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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kunstunterricht u. Kunstpflege

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Kunstunterricht u. Kunstpflege (Belgien, Niederlande, Schweiz).

für Ankäufe von Kunstwerken von seiten der Regierung. Die königliche Akademie in London ist nur eine Körperschaft von Künstlern, deren Hauptwirksamkeit in der Veranstaltung von jährlichen Ausstellungen besteht. Dasselbe Ziel verfolgen einige Gesellschaften von Künstlern und Kunstfreunden, wie die Society of painters in watercolours, das Institute of painters in watercolours, die Art-Union of London, die Grosvenor, Hanover, Dudley und French gallery. Die Zahl der über England verbreiteten Kunst- und Zeichenschulen beläuft sich auf etwa 150, deren Kosten zum Teil aus eignen Einkünften durch Schulgelder bestritten werden.

Das belgische Kunstbudget beträgt ungefähr 1,200,000 Fr. Davon entfallen auf die Förderung der modernen Kunst und der lebenden Künstler durch Ankäufe, Bestellungen, Aussetzung von Preisen, Zuschüsse an Kommunen, Kirchen und öffentliche Gebäude zur Beschaffung von Wandgemälden, Kunstwerken und künstlerischen Ausstattungsgegenständen 350,000 Fr., auf die Kunstakademie von Antwerpen, die zum andern Teil von der Stadt unterhalten wird, 80,000 Fr., auf die übrigen Kunst- und Zeichenschulen des Landes 270,000 Fr., auf die königlichen Museen in Brüssel einschließlich des Musée Wiertz 120,000 Fr., von denen 80,000 Fr. zu neuen Erwerbungen bestimmt sind, auf das Waffen- und Altertumsmuseum in Brüssel 50,000 Fr., auf den Fonds zur Errichtung öffentlicher Denkmäler und zur Prägung von Medaillen auf denkwürdige Ereignisse 75,000 Fr., auf die Wiederherstellung und Erhaltung der alten Kunstdenkmäler des Landes 160,000 Fr., aus welchem Fonds auch alle Gemeinden unterstützt werden, deren Mittel zur Erhaltung ihrer eignen Denkmäler unzureichend sind. Neben dieser staatlichen Fürsorge spielt die Kunstpflege durch die Kommunen und privaten Vereinigungen eine hervorragende Rolle. Wie in Frankreich, ist die Zahl der städtischen Museen und der zur Förderung der Kunst gegründeten Gesellschaften eine im Verhältnis zum Umfang des Landes sehr große. Die Antwerpener Gemäldegalerie, welche von der Stadt unterhalten wird, übertrifft die der Hauptstadt. Eine einzig in der Welt dastehende Spezialität Antwerpens ist das alte Druckerhaus der Familie Plantin-Moretus, welches in ein Museum der Typographie und der graphischen Künste umgewandelt ist. Das Museum de Steen enthält kunstgewerbliche Altertümer. Die übrigen hervorragenden Kunstsammlungen des Landes sind: das Museum der Akademie in Brügge, das Museum der Akademie in Gent, das archäologische Museum und die städtische Gemäldesammlung in Lüttich. Höhere Kunstschulen (Akademien) existieren ebenfalls in drei Städten (Brüssel, Brügge und Gent), doch haben sie neben der Antwerpener Kunstakademie nur eine geringe Bedeutung.

Das niederländische Budget für Kunst- und wissenschaftliche Zwecke schwankte in den letzten Jahren (bis 1884) zwischen 650,000 und 690,000 Gulden. Davon gingen etwa 100,000 Guld. für wissenschaftliche und musikalische Zwecke und jährlich 300,000 Guld. für den Bau des 1884 vollendeten Reichsmuseums in Amsterdam ab, so daß das Budget für die bildenden Künste etwa auf 250,000 Guld. (500,000 Mk.) zu stehen kommt. Dabei ist zu bemerken, daß auch in den großen Gemeinwesen Hollands Privatpersonen eine Ehre darin suchen, die einheimischen Kunstsammlungen durch Schenkungen zu bereichern. Andre dagegen vermögen nicht den Lockungen der reichen Pariser Kunstliebhaber zu widerstehen, so daß in den letzten Jahren eine große Anzahl von nationalen Kunstwerken außer Landes gegangen ist, weil einerseits die Mittel des Staates nicht ausreichten, anderseits die Opferwilligkeit der reichen Handelsherren nicht groß genug war, um den Verkauf von Gemälden nach Paris, England und Amerika zu verhindern. Die staatlichen Mittel für Kunstpflege und Kunstunterricht verteilen sich folgendermaßen: für die Erhaltung und Restaurierung der alten Kunstdenkmäler im Staatsbesitz und zur Unterstützung von Gemeinden, welche keine Mittel dazu besitzen, ca. 90,000 Guld., für die Gemäldegalerie (Mauritshuys) im Haag 10,000 Guld., für das Reichsmuseum in Amsterdam, das unter andern auch die Galerie moderner Gemälde in Haarlem und das niederländische Geschichts- und Kunstmuseum im Haag aufgenommen hat, ca. 50,000 Guld., für das Kupferstichkabinett in Leiden 1700 Guld., für das Münzkabinett im Haag 8000 Guld., für das Altertumsmuseum in Leiden 13,000 Guld., zum Ankauf von Kunstgegenständen und Büchern und zur Unterstützung von Kunst- und wissenschaftlichen Unternehmungen 50,000 Guld., für die Reichsakademie für bildende Künste in Amsterdam 34,000 Guld., für die Zeichenschulen 20,000 Guld., für die Normalschule für Zeichenlehrer 12,000 Guld. und die Kunstgewerbeschule 12,000 Guld., beide in Amsterdam, welch letztere erst seit 1881 bestehen. Die Regierung sucht zwar diese äußerst mäßigen Summen durch die Forderung außerordentlicher Kredite zu vergrößern, aber sie findet nicht immer bei den Deputiertenkammern ein verständnisvolles Entgegenkommen. Die Notwendigkeit, Kunst- und Zeichenschulen zu errichten, hat sich neuerdings sehr entschieden geltend gemacht; aber die Regierung ist bei der Beschränktheit ihrer Mittel nicht im stande, allen an sie gerichteten Anforderungen zu genügen. Außer den oben erwähnten Kunstsammlungen und Unterrichtsanstalten sind in Holland noch folgende zu erwähnen: das Museum van der Hoop (jetzt im Reichsmuseum) und das Museum Fodor in Amsterdam, das städtische Museum im Haag, das städtische, das bischöfliche und das Teylersche Museum in Haarlem, das Gemeindemuseum, das Museum der provinzialen Genossenschaft für Kunst und Wissenschaft in Nordbrabant zu Herzogenbusch, das städtische Museum in Leiden, das städtische Museum Boymans in Rotterdam, das erzbischöfliche Museum, das Museum Kunstliefde und das Altertumsmuseum in Utrecht, die Akademien für bildende Künste im Haag und in Rotterdam und die Kunstgewerbeschule in Haarlem.

Die Schweiz besitzt kein einheitliches Kunstbudget. Die Unterhaltung der Museen und Kunstschulen ist teils Sache der Kantone, teils Aufgabe privater Gesellschaften und nur zum kleinsten Teile Sache der Bundesregierung. Die letztere bewilligt unter anderm dem Schweizerischen Kunstverein eine jährliche Unterstützung von 6000 Fr., unterhält die Kunstgewerbeschule in Genf und hat seit 1885 jährlich 150,000 Fr. ausgesetzt, die so verteilt werden, daß jede kunstgewerbliche Anstalt die Hälfte ihres Budgets als Bundesbeitrag erhält. Das Polytechnikum in Zürich und die Kunstschulen in Bern und Genf besorgen den höhern Kunstunterricht des Landes. Daneben existieren Zeichen- und kunstgewerbliche Fachschulen in Genf (außer der vom Staate unterhaltenen), Zürich, Zug, Winterthur, Luzern, Neuchâtel, Basel, St. Gallen (Spitzenschule), Herisau (Spitzenschule), Brienz (Holzschnitzschule), Interlaken (Holzschnitzschule). Größere Kunstsammlungen besitzen: Basel (Museum, Antikenkabinett, Sammlung mittelalter-^[folgende Seite]