerationis per virgulas libri II" (das. 1617) und "Arithmetica seu logarithmorum chiliades centum" (2. Ausg. von Vlaccius, Gouda 1628). Sein Leben beschrieb M. Napier (Lond. 1834), der auch ein hinterlassenes Werk desselben: "De arte logistica" (das. 1839), veröffentlichte.

2) Sir Charles James, brit. General, geb. 10. Aug. 1782 zu London, in weiblicher Linie von dem vorigen abstammend, trat im zwölften Jahr in die englische Armee, nahm 1798 an den Operationen gegen die irischen Insurgenten teil und avancierte 1803 zum Kapitän, 1806 zum Major, 1811 zum Oberstleutnant. Im Krieg auf der Pyrenäischen Halbinsel gegen die Franzosen sowie im amerikanischen Feldzug zeichnete er sich aus und wurde nach dem Frieden von 1815 Oberst und 1821 Gouverneur von Kephalonia. 1837 ward er zum Generalmajor und Befehlshaber der Truppen in den nördlichen Grafschaften Englands ernannt. 1841 erhielt er ein Kommando in Ostindien und bald darauf den Oberbefehl über die Truppen in Sind und Belutschistan, wo er durch die glänzenden Siege bei Meanee 17. Sept. 1843 ^[richtig: 17. Febr. 1843] und bei Haidarabad 24. März 1844 die Macht der Emire von Sind vernichtete, die Belutschen zähmte und 1845 die Unterwerfung des Landes vollendete. Da die Ostindische Kompanie sein energisches Verfahren mißbilligte, ward er 1847 abberufen. 1851