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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Faustriemen; Fausts Höllenzwang; Faustŭlus; Faute; Fauteuil; Fautfracht; Fautor; Fauvel; Faux; Favāra

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Faustriemen – Favara

land zur Zeit des Interregnums (s. d.). Das F. war ein Mißbrauch des Fehderechts (s. Fehde).

Faustriemen (frz. dragonne), ein am Bügel der Hiebwaffe befestigter Riemen, der, um das Handgelenk des Reiters geschlungen und mittels eines Schiebers befestigt, verhindern soll, daß die Waffe im Handgemenge dem Reiter entfällt; auch erlaubt sie diesem von seiner Feuerwaffe Gebrauch zu machen, ohne die Hiebwaffe vorher in die Scheide stecken zu müssen. In vielen Heeren dient der mit Troddeln verschiedener Farben versehene F. zugleich als Abzeichen gewisser Formationseinheiten. In letzterm Sinne kommt der F. unter dem Namen Säbeltroddel auch bei der Infanterie vor. Der F. der Offiziere und einiger Unteroffizierklassen ist in den meisten Heeren von Silber- oder Goldgeflecht und wird Portepee genannt.

Fausts Höllenzwang, schwarzer Rabe, großer und gewaltiger Meergeist, Mirakulkunst und Wunderbuch u. s. w., Titel einer Reihe alberner Zauberbücher, die ihre meist sinnlosen Beschwörungsformeln («Charaktere») dadurch empfehlen wollen, daß sie den Schwarzkünstler Faust (s. d.) als deren Verfasser und Benutzer ausgeben. Einige deutsche druckt Scheibles «Kloster», Bd. 2 u. 5 (Stuttg. 1846‒47), ab. Ein handschriftliches Exemplar mit Zubehör, d. h. einem sog. Erdspiegel und Streifen aus Jungfernpergament (von ganz jungen Böcken), befindet sich im Welfenmuseum zu Hannover.

Faustŭlus, in der röm. Sage der Hirt, der die am Tiber ausgesetzten Zwillingsbrüder Romulus und Remus aufnahm (s. Acca Larentia).

Faute (frz., spr. foht), Fehler, Versehen; Schuld; adjektivisch: aus Mangel; F. d’argent (spr. darscháng), aus Mangel an Geld; F. de mieux (spr. mĭöh), in Ermangelung eines Bessern.

Fauteuil (frz., spr. fotöj, aus dem mittellat. faldistolium, s. Faltstuhl), Armsessel, Lehnstuhl, Präsidentenstuhl.

Fautfracht (frz. faute de fret, «mangels Fracht»), im Seefrachtgeschäft derjenige Teil der bedungenen Fracht, welchen der Verfrachter zu fordern berechtigt ist, wenn der Befrachter, die vertragsmäßige Lieferung der Ladung unterlassend, vom Frachtvertrage zurücktritt. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen müßte in solchem Falle der Befrachter dem Verfrachter die ganze bedungene Fracht zu zahlen haben unter Abzug der vom Verfrachter während der fraglichen Zeit etwa anderweitig verdienten Fracht. Im Interesse des Handels aber, um den Kaufmann in seinen Spekulationen nicht zu sehr zu beengen, hat sich der Grundsatz Geltung verschafft, daß der Befrachter, wenn er vor Antritt der Reise den Frachtvertrag kündigt, nur einen Teil der Fracht zu entrichten habe. Dieser Grundsatz ist in den meisten neuern Gesetzgebungen, freilich mit Abweichungen über den Zeitpunkt, bis zu welchem der Befrachter den Rücktritt erklären darf, angenommen. Abweichend insbesondere das engl. Recht, welches ein Rücktrittsrecht des Befrachters gegen Zahlung einer gesetzlich festgesetzten Entschädigung nicht anerkennt, sondern im einzelnen Falle die Höhe der Entschädigung unter Berücksichtigung der Umstände des Falles feststellen läßt, wobei principiell der Schaden dem Betrage der Fracht abzüglich der Unkosten der Reise und eines etwaigen anderweitigen Frachtverdienstes gleichgestellt wird. Nach dem Deutschen Handelsgesetzbuch kann bei der Verfrachtung des ganzen Schiffs der Befrachter vor Antritt der Reise von dem Vertrage zurücktreten unter der Verpflichtung, die Hälfte der bedungenen Fracht als F. zu zahlen. Die Reise gilt schon dann als angetreten, wenn der Befrachter den Schiffer abgefertigt hat, oder wenn er die Ladung bereits ganz oder zum Teil geliefert hat und die Wartezeit verstrichen ist. Nachdem die Reise angetreten ist, kann der Befrachter nur gegen Berichtigung der vollen Fracht sowie der sonstigen Forderungen des Verfrachters vom Vertrage zurücktreten und Wiederausladung der Güter verlangen. Nur dann kann der Befrachter sich statt Zahlung der vollen Fracht durch Zahlung von zwei Dritteln derselben als F. befreien, wenn das Schiff zugleich auf Rückladung verfrachtet war und der Rücktritt vor Antritt der Rückreise erklärt wird, oder wenn das Schiff behufs Einnahme der Ladung nach einem andern Hafen segeln mußte und der Rücktritt vor Antritt der Reise aus diesem Abladungshafen erklärt wird. Auf die F. wird die Fracht, welche der Verfrachter anderweitig verdient, nicht abgerechnet. Nur bei zusammengesetzten Reisen soll, wenn der Rücktritt vor Antritt des letzten Reiseabschnittes erklärt ist, für anderweitigen Frachtverdienst unter Umständen eine angemessene Quote von der vollen Fracht in Abzug gebracht werden. Wenn der Frachtvertrag nicht das ganze Schiff, sondern einen verhältnismäßigen Teil oder bestimmten Raum desselben oder den Transport von Stückgütern zum Gegenstande hat, so muß der zurücktretende Befrachter regelmäßig die volle Fracht bezahlen. Es kommt jedoch von derselben die Fracht für diejenigen Güter in Abzug, welche der Verfrachter an Stelle der nicht gelieferten angenommen hat (Deutsches Handelsgesetzbuch Art. 581‒590).

Fautor (lat.), Gönner, Begünstiger, Beförderer; F. delicti, Begünstiger eines Verbrechens.

Fauvel (spr. fowéll), Sulpice Antoine, franz. Mediziner, geb. 1813 in Paris, studierte daselbst, wurde 1847 Sanitätsbeamter in Konstantinopel, 1848 Mitglied des türk. Reichssanitätsrats, kehrte 1866 nach Paris zurück und wurde hier Generalinspektor des franz. Sanitätswesens. Er starb als Vizepräsident der Akademie der Medizin 5. Nov. 1884. F. hat sich besonders um die Epidemiologie verdient gemacht. Seine Arbeiten über die orient. Pest, die Cholera und Typhus waren epochemachend; die Quarantänevorschriften der meisten Staaten sind nach seinen Vorschlägen verfaßt. Seine Hauptarbeiten sind: «Le choléra, étiologie et prophylaxie» (Par. 1868), «Rapports sur l’organisation du service des quarantaines en Turquie» (ebd. 1873) und «Règlement général de police sanitaire maritime» (ebd. 1876).

Faux (frz., spr. foh), falsch, unecht, nachgemacht; faux bourdon (spr. burdóng), s. Falso bordone; faux ménage (spr. menahsch’), wilde Ehe; faux pas (spr. pa), Fehltritt, Versehen; faux titre (spr. titr), Schmutztitel. (S. auch Fausse.) F. incident civil ist im franz. Civilprozeß das Verfahren, in welchem gegen eine öffentliche Urkunde der Beweis der Fälschung geführt wird, beginnend mit einer Erklärung auf der Gerichtsschreiberei (inscription en faux); F. criminel, strafrechtliches Verfahren wegen Urkundenfälschung.

Favāra, Stadt in der ital. Provinz und im Kreis Girgenti auf Sicilien, 10 km im O. von Girgenti und 15 km vom Meere, in 325 m Höhe, hat (1681) 16051 E., an dem Hauptplatze ein Schloß der