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Agnus Scythicus - Agonistik
Meßliturgie ist das A. D. ein Gebet, das seit dem 7.Jahrh. vor der Kommunion vom Priester gesprochen und beim Hochamt vom Chore gesungen wird. Es besteht aus der dreimal wiederholten Anrede: "Agnus Dei, qui tollis peccata mundi" ("O Lamm Gottes, das du hinwegnimmst die Sünden der Welt"), worauf zweimal: "miserere nobis" ("erbarme dich unser!"), das dritte Mal: "dona nobis pacem" ("gieb uns Frieden!") beigefügt wird. Dieses A. D. ist auch in den luth. Gottesdienst übergegangen. Mit dem Ausdruck: das deutsche A. D., wird der Choral "Christe, du Lamm Gottes" bezeichnet. - A. D. heißen auch die bildlichen Darstellungen Christi unter dem Symbol eines Lammes, in der Regel mit dem Kreuz oder der Siegesfahne; ferner die aus dem übriggebliebenen Wachs der Osterkerzen hergestellten Scheiben oder Medaillons mit dieser Darstellung, die der Papst im ersten und dann in jedem siebenten Regierungsjahre segnet, mit besondern Gnaden, Ablässen versieht und verschenkt. - In der griech. Kirche nennt man A. D. das mit einem Lammesbilde versehene Tuch, mit dem beim Abendmahl der Kelch zugedeckt wird (Potiriokalymma).
Agnus Scythicus (Scythisches Lamm), lat. Name für den Stamm von Cibotum Barometz J. Sm., einem im warmen südöstl. Asien, vorzüglich auf den Sunda-Inseln, Philippinen u. s. w. heimischen Farn aus der Familie der Cyatheaceen (s. d.). Dieser mit goldgelben oder goldbraunen, seidenglänzenden, bis 5 cm langen Haaren namentlich am Scheitel dicht bedeckte niederliegende Stamm kam schon im Mittelalter als Fructus tartareus in den Handel oder, wenn er durch einige an ihm gelassene Blattstiele das Aussehen eines vierbeinigen, geschwänzten Tieres erhalten hatte, als A. S. Die schon damals äußerlich als blutstillendes Mittel benutzten Haare kamen später allein unter dem malaiischen Namen Penghawar Djambi (d. h. Heilmittel aus Djambi, dem Hauptorte der Ausfuhr auf Ostsumatra) in den Handel und werden noch jetzt hier und da benutzt. Übrigens werden auch die Haare von Cibotium Schiedei Schlecht. in Mexiko und die von Cibotium Chamissoi Kaulf., Cibotium Menziesii Hook. und Cibotium glaucum Hook. et Arn. auf den Sandwichinseln ebenso benutzt und von letzten drei Arten als Pulu nach Kalifornien und Australien in den Handel gebracht, da sie zum Stopfen von Matratzen verwendet werden.
Agoge, in der Musik der griech. Ausdruck für Tempo, den Riemann wieder einzuführen versucht hat; daher Agogik, Lehre vom musikalischen Tempo.
Agomegebirge, im deutschen Togoland an der Sklavenküste Westafrikas, der südwestlichste Ausläufer des Apossogebirges, welches einen Teil des Südrandes der Hochebene des Westsudan bildet und von NO. nach SW. streichend in zahlreiche einzelne Ketten zerlegt wird. Das A. erreicht in seiner bis jetzt gemessenen höchsten Erhebung 650 m. Der Karawanenweg von Bagida an der Küste nach Kpando am Volta führt über dasselbe und wird durch eine hoch gelegene, 5 Tagemärsche von Lome entfernte, im März 1890 gegründete deutsche Station (Misa-Höhe, s. d.) gesichert. Das schön geformte Gebirge besteht aus Gneis, Granit und Sandstein, der Südabfall der Kuppen und Hänge ist mit reicher Humusschicht bedeckt. Der Pflanzenwuchs ist ungemein üppig, groß ist der Reichtum an Kautschuklianen in den Wäldern; an den sanften Abdachungen bauen die Eingeborenen Indigo und Reis. Das Klima ist gesünder als an der Küste; Regen giebt es in allen Jahreszeiten.
Agon (grch.) hieß bei den Griechen jeder Kampf oder Wettstreit; vorzugsweise aber verstand man darunter Wettkämpfe und Kampfspiele bei religiösen und polit. Feierlichkeiten. Schon das heroische Zeitalter kennt solche. Vor Troja ergötzen sich die Hellenen an gymnischen Wettübungen und feiern die Gefallenen, z. B. Patroklos durch Kampfspiele. In der histor. Zeit beging fast jede bedeutendere griech. Stadt regelmäßig wiederkehrende Kampfspiele, deren Ursprung meist mit dem einheimischen Mythus verknüpft war. Mehrere derselben erhoben sich dadurch, daß man allgemein den Griechen den Zutritt gestattete, zu Nationalfesten. Es sind dies die Olympischen, die Pythischen in Delphi, die Isthmischen zu Korinth und die Nemeischen. (S. die betreffenden Einzelartikel.) Die Sieger (Hieroniken) in den großen nationalen A. wurden hoch gefeiert und ihr Ruhm in Siegesgesängen (Epinikien) und Werken der plastischen Kunst verherrlicht.
Die Wettkämpfe waren entweder hippische (Roß- und Wagenrennen, s. d.), gymnische (Wettlauf oder Dromos, Ringkampf oder Pale, Faustkampf oder Pygme, und Pankration, s. d.), deren Krone der Fünfkampf (Pentathlon, s. d.) war; endlich musische, bestehend bei den Pythischen, Isthmischen und Nemeischen sowie vielen lokalen Festspielen in Musik, Gesang und Tanz, wozu vor allem bei den attischen Dionysosfesten Wettkämpfe in dramatischen Darstellungen kamen. Alle A. gingen nach einer vorgeschriebenen Kampfordnung vor sich, über deren Durchführung die Agonotheten (Hellanodiken in Olympia, s. Olympische Spiele) zu wachen hatten. Diesen kam auch die Schlichtung von Zwistigkeiten, die Zuerkennung des Sieges und die Verteilung der Preise (Athla) zu. Die Preise bestanden entweder in Kränzen aus Oliven-, Lorbeer-, Eppichlaub, oder in wertvollen Gegenständen und Geldsummen. Die Namen der Sieger wurden in die öffentlichen Siegerverzeichnisse eingetragen. Seit der Zeit Alexanders d. Gr. verloren die großen Festspiele der Hellenen immer mehr ihre nationale Bedeutung. Die hellenische Agonistik breitete sich zwar nach allen Ländern aus, wohin griech. Kultur vorgedrungen, wie nach Kleinasien, Syrien und Ägypten; aber sie nahm allmählich den Charakter einer gewerbmäßig betriebenen Kunst an, die mit der Zeit gewöhnlich von eigens für die Aufführung dramatischer, musikalischer, gymnischer Wettkämpfe gebildeten Genossenschaften geübt wurde. (S. Athlet.) - Vgl. Krause, Gymnastik und Agonistik der Hellenen (2 Bde., Lpz. 1841); Otto Jäger, Die Gymnastik der Hellenen (neue Aufl., Stuttg. 1881).
Agone (grch.), auf Landkarten die Verbindungslinie der Orte, deren magnetische Deklination (s. d.) gleich Null ist (s. Magnetismus der Erde).
Agoni, Fischgattung, s. Alse.
Agonie (grch.), d. i. Kampf, nennt der Arzt den Zustand eines Kranken, bei dem sich sichere Symptome des baldigen Todes zeigen. Der Ausdruck A., wie auch das deutsche Wort Todeskampf, ist nicht für alle Fälle zutreffend, weil das Sterben bisweilen nur in einem sanften Erlöschen aller Funktionen besteht, entspricht aber der ältern Anschauungsweise, nach der die Krankheit als eine feindliche Macht gegenüber der Gesundheit angesehen wurde. Über die Symptome der A. s. Tod.
Agonistik (grch.), Kampfkunst, s. Agon.