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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vulkane

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Vulkane (verschiedene Formen; Exhalationen, Eruptionen).

Wasserrisse sich nach oben verengern, nicht, wie die Hypothese verlangt, erweitern. Fast allgemein erblickt man daher jetzt in dieser Sommabildung die von den Atmosphärilien verschonten Reste alter Krater, in deren Zentrum eine neu erwachte Thätigkeit die kleinern Kegel aufbaute. Bleibt dies wiederholte Erwachen der vulkanischen Thätigkeit aus, dann steht als eine von den Atmosphärilien immer mehr und mehr angenagte Ruine der ursprünglichen Kraterwand der Wall da und umschließt ein kreisrundes Thal, welches oft durch ein tief in den Wall eingerissenes radiales Thal dem Zugang geöffnet ist. Es ist dies die Caldera- (Caldeira-) Form, besonders typisch auf der Insel Palma (s. das Kärtchen, Fig. 1) entwickelt. Geringere Übereinstimmung besteht in den Ansichten über die sogen. Maare, kreisrunde oder elliptische Einsenkungen in verschiedenem Gesteinsmaterial, mit einem ganz niedrigen Wall von Tuff und Bomben umgeben, oft auch ohne diesen, sehr häufig mit Wasser gefüllt. Sie finden sich in der Eifel, in der Auvergne, im Albanergebirge, auf Java etc. und werden von den einen als Explosionskrater, durch den gewaltthätigen Austritt hoch gespannter Gase und Dämpfe entstanden, gedeutet; andern sind sie vielmehr Produkte des Einsinkens. Eine weitere Unterscheidung der V. hat v. Seebach durch die Begriffe der geschichteten (Strato-) V. und der homogenen eingeführt. Erstere sind die (oben im wesentlichen schon geschilderten) V., welche im Aufbau einzelne Lagen oder Schichten des im festen Zustand oder als flüssige Lava ausgestoßenen Materials zeigen, während die homogenen V. Kegel, Kuppen, Dome oder Decken bilden, deren Material von einheitlicher petrographischer Beschaffenheit ist, und welche keine eigentlichen Krater, sondern eine durch Gesteinsmasse erfüllte Eruptionsspalte (Gesteinsgang) besitzen. In genetischer Hinsicht setzt v. Seebach für die Stratovulkane im Gegensatz zu den homogenen die Mitwirkung von Wasserdämpfen voraus. Ist die geschichtete Form bei neuern Vulkanen weitaus vorwaltend, so treten ältere (tertiäre) V. meist als homogene auf, vielleicht ein Hinweis, daß diese letztere Form doch nur als Produkt einer starken Erosion der Stratovulkane zu deuten ist, wobei der äußere, leicht aufgeschüttete Teil der Kraterwandung verloren ging, während das kompaktere Innere den erodierenden Agenzien widerstand.

Auch bei den thätigen Vulkanen lassen sich Perioden von verhältnismäßiger Ruhe zwischen den eigentlichen Eruptionsepochen unterscheiden. Die Größe dieser Intervalle ist sehr verschieden: bald vergehen Jahrhunderte der Ruhe, bis ein neuer Ausbruch die Anwohner des Bergs erschreckt, bald folgen die Eruptionen schnell aufeinander. In der Zeit der relativen Ruhe sind es namentlich Gas- und Dampfexhalationen, welche den Fortgang der vulkanischen Thätigkeit im Grunde des Kraters anzeigen. Unter diesen Exhalationen ist Wasserdampf fast immer der vorwaltendste Stoff, daneben Schwefelwasserstoff, schweflige Säure, Schwefel, Kohlensäure, Salzsäure, Borsäure. Eine Reihe von Körpern (Chloride, Sulfate, Schwefel) sind direkte oder (wie der Eisenglanz) indirekte Produkte der Einwirkung dieser Exhalationen auf die Gesteine des Kraters und seiner Umgebung. An vielen Stellen der Erde beschränkt sich die vulkanische Thätigkeit überhaupt seit Menschengedenken auf solche Exhalationen, die man dann als die letzten Ausklänge des Vulkanismus zu betrachten gewöhnt ist. Walten unter diesen Exhalationen Schwefel und Schwefelverbindungen vor, so nennt man die betreffenden Orte Solfataren; ist Kohlensäure das Hauptgas, Mofetten; mit sonstigen Gasen gemischte Wasserdämpfe geben die Fumarolen. An weitern Materialien liefern die Perioden der Ruhe nur gelegentlich und selten Bomben, durch aufsteigende Blasen losgerissene Fetzen der in der Tiefe des Kraters kochenden Lava, welche an der Luft durch die ihr mitgeteilte Rotation zu rundlichen Massen erstarrt. Von Zeit zu Zeit steigert sich aber die Menge dieser Auswürflinge; Erschütterungen des Kegels und der gesamten Umgebung des Bergs künden eine wirkliche Eruption an, welche im Erguß von Lava (s. d.) kulminiert, die bald dem Gipfel des zentralen Kraters, bald parasitischen Seitenkratern, bald aufreißenden Spalten des Kegels entströmt. Hinsichtlich des Temperaturgrades, der Streng- oder Leichtflüssigkeit, der Schnelligkeit der Fortbewegung, der Raschheit oder Langsamkeit der Erkaltung, der Menge des gelieferten Materials lassen sich für die Lavenströme allgemein gültige Sätze nicht aufstellen. Wo stark geneigtes Terrain vorliegt, über das eine dünnflüssige Lava sich ergießt, ist die Geschwindigkeit des Fortschreitens eine windschnelle, während andre Ströme zur Zurücklegung weniger Meter Stunden brauchen. Ihrer petrographischen Natur nach sind die Laven der verschiedenen V. ebenfalls sehr verschieden, und alle in geologischer Vorzeit unzweifelhaft durch die vulkanische Thätigkeit gelieferten Gesteine (Basalte, Phonolithe, Andesite und Trachyte) haben auch unter den historischen Laven ihre Vertreter. Es verstärkt sich das Bild der Mannigfaltigkeit dadurch, daß von allen diesen Gesteinen auch die glasartigen Erstarrungsformen (so namentlich die des Trachyts: Obsidian und Bimsstein) ebenfalls unter den zu historischen Zeiten von den Vulkanen gelieferten Materialien bekannt sind. Rasch bedeckt sich die Lava mit einer erkalteten Schlacke, oft durch das glühende Innere wiederholt aufgerissen oder durch den Aufbau schlotartiger Warzen unterbrochen, denen Gase und Dämpfe entströmen (Boccen, Fumarolen). Unter der schützenden Decke der die Wärme schlecht leitenden Schlackenumhüllung konserviert der Strom eine hohe Temperatur oft jahrzehntelang. Mitunter liefert eine einzige Eruption, ein einziger Lavastrom, eine außerordentliche Gesteinsmasse. So wird die dem Ätna 29. Aug. 1874 während einer kurzen Eruption entströmte Masse auf 1½ Mill. cbm geschätzt, und auf Island sind einzelne Ströme von 10 Meilen Länge bei 2 Meilen Breite und 40 m durchschnittlicher Mächtigkeit bekannt. Während des Ausbruchs steigert sich auch die Menge des in fester Form vom Vulkan ausgestoßenen Materials: die großen Bomben, die kleinern Lapilli (Rapilli), der noch feinere Sand und die staubartige Asche, die letztern Zertrümmerungsmaterial der erstern. Namentlich die Asche wird bei einzelnen Eruptionen in ungeheuern Mengen geliefert; wurden doch durch solches feinstes Zerstäubungsmaterial vom Vesuv 79 n. Chr. Herculaneum und Pompeji meterhoch überdeckt. Sie ist neben Wasserdämpfen auch ein Hauptbestandteil der schwarzen, in der Nacht vom Widerschein der im Innern des Kraters glühenden Lava feurigen Säule, die sich über dem Krater bis zu Hunderten von Metern erhebt und in ihren höchsten Teilen sich verbreitert in einer Form, welche oft und treffend mit der der Pinie verglichen worden ist. Winde entführen die Asche oft auf weite Entfernungen; so wurde im Frühjahr 1875 Asche, welche die isländischen V. geliefert hatten, von nordwestlichen Luftströmungen