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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Celliōten; Cellīten; Cello; Cellŭla; Cellulārpathologie

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Cellioten – Cellularpathologie

die Kunst des Emaillierens; auch in Nachahmung fremdartiger, besonders reich mit Gold und Edelsteinen ausgelegter türk. Waffen versuchte er sich mit Glück. Er ging dann nach Florenz und Mantua, doch fand er infolge seines händelsüchtigen Wesens und seines ungeregelten Lebens nirgends Ruhe. Nachdem er abermals seine Vaterstadt besucht, kehrte er nach Rom zurück, wo er die Stelle eines Stempelschneiders bei der Münze erhielt. Nach dem Tode Clemens’ Ⅶ. trat er in die Dienste Pauls Ⅲ., begab sich aber bald nach Florenz, wo ihn Herzog Alexander Medici beschäftigte. 1537 ging C. nach Frankreich an den Hof Franz’ Ⅰ. Durch Krankheit zur Rückkehr nach Rom veranlaßt, saß er infolge falscher Anklagen längere Zeit in der Engelsburg, bis ihm der Kardinal von Este die Freiheit verschaffte. Einer Einladung Franz’ Ⅰ. folgend, begab sich C. nach Fontainebleau, wo er im Auftrag des Königs arbeitete. Seiner Schilderung zufolge war die Feindschaft der Geliebten des Königs, der Herzogin von Etampes, der Grund zu seiner Rückkehr nach Florenz. Hier führte er, vom Herzog Cosimo Ⅰ. Medici begünstigt, mehrere Werke in Metall und Marmor aus, darunter dessen Büste, die berühmte Statue des Perseus (in der Loggia de’ Lanzi zu Florenz) und einen Christus in der Kapelle des Palastes Pitti. Er starb 13. Febr. 1571 in Florenz.

Das für König Franz Ⅰ. ausgeführte Salzfaß (s. Tafel: Goldschmiedekunst Ⅰ, Fig. 7) ist ein Musterwerk für Benvenutos Vorzüge und Fehler. Es zeigt ihn als überaus geschickten Techniker, aber auch als manieriert in Form wie Gedanken, indem durch die männliche Figur des Meers das Salz, durch die weibliche Figur der Erde der Pfeffer vergegenwärtigt werden soll. Die Figuren, die größern wie die kleinern, sind bewundernswürdig ganz aus dem Runden getrieben. Der Schmelz zeichnet sich durch Feuer und Leuchtkraft aus. Wie in diesen kleinen Figuren, so zeigt sich C. auch in seinem großen Hauptwerk, dem in Erz gegossenen Perseus (s. Tafel: Italienische Kunst Ⅴ, Fig. 5), stark auf dem Wege zum Barockstile. Der Perseus hat bei meisterhafter Behandlung des Technischen eine gesuchte Haltung; der figürliche und ornamentale Schmuck des Sockels ist gleichfalls vom barocken Geschmack beeinflußt. Dem ungeachtet galt C. lange Zeit für den ersten Meister in der Goldschmiedekunst, zu welchem Ruhme ihm aber ebenso sehr die eigene Ruhmredigkeit in seiner Selbstbiographie als seine Werke verholfen haben. Sein Ruf war so groß, daß man lange Zeit alles Gute unbekannten Namens von Goldschmiedearbeiten des 16. oder gar des 17. Jahrh. ihm zuschrieb. Inzwischen hat man aber die deutschen und ital. Meister von ihm unterscheiden gelernt, welche ihm zum Teil in der Kunst des Treibens überlegen waren.

Seine technischen Kenntnisse legte C. in «Due trattati, uno intorno alle otto principali arti dell’ orificeria, l’altro in materia dell’ arte della scoltura» (Flor. 1568 u. 1731) mit großer Klarheit und Anschaulichkeit nieder. Seine Selbstbiographie, welche er, 58 J. alt, schrieb, ist namentlich durch Goethes Übersetzung (1803) in Deutschland bekannt geworden. Die Handschrift befindet sich in der Laurentinianischen Bibliothek zu Florenz. Ihre erste, ziemlich lückenhafte Ausgabe besorgte A. Cocchi zu Neapel (angeblich Köln) 1728, nach dem Originalmanuskript Fr. Tassi (3 Bde., Flor. 1829) und Choulant, «Opere» (3 Bde., Lpz. 1833‒35). G. Molini wie B. Bianchi gaben in Florenz 1832 und 1852 neu berichtigte Drucke heraus; die neueste Ausgabe der Selbstbiographie besorgte Gaetano Guasti (Flor. 1891). Von C. Milanesi rührt die sorgfältige Ausgabe der «Trattati» (Flor. 1856; deutsch, Lpz. 1867) her. Den Traktat über die Malerei gab Tambroni (Rom 1821) heraus und übersetzte Ilg (Wien 1871). – C.s letzte Lebensjahre nach seinen Briefen beschrieb Reumont (in Raumers «Histor. Taschenbuch», Lpz. 1847, und in seinen «Beiträgen zur ital. Geschichte», Bd. 4, Berl. 1855); vgl. ferner Arneth, Studien über C. (Wien 1859); das Prachtwerk von Plon, B. C., orfèvre, médailleur, sculpteur (Par. 1882; Nachtrag 1884); Mabellini, Delle rime di B. C. (1885).

Celliōten (lat.) oder Kellioten, s. Kellion.

Cellīten, s. Lollharden.

Cello (spr. tsche-), Abkürzung für Violoncello (s. d.); Cellist, Cellospieler.

Cellŭla (lat.), s. Zelle.

Cellulārpathologie, diejenige neuere Richtung der allgemeinen Pathologie oder Lehre von der Krankheit, welche das Entstehen und Wesen der Krankheiten auf die Thätigkeit der kleinsten, dem bewaffneten Auge noch als Ganzes erkennbaren Teilchen des Organismus, der sog. Zellen (s. d.), zurückzuführen sucht. Schon im Altertum hat die Frage nach dem eigentlichen Sitz und Wesen der Krankheit die Ärzte lebhaft beschäftigt und zwei sich schroff gegenüberstehende und bis in die neuere Zeit sich erbittert bekämpfende Parteien hervorgerufen. Während die Anhänger der sog. Humoralpathologie, der ältesten und zugleich verbreitetsten Theorie, die Flüssigkeiten und Säfte (humores) des Körpers, insbesondere das Blut, als Ausgangspunkt, Sitz und Verbreitungsmittel der Krankheiten betrachteten, erkannten die Anhänger der Solidarpathologie nur den festen Teilen (solida) des Körpers, in erster Linie den Nerven (daher auch die Bezeichnung Neuropathologie), einen Einfluß auf die Entstehung und Verbreitung der Krankheiten zu und sahen das Blut nur als eine für die Einwirkungen der Nerven besonders befähigte Flüssigkeit an. Allein seitdem Schwann (1838) und Schleiden (s. d.) die Zelle als die letzte organisierte Einheit des tierischen und pflanzlichen Lebens und als Ausgangs- und Mittelpunkt aller Lebenserscheinungen kennen gelehrt hatten, mußten durch diese größte Entdeckung der mikroskopischen Forschung die seitherigen Anschauungen über die krankhaften Vorgänge des Organismus eine vollkommene Änderung erfahren. Virchow insbesondere führte in zahlreichen Journalaufsätzen und in seinem größern Werke («Die C. in ihrer Begründung auf physiol. und pathol. Gewebelehre», Berl. 1858; 4. Aufl. 1872) den Nachweis, daß die Zellen nicht bloß die eigentlichen Herde des Lebens, sondern deshalb auch der Krankheit, überhaupt die Träger jeder lebendigen Funktion sind. Gesundheit und Krankheit sind nicht mehr durch eine weite Kluft geschieden, sondern Äußerungen derselben, innerhalb der Zellen stattfindenden Lebenserscheinungen; es besteht durchaus kein besonderer Unterschied zwischen den Kräften und Stoffen, welche das gesunde und das kranke Leben bedingen, da hier wie dort dieselben physiol. Gesetze zur Geltung kommen; nur die Bedingungen, unter denen die Kräfte und Stoffe des Körpers wirksam werden, sind im gesunden und kranken Zustande verschieden. Auch unter den am meisten abweichenden pathol. Verhältnissen erzeugt der menschliche Leib keine chem. Ver- ^[folgende Seite]

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