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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tasso; Tassoni

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Tasso - Tassoni.

tua, dann nach Bergamo, wo er den "Floridante" seines Vaters und sein bereits in Ferrara begonnenes Trauerspiel "Torrismondo" vollendete, und 1587 nach Rom, wo er zwar sowohl beim Papst als bei den einflußreichsten Personen wohlwollende Aufnahme fand, allein ohne daß irgend etwas Wesentliches zu seinen gunsten geschah. Vergeblich reklamierte er 1588 in Neapel die Mitgift seiner Mutter und sein väterliches Vermögen, welches eingezogen worden war, und wechselte in den nächsten Jahren, nirgends Ruhe findend, mehrmals den Aufenthalt. Trotz dieses herumschweifenden Lebens entstanden in dieser Zeit mehrere seiner Werke. So arbeitete er die "Gerusalemme liberata" in eine "Gerusalemme conquistata" um und schrieb seine "Sette giorni del mondo creato". Inzwischen hatte Ippolito Aldobrandini, sein alter Gönner, unter dem Namen Clemens VIII. den päpstlichen Thron bestiegen, und sein Neffe, der Kardinal Cinzio Aldobrandini, ein Freund von Kunst und Wissenschaft, versammelte die ausgezeichnetsten Männer Italiens um sich. Auch T. wurde von ihm nach Rom berufen und hatte sich hier von seiten des Papstes und seines Verwandten der glänzendsten Aufnahme zu erfreuen. Intrigen vertrieben ihn jedoch bald wieder von da, und erst als der Kardinal Cinzio Aldobrandini, der T. in Rom zu fesseln wünschte, seinem Oheim vorschlug, T. in feierlicher Weise auf dem Kapitol zum Dichter zu krönen, kehrte dieser zurück. Aber bald darauf fiel er in ein hitziges Fieber und starb im Kloster Sant' Onofrio auf dem Janiculus, wohin er sich hatte bringen lassen, 25. April 1595, wie es heißt, am Tag vor dem zu seiner Dichterkrönung festgesetzten. Er ward in der Kirche des genannten Klosters bestattet. Der Kardinal Bevilacqua von Ferrara ließ ihm ein Denkmal setzen; ein andres wurde in neuerer Zeit über seinem Grab errichtet. Auch in Sorrent, Bergamo, Neapel (von Solari) etc. hat man dem Dichter Statuen errichtet.

T. gehört zu den fruchtbarsten italienischen Schriftstellern, und unter seinen poetischen Werken sind fast alle Gattungen der Dichtkunst vertreten. Sein Hauptruhm aber gründet sich auf sein Epos "La Gerusalemme liberata", welches mit Recht zu den Meisterwerken seiner Gattung gerechnet wird, sowohl wegen der edlen, würdevollen Behandlung des Stoffes, der vortrefflichen Charakteristik der Hauptpersonen und der schönen Abrundung des Ganzen als auch wegen der edlen, echt poetischen Diktion und der musikalischen Schönheit der Versifikation. Insbesondere sind die geschickt eingewebten Episoden von großer Schönheit und machen einen Hauptreiz des Gedichts aus. Zu tadeln ist dagegen der von geschraubten Antithesen und zugespitzten Wortspielen nicht immer freie Ausdruck. Seine Umarbeitung des Gedichts in eine "Gerusalemme conquistata", bei welcher T. den Ausstellungen der Crusca Rechnung trug, ist beinahe als eine Verirrung zu betrachten und jetzt mit Recht vergessen. Nächst der "Gerusalemme" ist das Schauspiel "Aminta" Tassos vorzüglichstes Werk. Sein "Torrismondo" (zuerst Berg. 1587) gilt für eins der besten italienischen Trauerspiele aus der ältern Schule; auch seinem "Rinaldo" sowie den religiösen Gedichten: "Le sette giornate", "Le lagrime di Maria", "Il monte Oliveto", "La disperazione di Giuda" fehlt es nicht an schönen Einzelheiten. Seine aus Sonetten und Kanzonen bestehenden lyrischen Gedichte ("Rime") endlich gehören zum Teil zu den schönsten ihrer Art. Von seinen Prosaschriften sind besonders seine von philosophischem Geiste durchwehten "Dialoghi" sowie seine zahlreichen für die Kenntnis der gesamten Zeit wichtigen "Lettere" (hrsg. von Guasti, Flor. 1852-55, 5 Bde.) hervorzuheben. Von seinen einzelnen Werken ist namentlich die "Gerusalemme" in zahllosen Ausgaben verbreitet (erste authentische Ausgaben Parma 1581 u. Mantua 1584; kritische Ausg. von Orelli, Zürich 1838, von Scartazzini, 2. Aufl., Leipz. 1882). Gesamtausgaben von Tassos Werken erschienen zu Florenz 1724, 6 Bände, und Venedig 1722-42, 12 Bände; die neueste und vollständigste ist die von Rosini (Pisa 1820, 30 Bde.). Eine Auswahl ("Opere scelte") in 5 Bänden erschien 1824 in Mailand. Die besten deutschen Übersetzungen der "Gerusalemme liberata" sind die von Gries (13. Aufl., Leipz. 1874, 2 Bde.; Stuttg. 1887) und Streckfuß (mit Biographie, 4. Aufl., Leipz. 1849, 2 Bde.). "Auserlesene lyrische Gedichte" übersetzte K. Förster (2. Aufl., Leipz. 1844). Tassos Biographie schrieb sein Freund Giamb. Manso (Neapel 1619), vollständiger Serassi (Rom 1785; neue Ausg., Flor. 1858). Vgl. Rosini, Saggio sugli amori di Torquato T. e sulle cause della sua prigionia (Pisa 1832); Milman, Life of T. T. (Lond. 1850, 2 Bde.); Cibrario, Degli amori e della prigionia di T. T. (Tur. 1861); G. Voigt, Torquato T. am Hofe von Ferrara (in Sybels "Historischer Zeitschrift", Bd. 20, Münch. 1868); Cardona, Studi novi sopra del T. alienato (in der "Nuova Antologia", Februar 1873); Cecchi, T. T. Il pensiero e le belle lettere italiane nel secolo XVI (Flor. 1877; deutsch, Leipz. 1880); Ferrazzi, T. T. (Bassano 1880); Speyer, Torquato T. (im "Neuen Plutarch", Bd. 10, Leipz. 1884). Unecht sind die von dem Conte M. Alberti herausgegebenen "Manoscritti inediti di Torquato T." (Lucca 1837 f.).

Tassoni, Alessandro, ital. Dichter, geb. 1565 zu Modena, studierte in Bologna und Ferrara die Rechte und ward 1597 zu Rom Sekretär des Kardinals Colonna, den er 1600 nach Spanien begleitete. Vom Kardinal in persönlichen Angelegenheiten desselben nach Rom zurückgesandt, ließ er sich dort ganz nieder, wurde in die Akademien der "Umoristi" und "Lincei" aufgenommen und eins der eifrigsten Mitglieder derselben. Eine erste Frucht seiner Arbeiten waren seine "Considerazioni sopra le rime del Petrarca" (Mod. 1609), wodurch er in eine heftige litterarische Fehde verwickelt ward, sich aber doch das Verdienst erwarb, der übertriebenen Verehrung Petrarcas und dem Ansehen seiner ungeschickten Nachahmer ein Ziel zu setzen. Kaum geringeres Aufsehen erregten seine "Pensieri diversi" (Rom 1612), in welchen er den Homer und Aristoteles angriff. 1612 trat er in die Dienste Karl Emanuels von Savoyen, zog sich aber, als nach langem Warten seine Beförderung durch Intrigen verhindert wurde, ins Privatleben zurück, bis 1626 der Kardinal Lodovisio ihn zu seinem Sekretär und nach des Kardinals Tod Franz I. von Modena ihn (1632) zu seinem Kammerherrn ernannte. T. starb aber schon 1635. Sein Ruhm beruht vorzugsweise auf seinem heroisch-komischen Gedicht "La secchia rapita", in 12 Gesängen (Par. 1622), welches den zwischen den Modenesern und Bolognesern im 13. Jahrh. über einen von den erstern aus Bologna geraubten Eimer entstandenen Krieg zum Gegenstand hat. Es ist dies eigentlich das erste komische Epos der neuern Zeit im strengen Sinn des Wortes und gehört wegen seiner glücklichen Mischung von Ernst und Scherz, der Originalität der Gedanken und Bilder, der Schönheit der echt toscanischen Sprache und der Leichtigkeit der Versifikation