Aachen. 1) Regierungsbezirk der preuß. Rheinprovinz, umfaßt das Gebiet der frühern
Reichsstadt A., Teile der ehemaligen Herzogtümer Jülich, Limburg und Luxemburg, die Grafschaften Schleiden, Reifferscheid, Blankenheim und Gerolstein, die
Herrschaft Mechernich der Grafen von Nesselrode, die Abteien St. Kornelimünster, Burtscheid der Cistercienser, Malmedy der Benediktiner u.a., grenzt im
Norden an Belgien und die Niederlande, ist gebirgig (Ardennen, Hohe Venn), hat Industrie, Kohlen- und Eisenbergbau, Ackerbau, Viehzucht und Handel, umfaßt
4154,72 qkm mit (1890) 564566 (281143 männl., 283423 weibl.) E., 15 Städte mit 286,65 qkm
und 208342 (100899 männl., 107443 weibl.) E., 375 Landgemeinden mit 3868,68 qkm und 356224 (180244 männl., 175980
weibl.) E., ferner 81899 bewohnte, 3500 unbewohnte Wohnhäuser, 117539 Haushaltungen und 246 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach waren 21036
Evangelische, 539016 Katholiken, 96 sonstige Christen und 4387 Israeliten.
Der Regierungsbezirk zerfällt in 11 Kreise:
Kreise | qkm | Wohn- | Ein- | Einw. |
| | stätten | wohner | pro qkm |
Erkelenz | 288,96 | 7 650 | 36 047 | 125 |
Heinsberg | 243,49 | 7 366 | 34 940 | 143 |
Geilenkirchen | 196,79 | 5 479 | 25 471 | 129 |
Jülich | 318,42 | 8 074 | 41 357 | 130 |
Düren | 563,31 | 13 035 | 80 194 | 142 |
Stadtkreis Aachen | 30,56 | 6 095 | 103 470 | 3449 |
Landkreis Aachen | 338,93 | 15 858 | 122 136 | 361 |
Eupen | 175,88 | 3 779 | 27 132 | 154 |
Montjoie | 361,53 | 3 449 | 18 483 | 51 |
Schleiden | 823,83 | 8 972 | 44 809 | 54 |
Malmedy | 813,02 | 6 095 | 30 527 | 37 |
Der Reg.-Bez. A. zerfällt in die 5 Reichstagswahlkreise: Schleiden-Malmedy-Montjoie (Abgeordneter 1895: Prinz von Arenberg, Centrum), Eupen-A. (Dr. Bock,
Centrum), Stadt A. (Mooren, Centrum), Düren-Jülich (Graf Hompesch, Centrum), Geilenkirchen-Heinsberg-Erkelenz (Hitze, Centrum).
2) Landkreis (ohne Stadt A.) im Reg.-Bez. A., hat (1890) 122136 (61407 männl., 60729 weibl.) E. in 3 Stadt- und 21
Landgemeinden.
Textfigur:
3) A. (frz. und engl. Aix-la-Chapelle; niederdeutsch und niederländisch Aken, Aquen;
lat. Aquisgranum, Civitas Aquensis),
Hauptstadt des Reg.-Bez. A. und Stadtkreis, berührt mit dem Weichbilde
(30,376 qkm) das Gebiet von Holland und Belgien und liegt 50°46'17" nördl. Br. und 6°4'39" östl. L. von Greenwich, in
173,9 m Höhe am südl. Abhang des Lousbergs (202 m) in einem fruchtbaren, von drei der Wurm zufließenden Bächen
bewässerten und von den Vorhöhen des Hohen Venns umschlossenen kesselförmigen Thale. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt
10,26°C.
Bevölkerung. Die ortsanwesende Bevölkerung A.s betrug 1817: 32300, 1880: 85432, 1885: 95725, 1890: 103470
(49586 männl., 53884 weibl.) E., d. i. eine Zunahme von 7745 E. oder 8,11 Proz., oder jährlich (1885–90) 1549 ↔
Personen; Geburten (1894) 3866, Sterbefälle einschließlich Totgeburten 2531, Eheschließungen 845. In Garnison liegt das Füsilierregiment Fürst Karl Anton von
Hohenzollern Nr. 40. In 5867 bewohnten Wohnhäusern befanden sich (1890) 22606 Familienhaushaltungen und 49 Anstalten. Dem Religionsbekenntnisse nach
waren 6427 Evangelische, 95617 Katholiken, 192 andere Christen und 1334 Israeliten. Geboren waren in A. 64595, im übrigen Preußen 32255, im übrigen
Deutschen Reiche 1505, im Auslande 5115.
Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. A. besteht aus der alten innern, der neuen äußern Stadt und den neuern Vorstädten.
An die Stelle der frühern Festungswerke, von denen noch zwei schöne Thorburgen, das Pontthor im NW. und das Marschierthor im S. übrig sind, ist ein
promenadenartiger Straßenring getreten. Die wichtigsten und verkehrreichsten Straßen der Altstadt sind: Jakob-, Theater-, Hoch-, Harskamp-, Großköln- und
Lousbergstraße, Kapuziner-, Templer-, Dahmen- und Holzgraben. Öffentliche Plätze: Friedrich-Wilhelms-Platz, der schönste Teil des innern Promenadenrings;
Marktplatz mit dem Erzstandbild Karls d. Gr. auf einem Springbrunnen (1620 errichtet, war 1794 nach Paris entführt); Kaiserplatz mit dem Kaiserbrunnen (von H.
Rehm der Stadt geschenkt und 1879 errichtet); Rehmplatz mit der Mariensäule (nach dem Entwurf von Laurent vom Bildhauer Pohl angefertigt und 1887
aufgestellt); Hansemannplatz mit der Statue David Hansemanns (1888). Am Adalbertsteinwege steht das Kongreßdenkmal, eine offene Marmorhalle in antikem
Stil, 1836–44 nach Schinkels Entwurf errichtet zur Erinnerung an den Monarchenkongreß (1818) und die Heilige Allianz; vor dem Rheinischen Bahnhofe das
Kriegerdenkmal, nach Drakes Entwurf 1872 von Gladenbeck gegossen.
Kirchen. Unter den 33 Kirchen ist das Münster oder der Dom die merkwürdigste. (S. Tafel:
Deutsche Kunst I, Fig. 4, 5 u. 6.) Den Kern bildet die von Odo von Metz 796–804 nach dem Vorbild
von San Vitale in Ravenna in byzant. Stil erbaute und 805 vom Papst Leo III. geweihte Kaiserkapelle (Capella in palatio), die
die Form eines Sechzehnecks (31 m hoch, 16 m Durchmesser) mit achteckigem erhöhten Mittelraum hat und mit einem durch Kreuzgewölbe getrennten
doppelten Umgange verbunden ist. In der achteckigen Kuppel befindet sich seit 1882 ein prachtvolles Mosaikbild auf Goldgrund, Christus und die 24 Ältesten
der Apokalypse darstellend, nach Béthunes (Gent) Zeichnung von Salviati (Venedig). Der got. Chor (34 m hoch, 25 m lang, 12 m breit), mit neuen (1853)
Glasgemälden, ist 1353–1414 gebaut; ihm gegenüber deckt die Vorhalle und der darüber erbaute, 1881–84 erneuerte Turm mit den angebauten Emportreppen
drei Seiten des sechzehneckigen Baues. Das Dach ist aus dem 17. Jahrh., die Erzthüren des Westportals von 804. Die meisten der das Achteck umgebenden
Kapellen sind gotisch bis auf die Ungarische Kapelle (1730 im Zopfstil erbaut), die den Domschatz birgt. In der Mitte des Achtecks liegt ein Stein mit der Inschrift:
«Carolo Magno» (1809); über diesem hängt ein berühmter Kronleuchter aus vergoldetem Kupfer, Geschenk (1168) Kaiser
Friedrichs I. (vgl. Bock, Der Kronleuchter Kaisers Friedrich Barbarossa, Lpz. 1864). Die Kanzel, im 18. Jahrh. erneuert, mit Goldplatten in getriebener Arbeit, ist von
Kaiser
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 3.