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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dekolorimeter - Dekort
Dekolorimeter, s. Kolorimeter.
Dekomponieren (lat.),Zusammcngefetztes aus-
einander nehmen, zerlegen, auslösen; in der Weberei:
Absetzen des Musters auf die Patrone nach einem
vorliegenden Gewebe. D ck o mp o f i t i o n, Zersetzung,
Auslösung eines Körpers in seine Bestandteile.
Dekonzertieren (frz.), die Harmonie stören,
aus der Fassung bringen, verwirren.
Dekoration (lat.), im Bauwesen die künstle-
rische Ausschmückung eines Gegenstandes oder eines
Raumes. Die Franzosen versieben daher unter
art8 ä6e0ratit8 das gesamte Kunstgewerbe. Jede
Form oder Farbe, die über das unmittelbare Be-
dürsnis oder über die Natur hinausgeht, stellt
schon eine D. des betreffenden Gegenstandes dar.
In diesem Sinne beginnen die rohestcn Völker
dekorativ zu schaffen. Die Tättowierung der eigenen
haut gehört bereits in das Gebiet der D. In der
entwickelten Kunst unterscheidet man zwischen deko-
rativer Plastik und Dekorationsmalerei. Zur deko-
rativen Plastik gehört jede künstlerische Um-
bildung der durch Gebrauch und Material ge-
gebenen Urform, weiterhin jedes erhabene Orna-
ment (s. d.), das den rein architektonischen Grund-
formen beigegeben ist. Sie tritt in fast allen Stilen
der Baukunst auf, bescheiden in der griechischen, alle
Teile überwuchernd in der indischen. Ihre vollendete
Ausbildung gab ihr die Renaissance, in der die D.
mit den baulichen Gliedern in vollkommener Har-
monie stehen; im Barockstil überragt das dekorative
Element wieder derart, daß die Bauformen felbst
dekorativ auftreten, im Rokoko verschwinden letztere
fast gänzlich zu Gunsten einer rein dekorativen Be-
handlung der Baumassen. Diejenigen Teile der
Architektur werden der dekorativen Plastik vorzugs-
weise zur Ausschmückung übergeben, welche nickn
als Stützen oder Träger erscheinen, nicht gewisse
bauliche Funktionen aussprechen. So sind die
Zwickel, Friese, Intcrkolumnien vorzugsweise Fel-
der für die D. Ferner jene Glieder, in denen die
Funktion mit besonderer Entschiedenheit zum Aus-
druck kommen soll und an denen die D. zu dessen
Verstärkung mitzuwirken hat, z. V. die Kapilälc,
Basen, Gesimse u. s. w. - Die Dekoration 5-
malerei hat zum Teil gleiche Zwecke, in der Haupt-
sache aber die Aufgabe, die Flächen zu schmücken
und zu beleben. Mustergültig tritt sie uns in Pom-
peji und andern antiken Baurcsten entgegen. Die
Renaissance nahm die dort gefundenen Motive auf
und bildete sie als Grotesken (f. 0.) in ihrer Weise
fort. Auch die Verkleidung der Wände mit reich
bemalten Stoffen (Platten, Fliesen, Azulejos) ge-
hört in das Gebiet der D., wie auch die Vertäielung,
die Tapezierung, Draperie u. a. m. Die Wand-
malerei und das Behängen der Wände mit kunst-
voll gewirkten Teppichen, Gobelins (s. d.) stellt den
Höhepunkt der D. dar. Während man im deutschen
Wohnbausbau lange Zeit die D. selbst in Monu-
mentalwcrken auf die Wandausfchmückung be-
schränkte und die innere Einrichtung mehr oder min-
der dem Zufall überließ, hat man jetzt wieder die
D. in ihrem ganzen Umfang aufgenommen. Bahn-
brechend war nach dieser Richtung K. F. Schinkel
(1781-1841), dem aber nur mit Mühe die ein-
heitliche Gestaltung seiner Räume gegenüber dem
Andringen der damaligen Mode gelang. Mit den
sechziger Jahren begannen eisrige Bestrebungen, in
öffentlichen und privaten Gebäuden künstlerische
D. zu schaffen. Von großem Einfluß war hierauf
die beginnende Restaurierung von Kirchen und
Schlössern im Stil ihrer Zeit. Es fehlte Deutsch-
land aber sowohl der Wohlstand als der Sinn sür
bequeme Hausausstattung, welche die Franzosen
und Engländer besaßen, um der D. den gekünstel-
ten, akademischen Charakter zu nehmen, den sie in
ihren ältern Werken noch besaß. Erst nach 1871
und mit der Ausnahme der deutschen Renaissance
begann unter der Führung Münchens (des Malers
Makart und des Bildhauers Gedon) die D. bequem
und künstlerisch zugleich zu werden, namentlich die
von Wohnräumcn. Die somit gegebenen An-
regungen wirkten bald auf ganz Deutschland und
auch über die Stilgrenzen der Renaissance hinaus,
sodaß jetzt sehr häufig reiche Bauherren die D. ihres
ganzen Hauses einem Künstler übertragen, und dieser
für Möbel, Stoffe, Geräte u. s. w. ebenso die Zeich-
nungen liefert als für die Malerei und Bildnerei
an Wand und Decke. - Liuhere D. nennt man die
Ausschmückung der Facaden, bei der der Umstand
der Dauerhaftigkeit gegen Wetterschäden und der
Wirkung in die Ferne mit hinzukommt. Doch bat
man auch hier an Stelle der architektonischen Glie-
derung Sgraffito (s. d.), Freskomalerei (s. d.),
Stuckierung und andere früher schon angewendete
und erprobte Dekorationsverfahren vielfach in An-
wendung gebracht. Sogar die kostspieligen Glas-
mosaiken sind wieder in Gebrauch gekommen. -
Vgl. Ewald, Farbige D. (Berl. 1882 fg.); Luth-
mcr, Werkbuch.des Tapezierers (ebd. 1884-87);
dcrs., Malerische Innenräume moderner Wohnungen
(2 Serien, Frantf. 1884-80); ders., Malerische
Innenräume aus Gegenwart und Vergangenheit
(cbd. 1888); Hirtb, Das deutsche Zimmer (3. Aufl.,
Münch. 1886); Gurlitt, Im Bürgerhaus (Dresd.
1888); Dupont-Auberville, Sammlung von D.
(deutsch Stuttg. 1881); Schwinghammer, Moderne
D. (Ravensb. 1891-93). Insbesondere über De-
korationsmalerei vgl. Audslcy, Dekorative Wand-
malerei des Mittelaltcrs (Stuttg. 1883); Plasond-
und Wanddclorationen, hg. von Hölzel und Völkel
l6Lfgn., Wien 1883 -86); Zander, Moderne D.
(3. Aufl., Bcrl. 1891); Geiis-Didot und H. Laf-
filee, I^n. p6intui'6 äecoi'Htivo 6u I'i'g.ucL äu XI^
an XVI" Lieds (60 farbige Foliotafeln, Par. 1891);
Das Dcutfche Malerjournal (Stuttg. 1876 fg.).
Unter D. (Theaterdekoration) versteht man
auch die Ausstattung der Bühne durch Coulissen,
Sosfitten, Vcrsatzstücke, Hintergründe (Prospekte)
u. s. w., welche dazu dienen, den täuschenden Schein
der scenischen Ortlichkeit hervorzurusen (s. Theater).
Die größten Meister der D. waren die Bologneser
des )8. Iabrh., namentlich die Htaler- und Archi-
tektcnsamilicn Galli Vibiena, Aldobrandini, Mauri
u. a. Später genoß Servandoni den größten Ruhm
(um 1750). Im 19. Jahrh, haben Schinkel, Gropius,
de Pian, Ncefe, Quaglio, I. Hosfmann, Brioschi,
Kautzky, Brüctner u. a. Hervorragendes darin ge-
leistet. - Über die D. der Straßen bei festlichen
Gelegenheiten s. Festdekoration. - Endlich bedeutet
D. auch jede Ordensauszcichnung.
Dekorationsmalerei, s. Dekoration.
Dekorationspflanzen, s. Pflanzcndekoration.
Dekorierter Stil (engl. äecoi-Äteä Ltilch, Bau-
stil der Hochgotik in England, wie er etwa von 1320
bis 1400 angewendet wurde (f. Englifche Kunst).
Dekort (frz. äkäuction oder i'6ini86), eigentlich
ein Abzug vom Betrage einer Ware wegen schlech-
ten Ausfalls derfelben, in Hamburg soviel wie Dis-