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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Castellane; Castellanēta; Castellanospulver; Castellaun; Castelli; Castellĭo; Castello Branco

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Castellane (Graf von) - Castello Branco (Distrikt und Stadt)

Entrevaux (186,67 qkm, 2747 E.), St. André-de-Méouilles (208,15 qkm, 2501 E.), Senez (142,55 qkm, 1431 E.). – 2) Hauptstadt des Arrondissements C., an dem zur Durance gehenden Verdon, in 903 m Höhe, von alten Festungswerken umgeben, ist Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz und hat (1891) 1060, als Gemeinde 1780 E., Post, Telegraph, ein Collège, Salzquellen, Gipslager, Tuchfabrikation und Wollspinnerei.

Castellane (spr. -lahn), Esprit Victor Elisabeth Boniface, Graf von, franz. Marschall, geb. 26. März 1788 zu Lyon, trat 1804 in franz. Kriegsdienst, nahm an den Feldzügen in Italien 1806 und Spanien 1808 teil und zeichnete sich 1809 bei Wagram aus. Den russ. Feldzug 1812 machte er im Generalstabe Napoleons mit und blieb in dieser Verwendung bis zum Sturze des Kaisers. C. schloß sich den Bourbons unverzüglich an und stieg schnell zu höhern Stellungen auf; er war bereits 1822 Oberst und Commandeur des Garde-Husarenregiments, nahm im folgenden Jahre an dem span. Feldzuge teil und befehligte 1830 eine Reiterbrigade. 1832 wohnte C. der Belagerung von Antwerpen bei, stieg dann zum Generallieutenant auf und wurde mit dem Oberbefehl über das Pyrenäenheer betraut. 1837 wurde er zum Pair erhoben. Die Februarrevolution 1848 entzog C. das Kommando, doch schloß er sich sogleich der Partei Napoleons an und erwies sich als dessen eifriger Anhänger. Napoleon vertraute ihm deshalb kurz vor dem Staatsstreiche das wichtige Militärgouvernement von Lyon an, berief ihn 1852 in den franz. Senat und erhob ihn am 2. Dez. zum Marschall. Als Frankreich in fünf militär. Territorialbezirke eingeteilt wurde, übernahm C. den Oberbefehl der Truppen im südöstl. Teile des Reichs (Armee von Lyon). Er starb 16. Sept. 1862 zu Lyon.

Castellanēta, Stadt im Kreis Tarent der ital. Provinz Lecce, am Late unter einer steilen Felswand und an der Linie Bari-Taranto des Adriatischen Netzes gelegen, ist Bischofssitz und hat (1881) 8918 E.; Post, Telegraph; Gewinnung von Wolle und Baumwolle. Im 8. Jahrh. hieß die Stadt Castanea, zur Normannenzeit aber C., auf mittelalterlichen Karten Castello unito.

Castellanospulver, ein Sprengmittel, das zu den Dynamiten (s. d.), speciell zu den Nobeliten (s. d.) zu rechnen ist. Es besteht aus Nitroglycerin, Salpeter, pikrinsaurem Kalium und Schwefel; außerdem ist noch irgend ein unlösliches und unverbrennbares Salz hinzugefügt, um die Empfindlichkeit des Dynamits zu mildern.

Castellaun, Stadt im Kreis Simmern des preuß. Reg.-Bez. Koblenz, 28 km von Boppard, in 405 m Höhe im Hunsrück, hat (1890) 1402 E., darunter 467 Katholiken und 45 Israeliten, Post, Telegraph, Bürgermeisterei (25 Landgemeinden), Amtsgericht (Landgericht Koblenz), Katasteramt, Oberförsterei; eine got. Simultankirche, Ruinen einer 1689 zerstörten Burg, ein Rathaus (1841), eine simultane Schule (bis Quarta), je eine evang. und kath. Volksschule, Darlehnskasse; eine Kunstdüngerfabrik, 4 Brauereien, 4 Gerbereien und jährlich 13 Viehmärkte. – C., aus einer röm. Kolonie hervorgegangen, gehörte früher zur Grafschaft Sponheim (s. d.) und wurde 1309 durch Kaiser Heinrich Ⅶ. zur Stadt erhoben. Die Burg war eine der ältesten im Hunsrück; ihre letzten Herren, die Brüder Gerard und Hildeger, werden 1226 urkundlich erwähnt. 1689 wurde C. durch franz. Truppen niedergebrannt. ^[Spaltenwechsel]

Castelli, Ignaz Franz, österr. Dichter, geb. 6. März 1781 zu Wien, studierte die Rechte, wurde 1801 Praktikant, dann Sekretär bei der niederösterr. landständischen Buchhaltung und ging 1805 nach dem Einrücken der Franzosen in Wien als ständischer Lieferungskommissar nach Purkersdorf. Wegen mehrerer Kriegs- und Wehrmannslieder, besonders des weitverbreiteten «Kriegslieds für die österr. Armee», 1809 von Napoleon geächtet, floh er nach Ungarn. Seine Oper «Die Schweizerfamilie» (1811), von Weigl komponiert, veranlaßte den Fürsten Lobkowitz, C. als Hoftheaterdichter am Kärntnerthor anzustellen. Nach den Befreiungskriegen wurde er wieder Landschaftssekretär, trat 1842 in den Ruhestand, lebte meist auf seinem Landsitz bei Lilienfeld und starb 5. Febr. 1862 zu Wien. C., ein Hauptvertreter des jovialen Wiener Humors, war vielseitig und ungemein fruchtbar. Er hat über 200 Theaterstücke, seltener selbst verfaßt, meist aus dem Französischen bearbeitet und übersetzt. Glücklicher kommt sein gemütlicher Witz zur Geltung in den «Gedichten in niederösterr. Mundart» (Wien 1828). Eine Travestie der Schicksalstragödien Müllners und Houwalds versuchte er in dem «Schicksalsstrumpf» (Lpz. 1818). In seinen letzten Lebensjahren veröffentlichte er die «Memoiren meines Lebens» (4 Bde., Wien 1861–62). Eine Auswahl seiner Schriften hatte er schon vorher (3. Aufl., 22 Bde., ebd. 1848–59) veranstaltet. Auch ein «Wörterbuch der Mundart in Österreich unter der Enns» (ebd. 1847) sowie mehrere Journale, darunter den «Allgemeinen musikalischen Anzeiger» (1829–40), die Taschenbücher «Selam» (7 Bde., Wien 1812–18) und «Huldigung den Frauen» (Lpz. u. Wien 1823–48) gab er heraus. C. war eifriger Sammler; unter anderm hinterließ er eine Bibliothek von 12000 Theaterstücken sowie eine Sammlung von Porträten bekannter Schauspieler und Theaterdichter und aller Wiener Theaterzettel seit 1600 (jetzt auf der Hofbibliothek).

Castellĭo, Sebastian, oder, wie er selbst sich nannte, Castalio (latinisiert aus Chateillon), humanistischer Theolog, geb. 1515 zu St. Martin du Fresne in Savoyen, studierte die alten Sprachen zu Lyon, ward in Straßburg mit Calvin bekannt und von diesem als Rektor einer Schule nach Genf gezogen. Bald zeigten sich jedoch Meinungsverschiedenheiten. C. faßte z. B. das Hohe Lied als Liebeslied auf und erklärte sich gegen die im Genfer Katechismus vorgetragene Deutung der Höllenfahrt Christi. Deshalb wurde ihm ein Predigtamt verweigert, und C. begab sich 1544 nach Basel, wo er 1553 Professor der griech. Litteratur ward. Er starb 23. Dez. 1563. Sein Hauptwerk ist die lat. und franz. Übersetzung der Bibel. Die lateinische von 1551, Eduard Ⅵ. von England gewidmet, zeichnet sich durch reinen, klassischen Ausdruck aus, die französische von 1553 nähert sich mehr der Volkssprache und trifft meist die biblischen Gedanken richtiger. – Vgl. Mähly, Sebastian C. (Basel 1862); Buisson, S. Castellion, sa vie et son œuvre 1515–63 (2 Tle., Par. 1892).

Castello Branco. 1) Distrikt in der portug. Provinz Beira, hat 6621,03 qkm und (1881) 178164 E., d. i. 27 auf 1 qkm. – 2) Hauptstadt des Distrikts C. B., auf einem Plateau in 477 m Höhe, Sitz eines Bischofs, hat (1878) 7464 E., Post, Telegraph, betürmte Mauern, auf der höchstgelegenen Stelle ein verfallenes Schloß, zahlreiche Reste

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]