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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Niester - Nievo.

treffende Sache möglichst unverändert zurückzugeben. Hieraus folgt, daß eigentlich an Sachen, deren Gebrauchen im Aufbrauchen besteht, ein N. nicht möglich ist. Gleichwohl wird in solchen Fällen ein Quasiususfructus angenommen, z. B. bei dem N. von Kapitalien, Warenvorräten u. dgl., indem der Nutznießer nur seiner Zeit Gegenstände derselben Art und von gleichem Wert zurückzugeben verpflichtet ist.

Niester (Nister), Fluß im Westerwald, entspringt am Fuchskauten, fließt in nordwestlicher Richtung, nimmt rechts die Kleine N. auf und mündet bei Wissen links in die Sieg. Im Flußbett der N. hat man neuerdings Perlmuscheln entdeckt.

Nieswurz, Name zweier Pflanzengattungen: schwarze N., s. Helleborus; weiße N., s. Veratrum.

Niet, Nietbolzen, s. Nieten.

Niete (v. holländ. niet, "nichts"), bei der Lotterie (s. d.) ein Los, auf welches kein Gewinn gefallen ist (Fehllos); allgemein "eine N. ziehen", s. v. w. leer ausgehen, seine Hoffnungen nicht erfüllt sehen.

Nieten, das Vereinigen zweier Metallstücke und zwar teils fest und unbeweglich, teils so, daß, wie bei Scheren oder Zangen, die Stücke eine Beweglichkeit um den Punkt behalten, wo die Vernietung stattgefunden hat. Die Vernietung kann auf die Weise hergestellt werden, daß man das eine Metallstück mit einem Loch, das andre mit einem Zapfen versieht. Letztern steckt man dann durch jenes Loch und klopft ihn jenseit desselben mit dem Hammer breit, so daß eine Art Kopf entsteht, welcher die Trennung verhindert. In den meisten Fällen verwendet man Hilfsstücke, Niete oder Nietnägel (bei beträchtlicher Länge auch Nietbolzen genannt), macht durch beide zu vereinigende Metallstücke (z. B. zwei Bleche) Löcher, steckt das Niet, welches die Form eines stumpfen, cylindrischen Nagels besitzt, hindurch und breitet es an beiden Enden zu einem Kopf aus. Die Niete bestehen aus demselben Metall wie der zu nietende Gegenstand. Eiserne Niete werden aus gewalztem Rundeisen oder starkem Eisendraht gefertigt und von vornherein mit einem flachen oder gewölbten Kopfe versehen. Man stellt sie fabrikmäßig dar und bedient sich dazu entweder der Handarbeit (Schmieden) oder besonderer Maschinen, in welchen der Kopf der Niete durch einen Stempel im Fallwerk oder in einer kräftigen Presse (Nietkopfpresse) erzeugt wird. Das N. selbst geschieht, indem man das Niet durch die beiden Löcher steckt, den Kopf durch einen sogen. Gegenstempel unterstützt und nun mit einem Hammer das hervorragende Ende mit Hilfe eines sogen. Kopfstempels zu einem Kopf (Schließkopf) ausbildet. Große Niete bearbeitet man glühend. Gegenstände, die sich nicht handhaben und wenden lassen, wie z. B. Dampfkessel, müssen in der Weise vernietet werden, daß ein Arbeiter auf der einen Seite den Gegenstempel fest entgegenhält und ein andrer von der andern Seite den Schließkopf herstellt. Es sind indes auch Maschinen konstruiert worden, welche mittels zweier Stempel schnell und geräuschlos wirken. Der eine dieser Stempel steht fest, der andre wird gewöhnlich durch Dampfkraft oder Wasserdruck (hydraulische Nietmaschine) gegen das auszubreitende Ende getrieben. Meistenteils empfängt der bewegliche Stempel seine Bewegung durch Hebel oder Exzenter und zwar in horizontale oder vertikaler Richtung. Ein starker Durchschnitt, dessen man sich zum Ausstoßen der Nietlöcher bedient, kann zugleich als Nietmaschine gebraucht werden, wenn man Drücker und Unterlage gegen die beiden Nietstempel vertauscht.

Niethammer, Friedrich Immanuel, Philosoph und Schulmann, geb. 6. März 1766 zu Beilstein in Württemberg, ward 1793 Professor der Philosophie und Theologie zu Jena, 1804 Professor und Konsistorialrat zu Würzburg, 1808 Oberzentralschulrat und 1829 erster evangelische Oberkonsistorialrat zu München. Seit 1845 in den Ruhestand versetzt, starb er 1. April 1848. Seine Schrift "Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus" (Jena 1808) trat der durch das Nützlichkeitsprinzip hervorgerufenen Umgestaltung der Schulen allgemeiner Bildung in bloße Berufsschulen entgegen, deren Durchführung er 1829 in Bayern verhinderte. Von seinen im Kantschen, später im Fichteschen Geist verfaßten Schriften sind zu erwähnen: "Versuch einer Ableitung des moralischen Gesetzes aus den Formen der reinen Vernunft" (Jena 1793); "Über Religion als Wissenschaft" (Neustrelitz 1795); "Versuch einer Begründung eines vernunftmäßigen Offenbarungsglaubens" (Leipz. 1798). Auch begründete er das "Philosophische Journal", das er zuerst allein (Jena 1795-96), dann mit Fichte (Bd. 5-10, das. 1797-1800) herausgab.

Nietmaschine, Vorrichtung zur Herstellung von Nieten oder zur Ausführung von Vernietungen; s. Nieten.

Nietnagel, s. Nieten. N. am Finger, s. Niednagel.

Niet- und nagelfest, s. Pertinenz.

Nieuport (Nieuwpoort, spr. nihwpört), Stadt in der belg. Provinz Westflandern, Arrondissement Furnes, an der Yser und der Bahn Dixmuyden-N., 3,5 km vom Meer entfernt, hat eine schöne Kirche, höhere Knabenschule, geistliches Seminar, Gemäldegalerie, Spitzenfabrikation, Fischfang, einen Hafen, ein Seebad (seit 1876) und (1887) 3162 Einw. -

Hier 2. Juli 1600 Sieg der Niederländer unter Moritz von Oranien über die Spanier unter dem Erzherzog Albrecht von Österreich. 1712 schenkte Philipp V. von Spanien die Stadt N. dem Kurfürsten von Bayern, der sie aber 1713 im Utrechter Frieden an Österreich abtrat. 1745 ward N. von den Franzosen belagert und zur Kapitulation gezwungen; dasselbe geschah infolge der französischen Invasion 1794.

Nieuwerkerke (spr. niüwer- oder niöwer-), Alfred Emilien, Graf von, franz. Bildhauer und Kunstbeamter, geb. 16. April 1811 zu Paris, trieb die Kunst als Liebhaber und modellierte unter anderm eine Reiterstatue Wilhelms des Schweigsamen von Oranien (von Soyer in Erz gegossen, 1845 im Haag aufgestellt) und eine Marmorstatue von Descartes für Tours. 1849 wurde er Generaldirektor der Museen in Paris, 1853 Mitglied der Kunstakademie, 1864 Senator. Die Revolution vom 4. Sept. 1870 vertrieb ihn von seinem Posten.

Nievo (spr. njēwo), Ippolito, ital. Dichter, geb. 30. Nov. 1832 zu Padua, studierte daselbst Philosophie und Geschichte, war dabei ununterbrochen in die nationalen Verschwörungen und Kämpfe verwickelt und begleitete als höherer Offizier die Expedition Garibaldis nach Marsala in Sizilien. Auf der Rückkehr von dort kam er beim Schiffbruch des Dampfers Ercole im März 1861 in der Nähe des Golfs von Neapel ums Leben. Mit dem 29jährigen Freiheitshelden ging seinem Vaterland ein vielversprechendes poetisches Talent verloren. Bei Lebzeiten hatte er Novellen erscheinen lassen, unter denen "Il conte pecorajo", "Angelo di bontà" (deutsch: "Ein Engelherz" in Heyses "Italienischen Novellisten", Leipz. 1877) und "Le avventure del barone di Nicastro" hervorragen. Weit bedeutender aber sind die nachgelassenen "Confessioni di un ottuagenario"