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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Virolafett - Viscaya.

Virolafett, s. Talg, vegetabilischer.

Virovititz (ungar. Veröcze), Komitat in Kroatien-Slawonien, wird von den Komitaten Sümeg, Baranya und Bács-Bodrog (wovon es die Drau und Donau trennt) sowie von Belovár, Pozega und Syrmien begrenzt, umfaßt 4851 qkm (88 QM.) mit (1881) 183,226 Einw., ist gebirgig und sehr fruchtbar. Komitatssitz ist die Stadt Essek. Der Markt V. war einst befestigt, hat ein Schloß, Weinbau u. (1881) 5089 Einw.

Virton (spr. wirtóng), Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Luxemburg, durch Zweigbahn mit der Linie Brüssel-Arlon verbunden, mit Eisen- und Baumwollindustrie, Kommunalcollège, höherer Knabenschule und (1888) 2600 Einw.

Virtualität (lat.), Wirkungsfähigkeit.

Virtuell (vom lat. virtus, Tugend, Tauglichkeit), im physikalischen Sprachgebrauch eine in der Möglichkeit vorhandene Eigenschaft, welche unter gewissen Umständen in die Wirklichkeit zu treten vermag. So sagt man z. B., die gespannte Sehne einer Armbrust besitze »virtuelle Energie« (Arbeitsfähigkeit), weil sie, wenn losgelassen, den Pfeil fortzuschleudern vermag, indem sich dabei die in der ruhenden Sehne gleichsam schlummernde virtuelle Energie in die aktuelle oder thätige Energie (Bewegungsenergie) des dahinfliegenden Pfeils verwandelt. In der Mechanik versteht man unter virtueller Verrückung eines Punktes in einem System von Körpern (z. B. in einer Maschine) eine jede kleine Verrückung dieses Punktes, welche unter den gegebenen Bedingungen des Systems (bei der Konstruktionsweise der Maschine) als möglich gedacht werden kann; unter »virtuellem Moment« das Produkt einer solchen Verrückung mit der in ihrer Richtung wirkenden Kraft. In der Optik bezeichnet man als »virtuellen Bildpunkt« den Punkt, in welchem die von einem Lichtpunkt kommenden und an einem Spiegel zurückgeworfenen oder durch eine Linse gebrochenen divergenten Strahlen sich schneiden würden, wenn man sie sich rückwärts verlängert denkt, und von wo sie daher einem Auge, in welches sie eindringen, auszugehen scheinen, im Gegensatz zu dem reellen Bildpunkt, welcher der wirkliche Schnittpunkt konvergenter Strahlen ist (s. Linse, S. 813). - Die virtuelle Länge einer Straße oder Eisenbahn mit Kurven und Steigungen ergibt sich, wenn man berechnet, einen wie langen geraden und horizontalen Weg man mit Aufbietung der Kraft zurücklegen könnte, die zum Befahren jener Straße oder Eisenbahn erforderlich ist.

Virtuōse, im allgemeinen jeder, der es in seiner Kunst zu einer ungewöhnlichen Fertigkeit gebracht; insbesondere der Tonkünstler, der als Sänger oder auf einem Instrument große Fertigkeit besitzt, so daß er mit Leichtigkeit alle technischen Schwierigkeiten zu überwinden im stande ist. Von der Kunst im eigentlichen Sinn unterscheidet sich die Virtuosität dadurch, daß ihr nicht, wie dieser, die Darstellung ästhetischer Ideen, sondern die Überwindung technischer Schwierigkeiten, also nicht die Kunstmäßigkeit, sondern die Kunstfertigkeit als Hauptsache erscheint.

Virtus (lat., »Mannheit«), Tapferkeit, Tugend; auch Personifikation der Tapferkeit, oft mit Honos (Göttin der Ehre) verbunden; gewöhnlich dargestellt sitzend auf einem Brustharnisch, einen Zweig in der Hand, mit dem Helm auf dem Haupt, in amazonenartigem Kostüm. Scipio Numantinus weihte ihr in Rom einen Tempel.

Virtūti in bello (lat., »für Tapferkeit im Krieg«), Devise des königl. sächs. Militär-St. Heinrichsordens.

Viruēs, Cristoval de, span. Dichter, gewöhnlich »Hauptmann V.« genannt, geb. 1550 zu Valencia, trat früh in Kriegsdienste, focht in der Schlacht bei Lepanto, diente darauf im Mailändischen und in Flandern und starb um 1619 als spanischer Hauptmann. Sein Epos »Historia del Monserrate«, dessen Inhalt die Legende von der Gründung des dortigen Heiligtums bildet, gehört trotz des wenig anziehenden Stoffes immer noch zu den bessern spanischen Heldengedichten (abgedr. in Bd. 17 der »Biblioteca de autores españoles«). Seine fünf Tragödien, welche sich in seinen »Obras trágicas y líricas« (Madr. 1609) befinden, sind in hohem Grad abenteuerlich in der Erfindung und geschmacklos in der Ausführung, haben aber eine gewisse litterarhistorische Bedeutung. Die beste derselben ist »Dido«. Als Lyriker ist V. unbedeutend.

Virulént (lat.), giftig, besonders ansteckend.

Virūnum, Hauptort der röm. Provinz Noricum, dessen ausgedehnte Ruinen auf dem sogen. Zollfeld am linken Ufer der Glan, etwa 9 km nordöstlich von Klagenfurt in Kärnten, viele Inschriften und Skulpturen, zum Teil schon aus republikanischer Zeit bis hinab gegen die zweite Hälfte des 4. Jahrh., geliefert haben. Städtische Verfassung erhielt der historisch unbedeutende Handelsplatz wahrscheinlich unter Tiberius. Die ersten Ausgrabungen unternahm seit 1784 Erzherzogin Marianne: zuletzt wurde 1881-83 systematisch an verschiedenen Stellen gegraben. Am Westrand der Ruinenstätte der aus zehn antiken Steinen erbaute Herzogstuhl, im 8. Jahrh. errichtet, auf welchem die Herzöge von Kärnten einst die Huldigung empfingen. Vgl. Pichler, Virunum (Graz 1888).

Vīrus (lat.), Gift, besonders Ansteckungsstoff.

Vis (lat.), Kraft, Macht, z. B. V. armata, die bewaffnete Macht; V. legis, Gesetzeskraft.

Visa (lat.), s. v. w. Visum.

Visage (franz., spr. wisahsch), Gesicht.

Vis-à-vis (franz., spr. wisawih), gegenüber; V. de rien, s. v. w. ohne alle (Geld-) Mittel.

Viscacha (Lagostomus Brookes), Säugetiergattung aus der Ordnung der Nagetiere und der Familie der Chinchillen (Chinchillidae), gedrungen gebaute, kurzhalsige Tiere mit dickem, rundlichem, an den Seiten aufgetriebenem Kopf, kurzer, stumpfer Schnauze, mittelgroßen, fast nackten Ohren, kurzen, vierzehigen Vorderbeinen, doppelt so langen, dreizehigen Hinterbeinen, deren Nägel länger sind als die der Vorderfüße. Die V. (L. tridactylus Brookes), 50 cm lang, mit 18 cm langem Schwanz, ist oberseits dunkelgrau mit weißer Binde auf der Schnauze und den Wangen, an der Unterseite weiß, der Schwanz schmutzig weiß und braun gefleckt. Sie bewohnt die Pampas von Buenos Ayres bis Patagonien, findet sich in den einsamern Gegenden in ganzen Rudeln und lebt gesellig in gemeinschaftlich gegrabenen, sehr ausgedehnten unterirdischen Bauen, in welchen sie sich am Tag verborgen hält. Abends sucht sie ihre Nahrung, Gräser, Wurzeln, Rinden, plündert auch Felder. Sie ist sehr munter und beweglich, trägt allerlei Dinge zusammen, um damit zu spielen, zeigt sich dabei aber höchst vorsichtig. Das Weibchen soll 2-4 Junge werfen. Man verfolgt die V. ihrer Wühlereien halber, die das Reiten lebensgefährlich machen, weil die Pferde oft die Decke der seichten Gänge durchtreten. Die Indianer benutzen das Fell und essen auch das Fleisch.

Viscaya (Vizcaya, Biscaya), eine der baskischen Provinzen in Spanien, zwischen dem Viscayischen Meerbusen und der westlichen Fortsetzung der Pyre-^[folgende Seite]