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Einstehen - Einstweilige Verfügung
Einstehen, Bezeichnung für die freiwillige Stellvertretung eines Wehrpflichtigen durch einen andern.
Entweder stellt derjenige, der seiner Dienstpflicht nicht selbst genügen will, einen Vertreter und findet sich mit ihm gegenseitig
ab, oder der Staat übernimmt gegen Zahlung einer bestimmten Summe die Beschaffung eines Stellvertreters. Derjenige, der
sich vertreten läßt, wird Einsteller, sein Stellvertreter Einsteher genannt. In Staaten, wo die
allgemeine Wehrpflicht gilt, ist das E. untersagt. – Über das E. in der Jägerei, s. Einschwingen.
Einsteigschächte oder Revisionsbrunnen, gemauerte Schächte
von rechteckigem, auch elliptischem oder kreisförmigem Querschnitt, um Zugänge zu den Thonröhren oder Kanälen der
Kanalisationsanlagen zu erhalten zwecks Revision oder auch zur Herausschaffung von Sand u. dgl. Sie sind mit Steigeisen in den
Wandungen, ferner oben mit einem in das Pflaster der Straßen eingefügten Deckel versehen.

Figur 1 und 2:
Vorstehende Fig. 1 zeigt die Heidelberger, Fig. 2 die Berliner Konstruktion der E.
Einstellung. Die E. zum aktiven Dienst beendet die Aushebung der Militärpflichtigen. Der Zeitpunkt der
E. wird alljährlich bestimmt, die rechtzeitige Einberufung ist Sache der Bezirkskommandos (Deutsche Wehrordnung von 1888,
§. 80 fg.).
Einstellung
des Konkursverfahrens, nach der Deutschen Konkursordnung eine besondere Art der
Beendigung desselben, welche dieselben Wirkungen hat, wie die nach Abhaltung des Schlußtermins oder Bestätigung eines
Zwangsvergleichs erfolgende Aufhebung des Konkursverfahrens (s. d.). Bei
dem Konkurs über das Vermögen einer eingetragenen Genossenschaft ist die E. auf Grund der Zustimmung der Gläubiger nach
§. 109, Abs. 2 des Reichsgesetzes vom 1. Mai 1889 erst dann zulässig, wenn der Vollzug der Schlußverteilung begonnen hat.
(S. auch Genossenschaft im Konkurs.)
Einstellung
des Strafverfahrens. Die E. steht im Vorbereitungsverfahren der Staatsanwaltschaft zu.
Sie stellt das Verfahren ein, wenn die von ihr angestellten Ermittelungen keinen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen
Anklage gegeben haben. Der Beschuldigte ist von der E. in Kenntnis zu setzen, wenn er vom Richter vernommen oder verhaftet
war. Einen Antragsteller hat die Staatsanwaltschaft unter Angabe der Gründe zu bescheiden. Soweit er durch die strafbare
Handlung verletzt ist, steht ihm gegen diesen Bescheid binnen zwei ↔ Wochen die Beschwerde an den
vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft und gegen dessen ablehnenden Bescheid binnen einem Monat der – von einem
Rechtsanwalt zu unterzeichnende – Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu, für welchen in der Regel das Oberlandesgericht
zuständig ist. Ist Voruntersuchung geführt worden, so hat das Gericht, falls es nicht das Hauptverfahren eröffnet, den
Angeschuldigten außer Verfolgung zu setzen oder (wegen Abwesenheit und Geisteskrankheit) das Verfahren vorläufig
einzustellen. Ist das Hauptverfahren eröffnet, so muß auf E. des Verfahrens erkannt werden, wenn der bei einem Antragsdelikt
erforderliche Antrag nicht vorliegt oder rechtzeitig zurückgenommen ist. Auch bewirkt in der Regel der Tod des Privatklägers die
E. des Verfahrens. Vgl. §§. 168 fg., 196, 203, 208, 259, 433 der Deutschen Strafprozeßordnung.
Nach der Österr. Strafprozeßordnung (§8–109 fg.) ist die Voruntersuchung, sobald der Ankläger das Begehren nach
strafgerichtlicher Verfolgung zurückzieht oder auf E. der Voruntersuchung anträgt oder erklärt, daß er keinen Grund zur weitern
gerichtlichen Verfolgung finde, durch Verfügung des Untersuchungsrichters einzustellen; außerdem kann die E. der
Voruntersuchung nur durch Beschluß der Ratskammer oder des Gerichtshofs zweiter Instanz erfolgen. Dem Beschuldigten ist
auf sein Verlangen zu bezeugen, daß kein Grund zur weitern gerichtlichen Verfolgung gegen ihn vorhanden sei.
Einsteuer (frz. impôt unique), das System, alle Staatsausgaben
durch eine einheitliche direkte Einkommen- oder Ertragssteuer zu decken. Der Gedanke ist nicht neu; schon Marschall Vauban
vertrat ihn in seinem «Projet d’une dime royale» (1707); später wollten die Physiokraten (s. Physiokratismus)
eine einzige Grundsteuer eingeführt wissen. Auch in unserm Jahrhundert taucht der Plan einer E. in der finanzwissenschaftlichen
Litteratur öfters auf. Bekannt ist die socialistische Forderung einer einzigen progressiven Einkommensteuer an Stelle aller
bestehenden, insbesondere auch der indirekten Steuern. In größern Gemeinwesen mit sehr verschiedenartigen
Einkommensquellen dürfte der Plan praktisch undurchführbar sein.
Einstreichen sagt man in der Jägersprache von niederm Federwild, das in die Netze und Garne
fliegt; von den Rebhühnern auch, wenn sie einfallen (sich niederlassen).
Einstweilige Verfügung, eine gerichtliche Maßregel, die nach der Deutschen Civilprozeßordnung zu
zwiefachem Behufe zulässig ist.
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1) Zur Sicherung der künftigen Zwangsvollstreckung. In dieser Beziehung ist die E.V. dem
Arreste (s. d.) verwandt: sie ist von diesem jedoch insofern unterschieden, als letzterer
auf Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer wirklichen oder möglichen Geldforderung, sie selbst aber auf Sicherung der
Zwangsvollstreckung wegen einer Individualleistung (d. h. des Streitgegenstandes) geht. Voraussetzung für den Erlaß einer
derartigen E. V. ist die Besorgnis, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts auf
die Individualleistung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, z. B. bei dem Anspruch auf Herausgabe einer Sache
durch Vernichtung oder Beseitigung derselben, oder bei einer Hypothek durch
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 818.