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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Grätz - Grenzbegriff
natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen be- ^ trieben werden. Thatsächlich hat sich denn auch bei der G. in den verschiedenen Ländern eine bemertens-werte Arbeilsteilung herausgebildet. Die Vereinig-ten Staaten von Nordamerika liefern vorzügliche Qualitäten vonTimothygras (Phleum pratenseL.), breitblätterigem Wiesenrispengras (Blaugras, Blue-grass, Poa pratensis L.) und Fioringras (Red-Top, Agrostls albavar. gigantea); dieselben werden als Abfall bei dem Abladen des zur Samengewinnung absichtlich überftändig gelassenen Heues gesammell. Schottland versteht den Grassamenmarkt vorzugs-weise mit dem mühelos zu kultivierenden und ergie-bigen englischen Raiaras (Lolium perenne L.) und dem italienischen Raiaras (Lolium ltalicumA. B.). Südwestsrankreich (Dauphiné) liefert vornehmlich französisches Raigras (Arrhenatherum elatlusM. et K., Fromental und die geringern Sorten Petit Fro-mental, Fenafse), welches vom ungelagerten ersten Schnitte geerntet wird. Weiter produziert Frankreich Goldhafer (Avena fiavescens L.), aufrechte Trespe (Bromus ....rec.tus Huds.) und wie Neuseeland Knaul-gras (Dactylls glomerata L.). Nordische Länder versorgen den Markt mit dem noch auf feuchtem Boden und in hohen Gebirgslagen gedeihenden Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis L.). Norddeutschland kultiviert im großen auf losemQuarz-sandboden den gemeinen Schafschwingel (Festuca ovlna vulgaris L.) und den härtlichen Schafschwin-gel (Festuca ovina duriusculaL.). InMitteldeutsch-land ist am gewinnbrinaendsten außer dem Samen-bau von Goldhafer und.Knaulgras derWiesenschwin-gel (Festuca pratensis Huds,) , der rote Schwingel (Fe.-.tuca rubra Wallr.) und ähnliche Arten.
Die größte Schwierigkeit beim Grassamenbau ist die Erreichung einer befriedigenden Keimfähigkeit der Samen. Gerade die teuersten Grassamen, wie Wiesenfuchsschwanz, Goldhafer etc., sind durch ihre geringe Keimfähigkeil bekannt. Die Ursache ist darin zu suchen, daß diese Grassamen meist zu früh geerli.^ tet werden und daher nur aus Spreu und Blumen bestehen. Um zu^ erkennen, ob ein Grassame voll-körnig und schwer und daher auch gleichmäßig aus-aereistist, empfiehlt Th. Brunn von Neergard, etwas Samen auf eine Glasplatte dünn auszubreiten, mit einer zweiten Glasplatte zu bedecken und dann gegen das Tageslicht oder eine Lampe zu halten. Man er-kennt dann, wie weit hinauf die nun durchscheinenden Spelzen mit dem Samen erfüllt sind; die tauben Spelzen sind leicht erkenntlich, auch tr.tt die gleiche oder ungleiche Korngröße, von welcher die Qualität der Samenprobe wesentlich abhängt, viel klarer her.^ vor. Die Erntemengen von Grassamen betragen nach den Versuchen von Kirchner und Michalowski in Hohenheim, und zwar nach den erhaltenen Rein-heits- und Keimfähigkeitsprozenten auf reine Samen zurückgeführt, pro Hektar von: französischem Rai-
gras 29o, Knaulgras 237, Wiesenschwingel 576, har-
tem Schwingel 855., Goldhafer 209 und aufrechter Trespe 793 kg. Vgl. Krafft, Pflanzenbaulehre (5. Aufl., Berl. 1890); Nowacki, Der praktische Klee-
.grasbau(3. Aufl., Frauenfeld 1891). Grätz, Heinrich, jüd. Theolog, starb 7. Sept.
1891 in München. Von seiner "Geschichte der Juden" hat er eine volkstümliche Bearbeitung in 3 Bänden herausgegeben (Leipz. 1888-89).
Grausame Pstanze, s. Physianthu.....
Graveureuth, Karl, Freiherr von, Afrika-
forscher, geb. 12. Dez. 1858tn München, trat 1877
in das 3. bayrische Infanterieregiment ein, wurde
1879Sekondleutnant in demselben, ließ sich 1885 zlir
Reserve versetzen und trat in den Dienst der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. Er gründete 1886 die Station Korogwe in Usambara und verteidigte beim Aufstand der Araber 1888, unterstützt von den deut-schon Kriegsschiffen, Bagamoyo mit großer Tapfer-keit und Ausdauer. Zum Premierleutnant be.för-dert, nahm er 1889 unter dem Reich skommissar v. Wifsmann erfolgreichen Anteil an der Niederwer..
fung des Aufstandes. Namentlich besiegte er 19. Okt. 1889 Buschiri und die Mafiti bei Ionbo. Er ge..
leitete sodann Emin Pascha und Stanlei) von Msua an die Küste. 1890 zum Hauptmann befördert und nach Kamerun gesandt, um das südliche Hinterland dieser Kolonie zu erforschen, fiel er 5. Nov. 1891 bei Buea im Gefecht mit den Bakwili.
Greenockit, Bildung desselben, s. Mineralien.
Gregarinen, s. Protozoen.
Gregorovius, Ferdinand, deutscher Geschichte
schreiber und Dichter, starb 1. Mai 1891 in München.
Aus seinem Nachlaß erschienen "Gedichte" (hrsg. vom Grafen Schack, Leipz. 1891) und der dritte Band
der "Kleinen Schriften" (das. 1892).
^ Grenzbegriff. Wir haben die Fähigkeit, Vorstellun-gen, welche dasselbe Merkmal in verschiedenen Ab. ftufungen besitzen, in eine Reihe zu ordnen, und den Hang, diese Reihen fortzusetzen, gewissermaßen infolge eines psychischen Beharrungsvermögens oder Träg-heilsgesetzes. Wir müssen aber im Fortgang unsers Denkens jede solche Reihe beenden. Das Vermögen hierzu liegt, indem es die Fluchtder Vorstellungen hemmt, aller Erfahrung zu Grunde. Es kommt häufig vor, daß. die Vorstellungsreihe an sich kein Ende hat; namentlich bei denjenigen Reihen, zu welchen Zeit, Raum und Zahl Veranlassung bieten, gibt es häufig
kein letztes Glied. Beispiele sind die Reihe der Zei^
momente, während deren Achilleus in dem bekannten ParadoxondesZenoderSchildkrötenachfolgt,oderdie Reihe der Verstärkungen, welche der elektrische Kon-densator in der Sammelplatte hervorruft, oder die Reihe der Stammbrüche 1/2, 1/3 . .^. In diesem Falle denken wir den Abschluß durch eine neue Vorstellung hinzu: die Grenze der betreffenden Reihe. Die "Grenze" ist. also von den Gliedern der Reihe wo..^ zu unterscheiden, indem sie als ein Neues vom Ve.^ stand hinzugefügt wird. Die fo durch einen Grenz-übergang gebildeten Begriffe heißen Grenzbegriffe. Die Grenze ist aber keineswegs von ihrer Reihe nn-abhängig; sie ist durch die vorausgegangene Reihe bestimmt und also mit ihr zugleich gegeben, wenn auch zunächst nur indirekt, wie das x in den Glei-chungen der Algebra, der vierte zu drei gegebenen harmonischen Punkten, wie die Ursache, wenn die Wirkung beobachtet wird. So ruft die sich mehr und mehr verlangsamende Bewegung des in die Halle einfahrenden Eisenbahnzuges mit Notwendigkeit die Vorstellung der Ruhe alsGrenzabschluß wach, so geht die Reihe der einem Kreise eingeschrieben^ regel-mäßigen Vielecke bei stetig sich verdoppelnder Seiten-zahl schließlich in den Kreis über, so hat die Reihe der Zahlen: 0,3, o,33, o,333, . . ., deren Dreifaches sich mehr und mehr der 1 nähert, zur Grenze die Zahl, welche dreimal genommen genau 1aibt: 1/3. Ob die so als indirekte Vorstellungen gegebenen Grenz-begriffe schließlich zu direkten, anschaulichen oder völ: lig scharfen Vorstellungen werden, hängt von den Umständen ab, bez. von der Deutlichkei.., Fülle und Wichtigkeit der Merkmale und Beziehungen. Die wichtigsten und zugleich auch die schwierigsten Gren^-begriffe sind die des UnendlichGroßen oder des iin-
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