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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vereinigte Staaten von N.-A.

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Vereinigte Staaten von N.-A. (Geschichte 1780-1812).

tes, dessen Unterfeldherr, der deutsche Baron Kalb, hier tödlich verwundet wurde. Ganz Georgia und Südcarolina fielen in die Hände der Engländer, welche nun auch Nordcarolina und Virginia zu erobern suchten. Inzwischen war aber 10. Juli 1780 ein französisches Hilfskorps von 6000 Mann unter Rochambeau auf Rhode-Island gelandet, und Washington war durch 16 Mill. Livres, welche Frankreich teils schenkte, teils lieh, in stand gesetzt worden, sein Heer zu ergänzen und mit Hilfe Steubens, eines ehemals preußischen Offiziers, feldtüchtig zu machen. Die vereinigte amerikanisch-französische Armee rückte hierauf, nachdem sie durch geschickte Demonstrationen Clinton in New York festgehalten und gehindert hatte, Cornwallis zu Hilfe zu kommen, im September 1781 in Eilmärschen nach Virginia, nahm die von Cornwallis bei Yorktown errichteten Verschanzungen und zwang den englischen General mit 7247 Mann, sämtlichen Kriegsvorräten, Geschützen und Waffen zur Kapitulation von Yorktown. England verzweifelte nun an einem Erfolg des Kriegs und zeigte sich zu Friedensverhandlungen geneigt. Nachdem 30. Nov. 1782 bereits ein vorläufiger Vertrag zwischen England und Amerika, die sogen. Provisionalartikel, die Republik der Vereinigten Staaten als unabhängig anerkannt, ihr vorteilhaftere Grenzen nach Norden und Westen und das Recht der Fischerei in den Gewässern von Neufundland zugestanden hatte, kam 19. April 1783 der definitive Friede von Versailles zu stande.

Die Begründung der Union.

Nachdem die Unabhängigkeit errungen worden, galt es nun, sie auch dauernd zu sichern und die einzelnen Staaten, deren bisherige gemeinschaftliche Regierung, der Kongreß, nur eine Vereinigung von Vertretern ohne verbindliche Vollmacht gewesen war, durch eine Unionsverfassung zu einem Gesamtstaat zu vereinigen. Dies war schwierig genug. Denn der Partikularismus und die Selbstsucht der einzelnen Kolonien, welche schon während des Kriegs höchst schädlich gewirkt und den Erfolg des Kampfes ernstlich gefährdet hatten, machten sich bei den Notständen nach dem Krieg noch mehr geltend; es schien unmöglich, die von den einzelnen Staaten eifersüchtig gewahrte Souveränität mit einer förmlich konstituierten Zentralregierung in Einklang zu bringen. Da schlug Alexander Hamilton, Mitglied der Legislatur von New York, vor, daß die Einzelstaaten mit ihren Eigentümlichkeiten und Rechten als souverän weiter bestehen, zugleich aber für alle wirklich gemeinsamen Interessen eine einheitliche Regierung und Gesetzgebung geschaffen werden solle. Ihm schlossen sich Madison und Morris an, und ihre Partei, die Föderalisten, betrieb eifrig die Durchführung der glücklichen Idee, welche von den Partikularisten, den sogen. Antiföderalisten oder Republikanern, freilich heftig bekämpft wurde. Im Mai 1787 trat endlich zu Philadelphia unter Washingtons Vorsitz ein Verfassungsrat zusammen, welcher die noch bestehende Verfassung der Vereinigten Staaten zu stande brachte (s. oben), allerdings unter den größten Kämpfen und Schwierigkeiten; den Südstaaten mußte das Zugeständnis gemacht werden, daß die Sklaverei nicht aufgehoben (allerdings auch nicht anerkannt) und bei der Zuteilung der Vertreter im Repräsentantenhaus drei Fünftel der Zahl der Sklaven der Bevölkerungszahl zugerechnet wurde. Zum ersten Präsidenten wurde Washington gewählt und trat 30. April 1789 sein Amt an, das er, 1792 wieder gewählt, acht Jahre lang bekleidete. Er bemühte sich, die Einheit im Innern zu befestigen, die Parteikämpfe zu beschwichtigen, ordnete die Verwaltung, Rechtspflege und Volksbewaffnung, regelte und fundierte die Staatsschuld, indem er einige Zölle zu diesem Zweck einführte, sicherte ein Staatseinkommen durch eine Erwerbs- und Vermögenssteuer und schuf eine Nationalbank. 1791 ward der Distrikt Columbia in Mailand zum Sitz der neuen Bundeshauptstadt Washington bestimmt und die Anlage der letztern begonnen. Das Gebiet und die Bevölkerung der Union mehrten sich rasch. 1791 wurden Vermont, 1792 Kentucky, bisher ein Teil von Virginia, 1796 Tennessee als Staaten in die Union aufgenommen, die nunmehr als 4 Mill. Einw. zählte. Nach außen hin suchte Washington durch Abschluß von Handelsverträgen freundschaftliche Beziehungen mit allen Staaten anzuknüpfen und hielt sich von den europäischen Händeln völlig fern. Beim Ausbruch des ersten Koalitionskriegs gegen Frankreich erließ er 22. April 1793 eine Neutralitätserklärung. Die französische Regierung nahm dieselbe allerdings sehr übel auf, noch mehr den Abschluß eines Freundschafts- und Handelsvertrags zwischen der Union und England (19. Nov. 1794); sie erklärte denselben für eine Verletzung der Neutralität und brach den diplomatischen Verkehr mit der Union ab, so daß es nahe am Krieg war.

Die französisch gesinnten Antiföderalisten, welche immer größern Anhang im Volk fanden, benutzten diesen Vorfall, um die Zentralregierung und Washington aufs heftigste zu bekämpfen, und dieser lehnte wegen der Parteikämpfe bei der dritten Präsidentenwahl eine Wiederwahl ab. Noch wurde diesmal, 1797, ein Föderalist, John Adams, Präsident, Vizeprädent aber ein Antiföderalist, Thomas Jefferson, und dieser folgte 1801 (bis 1809) als Präsident. Unter ihm wurde 1802 Ohio als 17. Staat in die Union aufgenommen und 1803 Louisiana für 15 Mill. Dollar von Frankreich gekauft, wodurch die Vereinigten Staaten sich die Ausbreitung über das ganze Mississippigebiet sicherten. Da der amerikanische Handel und die Schiffahrt während des Kriegs zwischen Frankreich und England einen großen Aufschwung nahmen, weil der ganze Kolonialverkehr Frankreichs, Hollands und Spaniens den amerikanischen Schiffen zufiel, so befahl die englische Regierung 1805, die amerikanischen Schiffe auf feindliches Gut zu visitieren und wegzunehmen. Dies bewog den Kongreß, durch die Embargoakte vom 22. Dez. 1807 die Sperrung aller Unionshäfen zu befehlen und den Amerikanern alle Schiffahrt nach fremden Ländern zu untersagen, wodurch zwar die Industrie gefördert, der Handel aber empfindlich geschädigt wurde. Die Bundesregierung sah sich daher bald veranlaßt, einzulenken: die Nichtverkehrsakte (Non-intercourse-act) vom 1. März 1809 erlaubte wieder den Verkehr mit fremden Häfen, mit Ausnahme der französischen und englischen, wie sie denn auch den Schiffen dieser Länder die Unionshäfen verschloß. Der neue Präsident, Madison (1809-17), hob schon 1811 die Nichtverkehrsakte für Frankreich auf, während die Spannung mit England wuchs, weil dieses seine Seeherrschaft rücksichtslos ausübte. Die franzosenfreundliche antiföderalistische Partei unter Calhoun und Clay, welche die Mehrheit im Kongreß besaß, trieb nun absichtlich zum Bruch mit England, indem sie nach der Aufnahme Louisianas in die Union als 18. Staat (1812) die Besetzung des spanischen Florida und, als England gegen diese Vergrößerung drohend Einspruch erhob, 18. Juni 1812 die Kriegserklärung an England durchsetzte.