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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Turf; Turfan; Turfol; Turgenjew

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Turf - Turgenjew.

Prinzen Moritz von Oranien, in Holland erzogen, trat 1625 in holländische Kriegsdienste und lernte unter Prinz Friedrich Heinrich die Kriegskunst. 1630 trat T. als Oberst in die französische Armee, machte unter Laforce einen Feldzug nach Lothringen und 1634 als Maréchal de Camp unter Lavalette einen Zug an den Rhein mit, wo er Mainz entsetzte. Zum Generalleutnant ernannt, stieß er 1638 mit einem Hilfskorps zum Herzog Bernhard von Weimar, diente 1639-43 in Piemont unter dem Grafen d'Harcourt, dann unter Prinz Thomas von Savoyen, siegte namentlich 1640 bei Casale und Turin, eroberte Montecalvo und Ivrea und säuberte Piemont vom Feind. Zum Marschall ernannt und mit dem Oberbefehl über die französischen Truppen in Deutschland betraut, reorganisierte er rasch die Truppen im Elsaß, überschritt im Mai 1644 den Rhein, entsetzte mit dem Herzog von Enghien (Condé) Freiburg i. Br., das General Mercy belagerte, und befreite das ganze Rheingebiet von den Kaiserlichen. 1645 wagte er einen Einfall in Württemberg, wurde aber von Mercy 5. Mai bei Mergentheim geschlagen und zum Rückzug hinter den Rhein genötigt. Hier vereinigte er sich wieder mit dem Herzog, und beide erfochten 3. Aug. bei Nördlingen einen Sieg, worauf T. 18. Nov. noch Trier eroberte. Durch seine Leidenschaft für die Herzogin von Longueville bestimmt, mit an die Spitze der Fronde zu treten, vereinigte er nach der Verhaftung der Prinzen (18. Jan. 1650) die Truppen der Fronde mit den spanischen und fiel von Belgien aus in Frankreich ein. Er eroberte Le Catelet, La Capelle und Rethel, ward aber 15. Dez. 1650 vom Marschall Duplessis bei Chamblanc geschlagen und söhnte sich 1651 mit der Königin Anna aus, worauf er seinen ehemaligen Waffengefährten, den großen Condé, 1652 bis an die Grenze von Flandern zurückdrängte. In den folgenden Feldzügen eroberte T. eine Stadt nach der andern und bis zum Pyrenäischen Frieden (1659) auch fast ganz Flandern. Zum Generalmarschall ernannt, erhielt er im Devolutionskrieg 1667 unter des Königs Oberbefehl das Kommando über die Armee, welche in die spanischen Niederlande einrückte. Auf Ludwigs XIV. Wunsch trat er 1668 zum Katholizismus über. In dem Kriege gegen Holland 1672 befehligte er die Armee am Niederrhein gegen die Kaiserlichen und Brandenburger, zwang den Großen Kurfürsten 16. Juni 1673 zum Frieden von Vossem, ward aber dann von Montecuccoli zurückgedrängt. 1674 überschritt er bei Philippsburg den Rhein, schlug 16. Juni den Herzog von Lothringen bei Sinzheim und eroberte die ganze Pfalz, die er auf das entsetzlichste verwüstete. Er besiegte darauf Bournonville bei Enzheim (4. Okt.), räumte im Oktober das Elsaß, trieb aber Anfang 1675 die Verbündeten wieder aus diesem Land, ging über den Rhein und traf im Juli bei Sasbach auf die Kaiserlichen unter Montecuccoli. Ehe es aber zur Schlacht kam, wurde T. beim Rekognoszieren des Terrains 27. Juli 1675 von einer Kanonenkugel getötet. Sein Leichnam ward auf Ludwigs Befehl in der königlichen Gruft zu St.-Denis beigesetzt, bei der Zerstörung der Gräber in der Revolution gerettet und auf Napoleons I. Befehl im Dom der Invaliden, Vaubans Grabmal gegenüber, bestattet. Bei Sasbach ward T. durch den Kardinal Rohan 1781 ein Denkstein errichtet, den 1829 die französische Regierung durch einen Granitobelisken ersetzen ließ. In Sedan wurde ihm eine Statue errichtet. T. war ein methodisch gebildeter und vorsichtiger Feldherr, ein ausgezeichneter Taktiker, daneben überaus sorgsam in der Verpflegung und Verwendung der Truppen. Er hat noch mehr Unglücksfälle verhütet oder wieder gutgemacht, als Schlachten gewonnen. Eine gewinnende Liebenswürdigkeit und Bescheidenheit zeichneten ihn aus. T. hat selbst Memoiren hinterlassen, die von 1643 bis 1658 reichen und unter dem Titel: "Collection des mémoires du maréchal de T." (Par. 1782, 2 Bde.) veröffentlicht wurden. Eine Ergänzung dazu sind die "Mémoires" von Deschamps (Par. 1687, neue Aufl. 1756). Seine Briefe gaben Grimoard (1782, 2 Bde.) und Barthélemy (Par. 1874) heraus. Das Leben Turennes beschrieben unter andern Ramsay (Par. 1733, 4 Bde.), Raguenet (1738, neue Ausg. 1877), Duruy (5. Aufl. 1889) und Hozier (Lond. 1885). Vgl. außerdem Neuber, T. als Kriegstheoretiker und Feldherr (Wien 1869); Roy, T., sa vie et les institutions militaires de son temps (Par. 1884); Choppin, La campagne de T. en Alsace (das. 1875); "Précis des campagnes de T." (Brüssel 1888).

Turf (engl., spr. törf, "Rasen"), die Rennbahn und das darauf Bezügliche (s. Wettrennen).

Turfan, Grenzprovinz Ostturkistans gegen China, grenzt an die Gobiwüste, ist wasserlos und, bei einer Längenausdehnung von 320 km, von nur 126,000 Einw. (Dunganen, dann Chinesen) bevölkert. Die Stadt T. war sonst ein blühender Karawanenplatz (für Thee und Seide) auf dem Weg von China nach dem westlichen Asien, verlor aber zwischen 1860 und 1870 ihren Reichtum wie ihre Kaufleute infolge des Dunganenaufstandes und der Kämpfe des ehemaligen Beherrschers von Kaschgar um ihren Besitz.

Turfol, aus Kohlenwasserstoffen bestehendes Leuchtöl aus Torfteer.

Turgenjew, 1) Alexander Iwanowitsch, russ. Geschichts- und Altertumsforscher, geb. 1784, gest. 17. Dez. 1845 zu Moskau als Geheimer Staatsrat, erwarb sich durch Forschungen für Rußlands Geschichte, Diplomatie, alte Statistik und altes Recht Verdienste. Die Resultate seiner Forschungen wurden von der archäographischen Kommission veröffentlicht unter dem Titel: "Historiae Russiae monumenta" (Petersb. 1841-42, 2 Bde.; Nachtrag 1848).

2) Nikolai Iwanowitsch, russ. Historiker, Bruder des vorigen, geb. 1790, studierte in Göttingen, trat dann in den Staatsdienst seines Vaterlandes und ward 1813 dem Freiherrn vom Stein in der Verwaltung der Frankreich abgenommenen deutschen Provinzen als russischer Kommissar beigegeben. Nach Rußland zurückgekehrt, ward er Wirklicher Staatsrat, trat 1819 in den "Bund des öffentlichen Wohls" und ward dadurch in die Verschwörung von 1825 verwickelt. Eben auf Reisen begriffen, ward er in contumaciam zum Tod verurteilt und lebte seitdem in Paris, wo er im November 1871 starb. Er schrieb: "La Russie et les Russes" (Par. 1847, 3 Bde.; deutsch, Grimma 1847).

3) Iwan Sergejewitsch, berühmter russ. Dichter und Schriftsteller, geb. 28. Okt. (a. St.) 1818 in der Gouvernementsstadt Orel als der Nachkomme einer alten russischen Adelsfamilie, die zur Zeit der Mongolenherrschaft in russische Dienste trat. Seine Eltern waren sehr wohlhabend und ließen dem künftigen Dichter und seinen beiden (vor ihm gestorbenen) Brüdern eine gute häusliche Erziehung angedeihen, wobei ein großer Nachdruck auf die Sprachen, namentlich Französisch und Deutsch, gelegt wurde. 1828 siedelte die Familie nach Moskau über, und der junge Iwan kam in eine Privatlehranstalt. Seine weitere Ausbildung erfolgte unter besonderer Anleitung und