Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pflanzenbleichen; Pflanzenchemie; Pflanzendaune; Pflanzenei; Pflanzeneiweiß

959

Pflanzenbleichen - Pflanzeneiweiß.

1-2 Stunden einen vollen Umlauf ausführt, in andern Fällen aber viel langsamer verläuft, sucht der Sproßgipfel eine Stütze zu erreichen; sobald ihm dies gelungen ist, krümmt sich der Endteil des Sprosses um sie herum und wächst in einer Schraubenlinie an ihr heraus, deren Richtung in der Regel konstant ist; die meisten Pflanzen, wie die Convolvulus-Arten, winden von links unten nach rechts oben, nur wenige wie der Hopfen und das Geißblatt, in entgegengesetzter Richtung. Das Winden der Sprosse steht nach Sachs in Zusammenhang mit geotropischen Wirkungen, die Mechanik des Vorganges ist jedoch noch nicht aufgeklärt. Verschieden von den schlingenden Stengeln verhalten sich die Ranken der Kletterpflanzen, da dieselben in jugendlichem Zustand für Berührungsreize empfindlich sind und sich infolge eines solchen an der berührten Stelle einkrümmen; der junge Rankengipfel führt zuerst ähnliche Kreisbewegungen aus wie das Sproßende einer Schlingpflanze und sucht durch dieselben eine Stütze zu erreichen; sobald dies geschehen, erfolgt an der Berührungsstelle eine Einkrümmung, welche sich durch Fortleitung des Reizes auch auf benachbarte Teile der Ranke fortsetzt und zur Bildung einer Schlinge führt; durch weitere Reizwirkung und fortgesetzte Krümmung des Rankenendes entstehen neue Windungen, während das freie, zwischen der Rankenbasis und ihrem Befestigungspunkt liegende Rankenstück korkzieherartig, jedoch mit mehrfachem Windungswechsel sich einrollt.

Die durch die Schwerkraft herbeigeführten Bewegungsformen der Pflanzen (geotropischen P.) sind zuerst von Knight im J. 1806 erkannt worden, der im Wachstum befindliche Keimpflanzen auf einem Rotationsapparat befestigte und dieselben dadurch der gleichzeitigen Wirkung der Schwerkraft und der Zentrifugalkraft aussetzte; er fand dabei, daß die wachsenden Wurzelenden vom Rotationszentrum hinweg wuchsen, während sich die Stengelspitzen demselben zukehrten. Sachs verbesserte den Apparat von Knight durch seinen sogen. Klinostaten, dessen horizontale Achse durch ein Uhrwerk in langsam rotierende Bewegung versetzt wird; die auf der Achse in beliebiger Stellung befestigten Pflanzen sind durch besondere Einrichtungen dabei in ihrem Weiterwachsen ungehindert. Indem nun dieselbe Seite eines wachsenden Pflanzenteils in gleichen Zeiträumen bald aus-, bald abwärts gekehrt wird, wirkt die Schwerkraft in entgegengesetzter Richtung auf denselben ein und läßt daher weder ein Aufwärts- noch Abwärtskrümmen desselben zu stande kommen. Die Eigenschaft eines Pflanzenteils, sich unter dem Einfluß der Schwerkraft aus horizontaler Lage aufwärts zu krümmen, wird als negativer Geotropismus, die entgegengesetzte Eigenschaft als positiver Geotropismus bezeichnet. An der sich krümmenden Stelle sind die Zellen stets noch wachstumsfähig; krümmt sich z. B. ein horizontal gelegter Keimsproß nach aufwärts, so muß ein Querschnittsstück der sich krümmenden Region seine Oberseite verkürzen, seine Unterseite dagegen verlängern, während bei der positiv geotropischen Krümmung einer Hauptwurzel das Entgegengesetzte stattfindet. Da dieselben Erscheinungen ebenso an vielzelligen Organen höherer Pflanzen wie an einzelnen Schlauchzellen niederer Kryptogamen eintreten, so sind alle auf die Verschiedenheit der Zellgewebe an der sich krümmenden Stelle begründeten Erklärungen des Geotropismus zu verwerfen. Für die Krümmungen der wachsenden Wurzelspitzen glaubte Ch. Darwin durch zahlreiche Versuche erwiesen zu haben, daß der Vegetationspunkt derselben wie das Gehirn des Tiers die verschiedenen Bewegungen der Wurzel beherrsche; die Versuche andrer Forscher, wie besonders von Sachs und Detlefsen, haben aber gezeigt, daß dies keineswegs der Fall ist, indem die jüngsten Teile einer horizontal gelegten jungen Wurzelspitze vielmehr passiv durch die Krümmung der dahinterliegenden Wurzelregion abwärts gerichtet werden.

Noch mannigfaltiger als die geotropischen Krümmungen erscheinen die durch Lichtreize hervorgerufenen Bewegungen (heliotropischen P.). Sie treten ein, sobald ein Pflanzenteil von einer Seite stärker beleuchtet wird als von der entgegengesetzten, und werden als positiv oder negativ unterschieden, je nachdem die Konkavität oder Konvexität der Krümmung der Lichtquelle zugewendet ist; positiv heliotropisch sind z. B. die Stengel vieler Keimpflanzen, negativ dagegen die Hauptwurzeln. Da diese Organe gleichzeitig auch geotropisch reizbar sind, so muß bei Versuchen über Heliotropismus die geotropische Wirkung ausgeschlossen werden, was sich durch Befestigung der Versuchspflanzen auf der Achse eines Klinostaten unter geeigneter Beleuchtung erreichen läßt. Die Versuche von Sachs und Müller-Thurgau haben gezeigt, daß die ältere, zuerst von P. de Candolle vertretene Ansicht, nach welcher die positiv heliotropische Krümmung durch schnelleres Wachstum an der vom Licht abgewendeten Seite des Sprosses veranlaßt würde, nicht haltbar sei, da dann die negativ heliotropischen Organe im Licht rascher wachsen müßten als im Finstern, was sich thatsächlich umgekehrt verhält. Die heliotropische Krümmung wird vielmehr wie auch die Schwärmsporenbewegung (s. oben) nur durch die Richtung des anfallenden Lichts bedingt.

Auch zeigt sich eine Analogie dieser so verschieden erscheinenden Bewegungsformen darin, daß die heliotropischen Krümmungen vorzugsweise durch die stark brechbaren Lichtstrahlen der blauen und violetten Seite des Spektrums angeregt werden. Die Erklärung der heliotropischen Bewegungen muß die durch Licht ebenfalls reizbaren einfachen Zellschläuche der niedern Kryptogamen ebenso umfassen wie die zusammengesetzten Organe der höhern Pflanzen. Es ist kaum ein Zweifel, daß bei allen Reizbewegungen das Protoplasma als das eigentlich reizbare Organ der Pflanze überhaupt anzusprechen ist, welches auf die verschiedenartigen Einwirkungen des Lichts, der Schwerkraft etc. in spezifische Weise reagiert und zu den direkt wahrnehmbaren Vorgängen des ab- und zunehmenden Zellturgors, des einseitig gesteigerten Wachstums und der Krümmung der Pflanzenorgane den ersten Anstoß gibt. Vgl. Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreich (Wien 1878).

Pflanzenbleichen, s. Bleichen der Pflanzen.

Pflanzenchemie, s. Botanik und Chemie.

Pflanzendaune, s. Eriodendron.

Pflanzenei, die befruchtungsfähige, aus Protoplasma und Zellkern bestehende primordiale Zelle, die durch den Akt der Befruchtung sich zu einem neuen Pflanzenindividuum entwickelt. Bei den Blütenpflanzen versteht man unter Ei die innerhalb des Embryosackes (s. d.) aus dem Eikern hervorgegangen Primordialzelle, welche sich nach geschehener Befruchtung mit einer Cellulosehaut umkleidet, und deren weitere Teilungsprodukte schließlich den Embryo der Pflanze herstellen. Früher nannte man wohl auch das ganze Ovulum oder die Samenknospe das P.; letzteres wurde auch als Keimbläschen bezeichnet.

Pflanzeneiweiß (Pflanzenalbumin), im Pflanzenreich sehr verbreiteter eiweißartiger Stoff, findet