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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Klima Deutschlands

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Klima Deutschlands (Bewölkung, Niederschläge).

Jan. April Juli Okt. Jahr

Östliche Ostseeprovinzen (4 Stationen) 2,1 1,6 1,5 1,4 1,67

Westliche Ostseeküste (6 Stationen) 1,4 1,5 1,4 1,4 1,47

Nördliche Küste (5 Stationen) 1,4 1,4 1,5 1,3 1,40

Östliches Binnenland 2,2 1,9 1,7 1,7 1,89

Mitteldeutschland (6 Stationen) 1,9 1,7 1,8 1,7 1,77

Westliches Binnenland (6 Stationen) 1,8 1,8 1,9 1,6 1,76

Riesengebirge (3 Stationen) 2,6 2,2 2,8 2,1 2,35

Stuttgart 2,1 1,8 1,8 1,6 1,8

München 2,8 1,9 2,2 1,6 2,1

Die größte Veränderlichkeit fällt auf die Gebirgsgegenden (Riesengebirge, München); nach den Küsten der Nord- und Ostsee nimmt die Veränderlichkeit ab, am geringsten ist sie auf den Nordseeinseln. Also nimmt in Deutschland die Veränderlichkeit zu mit der Entfernung vom Meere und der Erhebung über der Erdoberfläche. Das Maximum der Veränderlichkeit fällt in den Winter, das Minimum in die wärmere Jahreszeit.

2) Bewölkungsverhältnisse. Die mittlere jährliche Bewölkung haben wir auf unsrer Karte nach Elfert übersichtlich dargestellt. Hiernach ist die Bewölkung in den Alpengegenden am geringsten, in der deutschen Tiefebene am beträchtlichsten. Wenn auch die Verteilung der Bewölkungsgröße eine sehr unregelmäßige ist, so kann man doch im allgemeinen behaupten, daß die mittlere Bewölkung mit der Entfernung von der Nord- und Ostsee nach S. und O. hin abnimmt, daß dieselbe in den dem Südwestwind zugewandten Gebirgen mit der Höhe zunimmt, und daß im Windschatten der Gebirge die Bewölkung verhältnismäßig gering ist. Die Verteilung der Bewölkungsgröße haben wir durch das folgende Diagramm dargestellt, in welchem die beigeschriebenen Zahlen die mittlere Bewölkung in Prozenten bedeuten (Fig. 3 und 4). An allen Stationen ist die Bewölkung in der kältern Jahreszeit am größten, in der wärmern am geringsten. Das Minimum tritt an den nordwestlichen Stationen im Frühjahr, an den östlichen und südlichen im Sommer ein. Bei den beiden hier als Beispiel gewählten Höhenstationen fällt das Maximum auf den Oktober, das Minimum in den Januar. Die tägliche Periode der Bewölkung ist an den beiden Stationen Wien und Krefeld illustriert, woraus ersichtlich ist, daß die Bewölkung im allgemeinen im Laufe des Tages gegen Abend hin abnimmt und zu dieser Tageszeit ein Minimum erreicht, und ferner, daß im Sommer an den Vormittagsstunden die Bewölkung zunimmt.

^[Abb.: Fig. 3. Jährliche Periode der Bewölkung. 0 = wolkenlos, 100 = ganz bedeckt.]

^[Abb.: Fig. 4. Tägliche Periode der Bewölkung für Krefeld. Tägliche Periode der Bewölkung für Wien.]

3) Niederschlagsverhältnisse. Nach unsrer Karte, in welcher (mit Benutzung des Töpferschen Materials) die Verteilung der Niederschlagsmengen über Deutschland dargestellt ist, allerdings nur in angenäherter Weise, ist das nördliche deutsche Tiefland, die westlichen, unter dem Einfluß der Nordsee stehenden Gebietsteile ausgenommen, am regenärmsten; nach S. hin nimmt die Regenmenge zu, im allgemeinen mit der Erhebung über dem Erdboden. Von großem Einfluß auf die Regenmenge sind die Gebirge. Da in Deutschland die südlichen bis nordwestlichen Winde die Regenbringer sind, so werden die südlichen bis westlichen Seiten der Gebirge die regenreichern sein, dagegen die nördlichen bis östlichen die regenärmern. Dieses zeigen die folgenden Zahlen für den Harz und Umgebung, wobei sich die Stationen von S. nach N. anreihen:

Göttingen Heiligenstadt Ballenstedt Klausthal Brockengipfel Wernigerode Salzwedel

Seehöhe 130 m 221 m 255 m 565 m 1143 m 246 m 40 m

Regenmenge 55 cm 60 cm 95 cm 143 cm 170 cm 72 cm 58 cm

Ist dagegen ein Gebirgszug nach NO. gerichtet, so sind die Regenmengen auf beiden Seiten des Gebirges nahezu gleich, wie folgende Angaben für das Erzgebirge zeigen: in einer mittlern Seehöhe von 293 m fallen an der böhmischen Seite des Erzgebirges jährlich durchschnittlich 53 cm Regen, an der sächsischen Seite in einer Seehöhe von 268 m im Jahresmittel 54 cm Niederschlag. Auch andre, selbst kleinere Gebirge, wie z. B. der Schwarzwald, der Teutoburger und Thüringer Wald, zeigen eine größere Niederschlagsmenge an der Westseite als an der Ostseite.

Der Grund der Zunahme der Niederschläge mit der Höhe in Gebirgen liegt darin, daß die bewegte Luft bei Annäherung an ein Gebirge gezwungen wird, eine aufsteigende Bewegung anzunehmen, wobei sie sich ausdehnt, sich infolgedessen abkühlt und immer mehr die Fähigkeit verliert, den Wasserdampf in luftförmigem Zustand bei sich zu behalten. Ein aufsteigender Luftstrom nähert sich, wenn er nicht ganz mit Wasserdampf gesättigt ist, zuerst dem Sättigungspunkt und dann verliert er immer mehr seine Feuchtigkeit, um so rascher, je schneller das Aufsteigen erfolgt. Hierbei muß aber der Wasserdampfgehalt der Luft bei größerer Höhe auf ein so geringes Maß herabsinken, daß die Niederschlagsmengen trotz der größern Regenhäufigkeit nach Überschreitung einer gewissen Höhe mit wachsender Erhebung nicht mehr zunehmen, sondern geringer werden. Diese Grenze liegt im Winter tiefer als im Sommer und dürfte in unsern Alpen 2000 m nicht überschreiten.

Das folgende Diagramm (Fig. 5) veranschaulicht die Regenverteilung für einige Orte Deutschlands. Deutschland hat drei Regengebiete: 1) Gebiet mit vorwaltendem Herbstregen (vgl. Sylt). Diesem Gebiet gehören hauptsächlich die Orte an, welche an der Nordseeküste liegen; es bildet den Übergang zu dem