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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zwangsvollstreckung

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Zwangsvollstreckung (im Zivilprozeß).

kutions-, Subhastationsordnungen und in den Instruktionen der Vollstreckungsbeamten einerseits sowie in den Strafprozeßordnungen und in den Verordnungen und Instruktionen über das Gefängniswesen (s. d.) anderseits genau geregelt worden. Die Verwaltungsexekution aber ist in den neuern Verwaltungsgesetzen geordnet. Sie kommt namentlich auf dem Gebiet des Militärwesens, der Finanzverwaltung und der Polizei zur Anwendung. Man bezeichnet die mit der Z. betrauten Organe der Behörden als Vollstreckungsbeamte, das Verfahren zum Zweck der Z. als Vollstreckungsverfahren und das Stadium der Z., in welchem sich eine Angelegenheitbe findet, als Exekutionsinstanz. Doch wird letztgedachter Ausdruck auch zur Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde gebraucht.

[Zwangsvollstreckung im Zivilprozeß.]

Die deutsche Zivilprozeßordnung behandelt die Z. in ihrem achten Buch (§ 644 ff.). Jede Z. in bürgerlichen Rechtssachen zur Geltendmachung und Verwirklichung von privatrechtlichen Ansprüchen setzt hiernach einen Vollstreckungstitel voraus, welch letzterer in urkundliche Form gebracht sein muß. Die Z. findet in erster Linie auf Grund rechtskräftiger Endurteile statt. Es können aber auch noch nicht rechtskräftige Urteile für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, z. B. Urteile, die im Urkunden- oder Wechselprozeß erlassen werden. Die Z. erfolgt auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (»Vorstehende Ausfertigung wird dem N. N. zum Zweck der Z. erteilt«). Diese Vollstreckungsklausel ist der Ausfertigung des Urteils am Schluß beizufügen, von dem Gerichtsschreiber zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Außer auf Grund rechtskräftiger oder für vorläufig vollstreckbar erklärter Urteile findet die Z. auch aus gerichtlichen Vergleichen, ferner aus Vollstreckungsbefehlen, welche auf Grund eines Zahlungsbefehls erlassen werden (s. Mahnverfahren), sowie aus Urkunden statt, welche von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, insofern die betreffende Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Quantität andrer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, und insofern sich der Schuldner in der Urkunde der sofortigen Z. unterwarf. Was die einzelnen Arten der Z. anbetrifft, so richtet sich die Z. in unbewegliches Vermögen (Grundstücke) nach der Landesgesetzgebung, während die Z. im übrigen reichsgesetzlich in einheitlicher Weise normiert ist. Die Pfändung (s. d.) einer beweglichen, körperlichen Sache zum Zweck der Realisierung einer Geldforderung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher, während die gerichtlichen Handlungen, welche die Z. in Forderungen und andre Vermögensrechte zum Gegenstand haben, Sache des Vollstreckungsgerichts sind. Vollstreckungsgericht ist der Regel nach das Amtsgericht, bei welchem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Für die Z. in ein Grundstück ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk jenes Grundstück gelegen ist. Hat der Schuldner nicht eine bestimmte Geldsumme zu leisten, welche durch Pfändung der Fahrnis oder durch Z. in das unbewegliche Vermögen oder Pfändung (Beschlagnahme) von Außenständen des Schuldners beizutreiben ist, sondern hat derselbe eine bestimmte bewegliche Sache oder eine Mehrheit von beweglichen Sachen dem Gläubiger herauszugeben, so werden diese Sachen dem Schuldner, wenn er es zur Z. kommen läßt, durch den Gerichtsvollzieher einfach weggenommen. Handelt es sich dagegen um die Herausgabe einer unbeweglichen Sache, z. B. um die Räumung eines Wohnhauses, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen (zu exmittieren) und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen (zu immittieren). Soll der Schuldner eine Handlung vornehmen, und ist dieselbe derartig, daß ihre Vornahme auch durch einen Dritten bewirkt werden kann, so ist der Gläubiger von dem Prozeßgericht erster Instanz zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen. Kann dagegen die Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist der Schuldner durch Geldstrafen bis zum Gesamtbetrag von 1500 Mk. oder durch Haftstrafen zur Vornahme jener Handlung anzuhalten. Handelt es sich jedoch um die Eingehung einer Ehe, so kommt die letztgedachte Bestimmung nicht zur Anwendung. In dem Fall einer Verurteilung zur Herstellung des ehelichen Lebens aber ist jener Zwang nur insoweit anwendbar, als die Landesgesetze die Erzwingung der Herstellung eines ehelichen Lebens überhaupt für zulässig erklären. Nach dem Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs soll diese Bestimmung (§ 774 der Zivilprozeßordnung) durch die Vorschrift ersetzt werden, daß, ebenso wie im Fall der Verurteilung, zur Eingehung einer Ehe, so auch im Fall der Verurteilung zur Herstellung des ehelichen Lebens, der gerichtliche Zwang durch Geld- und Haftstrafen nicht zur Anwendung kommt. Handelt es sich ferner um die gerichtliche Z. eines Urteils, welches dem Verurteilten die Unterlassung einer Handlung auferlegt, ihm z. B. das Beziehen eines Grundstücks verbietet, so ist der Schuldner von dem erstinstanzlichen Prozeßgericht wegen etwaniger Zuwiderhandlungen gegen jenes Verbot zu einer Geldstrafe bis zu 1500 Mk. oder zu Haft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das Maß der Gesamtstrafe soll jedoch zwei Jahre Haft nicht übersteigen. Auch kann der Gläubiger in solchen Fällen die Feststellung seines rechtlichen Interesses durch Richtspruch im Weg der gerichtlichen Klage verlangen. Ist endlich der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt diese Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist. Unzulässig als Beitreibungsmittel für Geldforderungen ist der Personalarrest oder die Schuldhaft (s. Haft, S. 1003). Auch die Beschlagnahme des Arbeitslohns als Exekutionsmittel ist in der Regel nicht gestattet (s. Pfändung). Bei der Verweigerung des Manifestations- oder Offenbarungseides (s. d.) seitens des insolventen Schuldners kann jedoch Haft bis zu sechs Monaten eintreten. Reicht bei einer Z. der Erlös aus den Exekutionsgegenständen zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger nicht aus, so tritt ein gerichtliches Verteilungsverfahren ein. Auch die Z. in unbewegliches Vermögen durch zwangsweisen Verkauf (Subhastation) des »verholfenen« Grundstücks soll für das Deutsche Reich in einheitlicher Weise geordnet werden. Zunächst steht aber noch die Verschiedenartigkeit des Grund- und Hypothekenbuchwesens hindernd im Weg. Eine gemeinsame deutsche Grundbuchsordnung ist indessen bereits in der Vorbereitung begriffen. Das Verfahren bei der Z. in Immobilien ist im wesentlichen folgendes: Der Gläubiger (Implorant) wird in das als Hilfsobjekt angegebene Grundstück eingewiesen (Immission) und seine Forderung in das Grund- und Hypothekenbuch eingetragen. Nach vorgängiger Taxation des Hilfsgegenstandes wird dann zu dessen öffentlicher Versteige-^[folgende Seite]