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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Delbrück; Delcredĕre; Delcredĕreconto; Deleātur; Delécluze

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Delbrück (Max Emil Julius) - Delécluze

Preußen einen Vertrag über Vereinigung mit dem Zollverein einzugehen, wurden die für das österr. Interesse gewonnenen süddeutschen Staaten genötigt, 4. April 1853 den erweiterten Zollvereinsvertrag für weitere 12 Jahre zu unterzeichnen. Ein weiteres Verdienst D.s war der Abschluß des Handelsvertrags mit Frankreich (1862), in welchem dieses alle England und Belgien gewährten Begünstigungen auch dem Zollvereine zugestand. Auch diesem Vertrage gegenüber versuchte Österreich im Bunde mit den süddeutschen Staaten das alte Spiel von 1851, jedoch D.s Handelspolitik, die der inzwischen ins Amt getretene Ministerpräsident von Bismarck in Schutz nahm, siegte über jeden Widerstand. Handelsverträge mit England und Belgien und 1865 mit Italien folgten. Die zeitgemäße Umgestaltung der Zollvereinsverträge hatte nach den Erfolgen des J. 1866 keine Schwierigkeit zu überwinden. Die Errichtung eines Zollbundesrats und Zollparlaments ermöglichte die Bildung verbindlicher Mehrheitsbeschlüsse, erleichterte dadurch die weitern Abschlüsse von Handelsverträgen, Tarifreformen u. s. w. und gab gleichzeitig D., der 12. Aug. 1867 zum Präsidenten des Bundeskanzleramtes ernannt worden war, Gelegenheit, seine staatsmännische Begabung auch auf parlamentarischem Gebiete zur Anerkennung zu bringen. Als Präsident des Bundeskanzleramtes hatte er zugleich als Stellvertreter des Bundeskanzlers sowie als sein Bevollmächtigter bei allen auf die deutsche Politik bezüglichen Fragen zu fungieren. 1868 wurde er zum Mitglied des preuß. Staatsministeriums ernannt und übte durch seine klare, objektive und geschäftliche Behandlung der zur Diskussion gestellten Fragen einen entscheidenden Einfluß auf die Beschlüsse der Volksvertretung aus. Im Okt. 1870 ging D. in diplomat. Mission an die süddeutschen Höfe, um die endliche polit. Einigung Deutschlands herbeizuführen, und seiner dortigen Thätigkeit ist der Abschluß der Versailler Verträge vom 15., 23. und 25. Nov. 1870, bei deren Aufstellung er in hervorragender Weise mitwirkte, wesentlich zu danken. Auch in dem 1871 zum Reichskanzleramt umgewandelten Bundeskanzleramt blieb D. Präsident. Im Abgeordnetenhause vertrat er in den Sessionen von 1874 und 1875 den ersten Wahlkreis des Regierungsbezirks Köslin, Lauenburg-Bütow-Stolp, legte jedoch vor Abschluß der Legislaturperiode sein Mandat nieder, weil dasselbe zu sehr mit seiner Amtswirksamkeit kollidierte. Von der Universität Leipzig wurde er 1873 honoris causa zum Doktor der Rechte ernannt. Am 1. Juni 1876 trat D. unter Berufung auf seine angegriffene Gesundheit von seiner Stellung als Präsident des Reichskanzleramtes zurück und veranlaßte dadurch den Fürsten Bismarck, der bis dahin der Autorität D.s gefolgt war, selbst die Leitung der deutschen Handelspolitik in die Hand zu nehmen und dieselbe mehr und mehr in schutzzöllnerische Bahnen zu lenken. Als infolge dieser Wandlung dem Reichstage 1879 ein neuer Zolltarifentwurf vorgelegt wurde, kehrte D. noch einmal ins öffentliche Leben zurück und bekämpfte als Reichstagsabgeordneter des Wahlkreises Jena (1879‒81) die neue Wirtschaftspolitik, lehnte jedoch nach Ablauf der Session jede Wiederwahl ab. Schriftstellerisch trat er auf 1857 durch eine anonyme Monographie «Der Zollverein und das Tabakmonopol» und 1881 mit einer staatsrechtlichen Untersuchung «Der Artikel 40 der Reichsverfassung».

Delbrück, Max Emil Julius, Agrikulturchemiker, Bruder von Hans D., geb. 16. Juni 1850 zu Bergen auf Rügen, studierte in Berlin und Greifswald Chemie, übernahm 1874 in Berlin die Gründung und Leitung des mit der Landwirtschaftlichen Hochschule in Beziehung stehenden und zu großer Bedeutung gelangten Instituts für Gärungsgewerbe und wurde 1887 auch Lehrer an der Landwirtschaftlichen Hochschule. Seit 1877 ist er Mitglied des Patentamtes. Mit Märcker giebt D. die «Zeitschrift für Spiritusindustrie», mit Hayduck die «Wochenschrift für Brauerei» heraus. D.s wissenschaftliche Arbeiten betreffen vorzugsweise die Physiologie der Hefe und ihre Anwendung auf die Praxis der Gärungsgewerbe.

Delcredĕre (ital.; franz. Ducroire; engl. Guarantee, Delcredere), in der Handelssprache die vertragsmäßig übernommene Gewährleistung für den Eingang einer Forderung, z. B. die von einem Vertreter (Agenten, Handlungsreisenden) übernommene Haftung für die Forderungen aus den durch sie abgeschlossenen Geschäften. Der Kommissionär (s. d.) steht nach dem Deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 370) für die Zahlung oder die anderweitige Erfüllung der Verbindlichkeit seiner Kontrahenten ein, wenn dies von ihm übernommen oder am Ort seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist. D. stehen bedeutet demnach die Übernahme einer solchen Garantie. Für die Gewährleistung selbst wird eine Vergütung in Prozenten vom Werte des betreffenden Gegenstandes bewilligt. D. oder Delcredere-Provision heißt dann auch diese für das gedachte Gutsagen gewährte Entschädigung, deren Höhe je nach dem Umfang der Gefahr, d. h. nach der Länge der Kreditfrist, dem Kreditgesetze, der größern oder geringern Rechtssicherheit des betreffenden Landes und dem Vertrauen in dessen Handelsstand, verschieden ist. In Deutschland schwankt das D. bei Warenverkäufen zwischen 1‒3 Proz. Bisweilen wird das D. nur für einen gewissen Teil der Forderung, z. B. bis zu 20 Proz. übernommen. In England rechnet bei Lieferungsgeschäften in ausländischen Produkten, welche noch unterwegs sind, der Makler außer seiner Courtage ein mit dieser gleich hohes D. (½ Proz.) an, indem er sich für die Zahlungsfähigkeit des Käufers verbürgt.

Delcredĕreconto, auch Delcrederefonds, der Regel nach die Bezeichnung für einen Passivposten in der Bilanz von zur Erhaltung ihres Grundkapitals verpflichteten Gesellschaften, der die Stelle der gesetzlich vorgeschriebenen Minderbewertung der ausstehenden Forderungen wegen voraussichtlicher Ausfälle vertritt. Diese Forderungen erscheinen bei Einsetzung eines solchen Contos entsprechend seiner vorwiegenden Bedeutung unverkürzt auf der Aktivseite. Die Bezeichnung beruht auf der Fiktion, als übernehme die Gesellschaft selbst für den richtigen Eingang der Forderungen die Bürgschaft, das Delcredere. Besteht aber, wie nicht selten, neben der Minderbewertung der Forderungen für Ausfälle auf der Aktivseite noch ein D. auf der Passivseite, so begründet dasselbe die Bildung von Rücklagen aus dem Gewinne für den Fall außergewöhnlicher Verluste an den ausstehenden Forderungen. Es handelt sich alsdann um einen besondern Reservefonds (s. d.). (S. auch Abschreibung.)

Deleātur (lat.), s. Del.

Delécluze (spr. -klühs’), Etienne Jean, franz. Kunstkritiker, geb. 1781 zu Paris, studierte unter