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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Encyklopädie

der Wissenschaften" (Jena 1811) gebotenen Stoff verarbeitete Schaller zu einer "E. und Methodologie der Wissenschaften" (Magdeb. 1812) für Studierende. Manches Eigene bieten Jäsches "Einleitung zu einer Architektonik der Wissenschaften" (Riga 1818) und von Kronburgs "Allgemeine Wissenschaftslehre" (Berl. 1825). Je mehr auf allen Forschungsgebieten das Princip der Arbeitsteilung zu praktischer Durchführung gelangte, um so weniger blieb dem Einzelnen die Möglichkeit, über das ganze Reich des Wissenswürdigen einen systematischen Überblick zu erwerben, und um so geringer ward auch die Zahl der Werke, die E. im Sinne einer Wissenschaft für sich zum Gegenstande haben. Doch sind Kirchners "Akademische Propädeutik" (Lpz. 1842) und "Hodegetik" (ebd. 1852) von einigem Verdienst, und mannigfachen Nutzen gewährt A. A. E. Schleiermachers "Bibliogr. System der gesamten Wissenschaftskunde" (2 Tle., Braunschw. 1852).

Viel reicher als die Litteratur dieser systematischen Lehrbücher ist die der Realwörterbücher, deren alphabetische Anordnung nicht ein zusammenhängendes Studium, sondern augenblickliche Belehrung im einzelnen Falle durch Nachschlagen eines kleinern Artikels bezweckt. Die große Reihe der encytlopäd. Wörterbücher, als deren Vorläufer das griech. "Lexikon" des Suidas (s. d.) zu betrachten ist, beginnt in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. Die ältern Werke sind vorzugsweise histor., geogr. und biogr. Inhalts; so vor allem Moréris "Grand dictionnaire historique" (Lyon 1674; 29. Aufl., 10 Bde., Par. 1759) und Bayles "Dictionnaire historique et critique" (2 Bde., Rotterd. 1697 u. ö.) in Frankreich; ferner in Italien Coronellis auf 45 Bände berechnete, aber unvollendet gebliebene "Biliotheca universale" (Bd. 1-7, Vened. 1701), und in Deutschland J. J. Hoffmanns fleißig gearbeitetes "Lexicon universale" (2 Bde., Bas. 1677; Supplemente, 2 Bde., 1683; neue Auflage des Ganzen, 4 Bde., Leid. 1698). Das umfangreichste aller bis dahin veröffentlichten Werke dieser Art war jedoch das von J. P. von Ludewig, dann von Frankenstein, Longolius u. a. herausgegebene "Große vollständige Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste" (64 Bde. und 4 Bde. Supplemente, Lpz. 1732-54), das nach seinem Verleger gewöhnlich das Zedlersche Lexikon genannt wird und in einzelnen Fächern, besonders in der Genealogie, noch jetzt Brauchbares enthält. Ferner haben wir die mehr encyklopäd. "Wörterbücher der Wissenschaften und Künste", unter denen in Frankreich die von Furetière (1690 u. ö.) und Thomas Corneille (1694 u. ö.), in England das "Lexicon technicum" von Harris (1704 u. ö.) und die berühmte "Cyclopaedia" (seit 1728) von Ephraim Chambers, in Deutschland Jablonskis "Allgemeines Lexikon der Künste und Wissenschaften" (Lpz. 1721; zuletzt hg. von Schwabe, 2 Bde., Königsb. 1767) die namhaftesten sind.

Epochemachend in der Geschichte der encyklopäd. Litteratur wurde die von Diderot und d'Alembert herausgegebene "Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences", ein Werk, welches das wissenschaftliche Material im Geiste der Zeit aufzufassen und die philos. Weltanschauung des 18. Jahrh. zur Geltung zu bringen bestrebt war. Es erschien zuerst in Paris 1751-72 in 28 Foliobänden (worunter 11 die Kupfer enthalten); ein "Supplément" folgte (Amsterd. 1776-77) in 5 und eine "Table analytique et raisonnée des matières" (Par. 1780) in 2 Bänden. In mehrern spätern Ausgaben (z. B. 39 Bde., Genf 1777; 36 Bde., Lausanne 1778; 58 Bde., Yverdun 1770-80, mit Zusätzen von Fortunate de Félice) sind die Supplemente gehörigen Ortes eingeschaltet. Das Werk wurde überall mit Begeisterung aufgenommen und sicherte nicht nur den Herausgebern, sowie den vorzüglichsten Mitarbeitern, die man Encyklopädisten (s. d.) nennt, einen Platz in der Geschichte der Philosophie, sondern gab auch Veranlassung, daß von nun an der Name E. für ähnliche Wörterbücher allgemein in Anwendung kam und daß in Frankreich, England und Deutschland umfangreiche encyklopäd. Werke von höherer wissenschaftlicher Bedeutung begonnen wurden.

Auf das Werk Diderots unmittelbar begründet war die "Encyclopédie méthodique ou par ordre de matières" (166 Bde. Tert und 51 Bde. Kupfer, Par. 1782-1832), die Panckoucke und Agasse verlegten und die in einer Reihe von Wörterbüchern über die einzelnen Wissenschaften besteht. In Deutschland erschien zunächst die "Deutsche E." (Bd. 1-23 [A bis Ky], Frankf. 1778-1804), von Köster und Roos geleitet, die aber unvollendet blieb. Von wissenschaftlich bedeutend höherm Werte als die genannten ist die von der Verlagshandlnng Joh. Friedr. Gleditsch zu Leipzig und den Professoren Ersch und Gruber in Halle 1818 begründete "Allgemeine E. der Wissenschaften und Künste", die 1831 in den Verlag von F. A. Brockhaus überging und von der bis 1890 167 Bände erschienen (1. Sektion, A-G, 99 Bde., 1818-82; 2. Sektion, H-N, Bd. 1-43, 1827-90; 3. Sektion, O-Z, Bd. 1-25, 1830-50). Ferner ist an dieser Stelle zu erwähnen die von Krünitz begonnene, dann von F. J. Flörke, hierauf von H. G. Flörke, zuletzt von Korth und E. O. Hoffmann fortgesetzte "Okonomisch-technolog. E." (242 Bde., Berl. 1773-1858), die sich bald nicht mehr auf Ökonomie und Technologie beschränkte, sondern zu einer allgemeinen E. wurde; endlich die "Deutsche E." (nur 3 Bde. [bis "Dalmatica"] erschienen, Lpz. und Berl. 1885-89).

Besonders reich ist die engl. Litteratur an umfassenden E. von wissenschaftlichem Wert, die sich namentlich durch gediegene technische und naturwissenschaftliche Artikel auszeichnen. Am meisten geschätzt sind die "Encyclopaedia Britannica" (zuerst von Smellie bearbeitet, 3 Bde., Edinb. 1771; 8. Aufl., 21 Bde., 1853-60; 9. Aufl., 21 Bde. und 1 Bd. Index, 1875-89), an der die namhaftesten engl. und deutschen Gelehrten mitgearbeitet haben, die von Rees geleitete "Cyclopaedia" (45 Bde., Lond. 1802-19), Brewsters "Edinburgh Encyclopaedia" (18 Bde., Edinb. 1810-30) und Smedleys teils systematisch, teils alphabetisch geordnete "Encyclopaedia Metropolitana" (30 Bde., Lond. 1818-45). Außerdem ist noch unter den neuern encyklopäd. Werken in Frankreich die zunächst für Geistliche bestimmte "Encyclopédie théologique" des Abbé Migne zu erwähnen, die in mehr als 90 besondere Wörterbücher zerfällt und 1844-66 zusammen in 171 Bänden zu Petit-Montrouge (bei Paris) erschien.

Ein neuer vorzugsweise auf volkstümliche Verbreitung der wissenschaftlichen Kenntnisse gerichteter Umschwung in der Litteratur der encytlopäd. Wörterbücher begann mit dem von Friedrich Arnold Brockhaus (s. d.) im ersten Viertel des 19. Jahrh. begün-