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Bunge - Bungener
23 Proz. und der Weinbau einen solchen von 30 Proz. lieferte. Von der Ausfuhr gehen etwa 40 Proz. nach der Türkei, demnächst kommen Frankreich, Großbritannien und Österreich-Ungarn in Betracht. Der größte Teil der Ausfuhr (1889 für über 53 Mill. Mk.) besteht aus Getreide und Lebensmitteln, dann folgen Vieh, Textilwaren, Drogen und Chemikalien, Häute und Felle etc. In der Einfuhr steht Österreich-Ungarn dank der 1888 hergestellten Eisenbahnverbindung obenan, dann folgen Großbritannien, die Türkei, Rußland, Deutsches Reich, Frankreich etc.; die wichtigsten Gegenstände der Einfuhr sind Baumwoll- und Wollwaren, Tuche etc., Lebensmittel und Kolonialwaren, Drogen und Chemikalien, Metalle, Häute und Leder etc. Die Einfuhr des Deutschen Reiches bestand aus Eisen-, Woll- und Baumwollwaren.
B. hat seit Ende 1889 mit dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn, Großbritannien, Frankreich, Belgien und der Schweiz Handelsabkommen getroffen, wonach die Waren bei der Einfuhr in das andre Land einem Zoll von 8 Proz. vom Werte unterliegen. Nachdem die Pforte den Anschluß einer Bahn Sofia - Küstendil - Kumanowo genehmigte, hat die bulgarische Regierung im Herbst 1891 den Bau der ersten 40 km von Sofia bis Pernik einer französischen Baugesellschaft übergeben. Diese Linie bezweckt die Verbindung der beiden Bahnen Nisch-Konstantinopel und Nisch-Saloniki. Projektiert ist namentlich die große Längsbahn Sofia-Trnowo-Schumen, zu welcher schon unter den Türken die Pläne entworfen wurden. Am 24. Jan. 1892 wurde die 160 km lange Telephonlinie Sofia-Philippopel, die erste in B., eröffnet.
Die administrative Einteilung Bulgariens hat seit dem Bestehen des Fürstentums dreimal gewechselt, indem die Zahl der Kreise (Okrug) von 31 auf 21 und dann auf 14 herabgesetzt (diesen Zustand gibt der Artikel B. in Bd. 3 wieder), zuletzt aber wieder auf 17 erhöht wurde. Dazu kommen die 6 Kreise des ehemaligen Ostrumelien. Augenblicklich gilt folgende Einteilung:
Kreise QK. Einw. 1888 Bezirke
Sofia 5587 182247 5
Trn 2183 76051 3
Küstendil 5319 162939 4
Widin 3122 115699 3
Lom 3550 114223 3
Rachowo 2908 86781 2
Wratza 2610 87462 2
Plewen 2694 92040 2
Lowetsch 4191 119010 3
Sewlijewo 1898 93948 2
Swischtow 2729 90876 2
Trnowo 4879 205344 6
Rustschuk (Rusé) 3906 154434 4
Rasgrad 2860 122370 3
Silistria 2783 107637 3
Schumen 4896 175709 5
Warna 8378 206664 5
Philippopel (Plowdiw) 6954 226013 6
Tatar-Bazardschik 5757 136698 4
Chaskowo 3517 123168 3
Stara Zagora 6445 203396 5
Sliwen 6232 161303 5
Burgas 5878 110363 4
[Geschichte.] Die Ruhe, deren sich B. trotz des drohenden russischen Zornes erfreute, dank der Zurückhaltung des Fürsten Ferdinand und der klugen Mäßigung der Minister, wurde 27. März 1891 plötzlich durch einen Mord gestört: der Ministerpräsident Stambulow und der Finanzminister Beltschew wurden, als sie am Abend in Sofia aus einem Café durch den Stadtgarten sich nach Hause begeben wollten, von vier Männern überfallen und Beltschew durch zwei Revolverschüsse getötet. Das Attentat, ohne Zweifel von den verbannten Verschwörern angestiftet, galt nicht dem politisch harmlosen Finanzminister, sondern dem jenen Verschwörern und Rußland besonders verhaßten Stambulow und verfehlte also sein eigentliches Ziel. Die Mörder entkamen durch Serbien. Russische und französische Blätter hatten für den 6. April 1891 diplomatische Schwierigkeiten für B. angekündigt, da an diesem Tage die fünfjährige Frist ablief, für welche die Pforte 6. April 1886 den Fürsten Alexander, in dessen Rechte Fürst Ferdinand durch stillschweigende Übereinkunft eingetreten war, zum Generalgouverneur von Ostrumelien ernannt hatte. Indes es erfolgte nichts. Der Tag des Regierungsantritts des Fürsten Ferdinand, 15. Aug., wurde auch 1891 im ganzen Lande festlich begangen. Der Fürst stiftete bei diesem Anlaß einen bulgarischen Orden für Zivilverdienste, dessen Großkreuz er Stambulow verlieh, und äußerte bei einem Prunkessen in Rustschuk, er habe während seiner zweimonatlichen Reise nach Österreich die Überzeugung bei amtlichen Persönlichkeiten und in maßgebenden Kreisen gewonnen, daß die Anschauungen über B. sich wesentlich zu dessen gunsten geändert hätten, und daß man seine Entwickelung mit Vertrauen betrachte; diese Erfolge seien nicht nur eine Frucht der Klugheit, mit welcher B. seine Angelegenheiten führe, sondern auch des Umstandes, daß sich seine Politik von allen abenteuerlichen Versuchen fernhalte. In der That leistete die bulgarische Regierung allem Drängen auf Proklamation der Souveränität Bulgariens erfolgreichen Widerstand. Ebenso wußte sie in einem Streite mit Frankreich ihr Recht und ihre Würde geschickt zu wahren. Sie hatte einen französischen Zeitungskorrespondenten, Chadourne, der durch Bericht erfundener Thatsachen B. in der englischen und französischen Presse zu verdächtigen suchte, nach wiederholter Verwarnung endlich im November 1891 ausgewiesen und über die Grenze bringen lassen, nachdem sie den französischen Konsul Lanel mündlich, allerdings nicht schriftlich, davon verständigt hatte. Die französische Regierung forderte anfangs Zurücknahme der Ausweisung und Wiederzulassung Chadournes, brach, als diese abgelehnt wurde, die Beziehungen zu B. ab und wandte sich an die Pforte. B. berief sich indes auf das von allen Mächten anerkannte Recht der Ausweisung von Ausländern, die von Rußland einmal sogar gefordert worden war, und gab nur zu, daß es den Ausweisungsbefehl gegen Chadourne dem französischen Konsul schriftlich hätte mitteilen sollen, was künftig geschehen werde. Die Pforte trat dieser Auffassung bei, und die französische Regierung gab um so lieber nach, als Rußland, dem zuliebe sie so schroff gegen B. vorgegangen war, dieses Vorgehen gar nicht billigte. Die Sobranje bewilligte im Dezember dem frühern Fürsten Alexander, Grafen Hartenau, einen Jahresgehalt von 50,000 Fr., worauf sie Ende Dezember 1891 geschlossen wurde. Vgl. Jirecek (ehemaliger Unterrichtsminister), Das Fürstentum B. (Wien und Leipz. 1891).
Bunge, Alexander, Reisender, geb. 28. Okt. 1851 zu Dorpat, Sohn des durch seine Reisen im Kaukasus, im asiatischen Rußland und in China bekannten Botanikers Alexander v. B., studierte in Dorpat von 1870 bis 1878 Medizin, nahm 1882-84 an der von der kais. russischen Geographischen Gesellschaft ausgerüsteten Lena-Expedition teil und leitete von 1885 bis 1886 mit Baron v. Toll eine Expedition in das Janagebiet und nach den neusibirischen Inseln. Die Ergebnisse seiner Forschungen veröffentlichte er in den Schriften der kais. Akademie. Gegenwärtig lebt er als Marinearzt auf der Kriegsflotte in den ostasiatischen Gewässern.
Bungener, Felix, reformierter theologischer Schriftsteller, starb Ende Juni 1874 in Genf. Vgl.