Aufgebot, im allgemeinen eine öffentliche behördliche Aufforderung an
unbekannte Interessenten zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten. Dasselbe kann ausgehen von Verwaltungsbehörden
oder Gerichten. Ein gerichtliches A. mit der Wirkung, daß die Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat
(Ausschluß von Ansprüchen und Rechten), ist von der Reichs-Civilprozeßordnung nur für die durch Reichs- oder Landesgesetz
bestimmten Fälle zugelassen. Infolgedessen sind, zum Teil im Anschluß an die Bestimmungen der Civilprozeßordnung
(s. Aufgebotsverfahren), eine Anzahl von Landesgesetzen über das A., namentlich betreffs der Amortisation
von Inhaberpapieren (s. d.) ergangen, so das preuß. Ausführungsgesetz zur
Civilprozeßordnuug vom 24. März 1879, §§. 20 fg., das sächs. Ges. vom 6. März 1879, das württemb. Ges. vom 18. Aug. 1879,
das Hamb. Ges. vom 14. Juli 1879 u. a. Der Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerl. Gesetzbuch für das Deutsche
Reich schlägt sehr zweckmäßig in Art. 11 für das A. bezüglich aller verlorenen oder vernichteten Urkunden, namentlich der
Wechsel, der im Handelsgesetzbuch Art. 301 u. 302 genannten, indossabeln Urkunden, der Schuldverschreibungen auf den
Inhaber und der Aktien auf den Inhaber ein einheitliches Verfahren für das ganze Reich vor. Abgesehen von dem A. von
Urkunden kommt das A. in Betracht bei Todeserklärungen (s. d.), bei Anträgen
des Eigentümers eines Grundstücks auf Eintrag in das Grundbuch; auf Löschung von Hypotheken, wenn der Gläubiger
unbekannt ist, und in erbrechtlichen Fällen.
Reichsgesetzlich ist besonders geregelt das gerichtliche A. für den Konkurs in der Konkursordnung, das A. der
Verwaltungsbehörden bei der Eheschließung durch das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes vom 6. Febr. 1875,
im Gebiet der Gewerbeordnung vom 1. Juli 1883 für diese, für das Patenterteilungsverfahren durch das Patentgesetz vom
7. April 1891, für das A. in Bergungssachen durch die Strandungsordnung vom 17. Mai 1874. Landesgesetzlich geordnet ist das
A. für Fundsachen, für das Subhastationsverfahren, für das Gemeinheitsteilungs- und Ablösungsverfahren, für das Verfahren bei
Bewässerungs- und Entwässerungsverfahren und in andern Fällen.
Das A. für das Eherecht ist teils ein bürgerliches, teils ein kirchliches. Das
kirchliche A. ist die öffentliche Verkündigung einer beabsichtigten Ehe zum Zwecke der
Feststellung etwa vorhandener Ehehindernisse sowie behufs Fürbitte durch die Gemeinde. Allgemein wurde das A. durch die
Kirche vorgeschrieben auf dem vierten Lateranischen Konzil (1215), und zwar so, daß die Namen der Brautleute an drei
aufeinanderfolgenden Sonntagen der Gemeinde verkündigt werden, bestimmte Folgen bei der Unterlassung eintreten, die
Gültigkeit der Ehe aber nicht davon abhängen sollte. Indessen auch in der Folgezeit sind die A. nicht überall verkündet worden.
Erst im Zusammenbang mit der Ehegesetzgebung durch das Tridentinische Konzil ist auch die frühere Vorschrift über die A.
wieder eingeschärft worden und sind diese in allgemeine Aufnahme gekommen. Danach soll in der Regel jeder Trauung eine
dreimalige Proklamation an drei aufeinanderfolgenden Sonn- oder Festtagen durch den Pfarrer beider Brautleute während des
Gottesdienstes vorhergehen. Kommen durch Einsprachen Ehehindernisse zu Tage, so wird die Eheschließung aufgeschoben,
↔ bis die Hindernisse beseitigt sind. Dauert die Unterbrechung längere Zeit, oder liegt zwischen A. und Trauung
ein längerer (von den Gesetzgebungen verschieden bestimmter) Zwischenraum, so muß das A. wiederholt werden. Statt des
dreimaligen A. kann in gewissen Fällen auf dem Wege des Dispenses ein für allemal aufgeboten werden, und unter ganz
besondern Umständen wird sogar das A. ganz nachgesehen, z. B. bei Trauungen auf dem Sterbebette. Die Unterlassung des A.
bewirkt die kirchliche Bestrafung des Geistlichen und der Eheleute. Das griechische
Kirchenrecht verlangt nicht positiv die Verkündigung von A. Wo das A. jedoch von der staatlichen Obrigkeit, wie in Griechenland,
Rußland, Serbien, Österreich, vorgeschrieben ist, wird es auch von griech. Geistlichen proklamiert und analog wie in der
röm.-kath. Kirche behandelt. Vgl. Friedberg, Das Recht der Eheschließung in seiner geschichtlichen Entwicklung (Lpz.1865), und
die Lehrbücher des Kirchenrechts von Richter-Dove-Kahl, Mejer, Schulte, Walter, Friedberg und des Eherechts von Kutschker,
Schulte, Zhishman. – In der evangelischen Kirche galten im wesentlichen dieselben
Bestimmungen über die Notwendigkeit und die Wirkungen des A. wie in der katholischen. Die evang. Kirche handelte aber beim
A. immer zugleich und in erster Linie im Auftrag des Staates. Diesen Charakter hat das A. jetzt noch in denjenigen Ländern, wo
kirchliche Eheschließung besteht. – Im Deutschen Reiche hat indes auch für die evang. Kirche das A. nur noch kirchlichen
Charakter seit Einführung des bürgerlichen A. Dieses muß der Schließung der
Civilehe (s. d.) nach Maßgabe des Reichsgesetzes vom 6. Febr. 1875 vorhergehen. Die Bekanntmachung
hat zu enthalten die Vornamen und Familiennamen der Verlobten, den Stand oder das Gewerbe und den Wohnort derselben,
sowie ihrer Eltern (§. 46). Sie ist während zweier Wochen an dem Rats- oder Gemeindehause oder an der sonstigen zu
Bekanntmachungen der Gemeindebehörde bestimmten Stelle auszuhängen, und zwar an den im §. 46 a. a. O. näher
bezeichneten Stellen, unter Umständen auch nach dem §. 47 durch Einrückung in ein im Auslande erscheinendes oder
verbreitetes Blatt. Zuständig ist der Standesbeamte, vor welchem die Ehe geschlossen werden kann (am Wohnsitze oder
gewöhnlichen Aufenthaltsorte eines der Verlobten). Dem Standesbeamten ist zuvor nachzuweisen, daß die gesetzlich
notwendigen Erfordernisse zur Eheschließung vorhanden sind; insbesondere sollen in der Regel die Geburtsurkunden und die
zustimmende Erklärung derjenigen, deren Einwilligung nach dem Gesetze erforderlich ist, in beglaubigter Form beigebracht
werden. Von dem A. kann seitens des Staates dispensiert werden; jedoch kann der Standesbeamte auch ohne A. die
Eheschließung vornehmen, wenn eine lebensgefährliche Krankheit, welche einen Aufschub nicht gestattet, ärztlich bescheinigt
wird (§. 50). Das A. verliert seine Kraft, wenn seit dessen Vollziehung sechs Monate verstrichen sind, ohne daß die Ehe
geschlossen worden ist (§. 51).