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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gastold; Gaston; Gaston von Orléans; Gastr; Gasträatheorie; Gastralgie; Gastrălgie; Gastrecht

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Gastold – Gastrecht

Intermezzos) mußten sehr lange dauern, sehr bedeutend wirken und sehr viel kosten, waren aber sehr nach dem Geschmack der ritterlichen Gesellschaft im 14., 15. und 16. Jahrh.; denn sie wiederholen sich bei jeder Gelegenheit und werden von den gleichzeitigen Geschichtschreibern mit Umständlichkeit beschrieben. Die heutigen fürstl. Ceremonientafeln mit ihren Hofdiensten und selbst die jetzigen großen Diners stammen von den mittelalterlichen Banketten her und tragen auch noch sichtbare Merkmale ihrer Abkunft an sich. German. Sitte war es, im Gegensatze zur romanischen, daß die Geschlechter die Mahlzeiten getrennt einnahmen; bei den Skandinaviern war für die Frauen ein bestimmter Platz an den Giebelseiten des Hauses, während die Männer in der Mitte der Halle saßen; das paarweise Essen ist nach Deutschland aus Frankreich gekommen. (S. auch Gastronomie.) – Vgl. Schultz, Höfisches Leben zur Zeit der Minnesänger, Bd. 1 (Lpz. 1879), S. 280‒344; Weinhold, Die deutschen Frauen im Mittelalter, Bd. 2 (Wien 1882).

Gastold, ehemals ein berühmtes litauisches Geschlecht, das schon im 13. Jahrh. genannt wird. Peter G., Starost von Podolien, trat unter der Regierung Gedimins (s. d.) zum Christentum über. Dorge und Prehind G. unterzeichneten 1401 die Union Litauens mit Polen. Michael G., Stallmeister von Litauen, und sein Bruder, Schatzmeister von Litauen, wurden 1509 der Teilnahme an dem Verrat Glinskijs (s. d.) verdächtigt, aber als unschuldig befunden. Der letzte des Geschlechts war Stanislaus G., Woiwode von Troki, der 1542 kinderlos starb; seine junge Witwe, Barbara Radziwill, wurde dann die Gemahlin des Königs Sigismund August von Polen.

Gaston (spr. -óng), Grafen von Foix, s. Foix.

Gaston von Orléans, s. Orléans, Jean Baptiste Gaston, Herzog von.

Gastr…, Gastero…, Gastro… (vom grch. gastēr, Bauch, Unterleib), den Bauch oder Magen betreffend, darauf bezüglich, Bauch…, Magen…

Gasträatheorie, eine von Haeckel aufgestellte entwicklungsgeschichtliche Theorie. Nach den wesentlich durch Cuvier begründeten Anschauungen sind die in dem Tierreiche vorkommenden Grundformen oder «Typen» (Wirbeltiere, Arthropoden, Radiaten u. s. w.), deren einzelne Gattungen unter sich sämtlich in inniger Verwandtschaft stehen, durch kein Vermittelungsglied miteinander verbunden, sodaß die Lehre von den allgemeinen Verwandtschaftsverhältnissen der Tiere bis dahin verschiedene Grundformen annahm, aus welchen die Träger jener Typen sich entwickelt hätten (polyphyletischer Stammbaum). Nach den Lehren Haeckels liegt allen Typen der vielzelligen Tiere eine und dieselbe Grundform: «Gastraea» (s. Gastrula) zu Grunde (monophyletischer Stammbaum). Haeckel nimmt somit an, daß alle Tiere (mit Ausnahme der Protozoen) aus dieser gemeinsamen Urform hervorgegangen seien, die denselben Bau besessen habe, wie jene bei Tieren verschiedenster Klassen beobachtete, auf die Morulaform folgende Gastrula. Bei der von Haeckel angenommenen Gastraea, deren Gesamtkörper zeitlebens nur aus den primären Keimblättern bestand, vertrat das äußere Hautblatt (Ektoderm) sämtliche animalen, das innere Blatt (Entoderm) sämtliche vegetativen Organe und Funktionen. Der Nachweis der G. würde identisch sein mit dem Nachweise der Descendenzlehre. Die Gegner der G. bestreiten, daß wirklich bei allen Tiertypen der Körper sich aus analogen Keimblättern entwickele. Daß bei dem niedersten Typus (den einzelligen Protozoen) Keimblätter überhaupt nicht vorkommen und nicht vorkommen können, eben weil die ihm angehörigen Tiere einzellig sind, hebt Haeckel selbst hervor und unterscheidet: Protozoen, d. i. Urtiere ohne Dotterfurchung, ohne Keimblätter u. s. f., und Darmtiere, Metazoen, d. i. alle übrigen Tiere: Abkömmlinge der Gastraea.

Gastrălgie (grch.), Magenweh, Magenschmerz, namentlich nervöser. (S. Magenkrampf.)

Gastrecht geht aus der Gastfreundschaft (s. d.) hervor, bedingt diese aber auch entweder infolge allgemeiner ethischer und religiöser Anschauungen oder besonderer Vorschriften und Verträge. Solches Recht erscheint, durch Sitte und Herkommen geheiligt, bei den Naturvölkern wie auch den Kulturvölkern des Altertums zunächst als natürliches Postulat, das auch wohl durch Ceremonien und Symbole ausdrücklich anerkannt wird. Besonders mit dem Salz verwebt sich von alters her der Begriff der Gastlichkeit und Treue. Wie noch heutzutage bei slaw. Völkern der Eintretende mit entgegengetragenem Brot und Salz willkommen geheißen wird, so beruft sich der Araber bei Streitigkeiten darauf, daß der Gegner mit ihm Brot und Salz gegessen habe. War bei den Griechen der Fremdling als Gast aufgenommen, so stand er unter dem Schutze des Zeus Xenios und hatte das Recht, von dem Gastfreunde Schutz gegen jede Gefährde zu fordern. Dies Verhältnis beruhte indessen lediglich auf religiösen Anschauungen. Durch die Proxenie wurde es aber zu einem wirklich rechtlichen, indem Gastfreunde (próxenoi) von Staats wegen bestellt wurden: es waren das Bürger, die von einem auswärtigen Staate oder Fürsten beauftragt waren, die Angehörigen dieses auswärtigen Staates gastlich aufzunehmen, ihre Rechte zu wahren und überhaupt ihnen mit Rat und That beizustehen, also Konsuln, Residenten. In der Regel gehörten sie dem Staate an, in dem sie als próxenoi fungierten.

Bei den Römern entwickelte sich das G. (hospitium) in ähnlicher Weise, nur daß hier die Schutzpflicht für diejenigen, die sie übernommen hatten, oft nur eine bloße Ehrenbezeigung von seiten der Auftraggeber in sich schloß. Auch zwischen Individuen und einzelnen Familien wurde vertragsmäßig das G. begründet, man gab sich wechselseitig Geschenke (Gastgeschenke, xenia), tauschte die Erkennungszeichen (symbola, tesserae hospitales): die Teile eines zerbrochenen Ringes, die ineinander paßten, Täfelchen u. dgl., aus und vererbte diese, wenn das G. auf die Nachkommen übergehen sollte, vom Vater auf den Sohn. Das Verhältnis konnte ordnungsmäßig nur durch förmliche Aufkündigung gelöst werden. Mit der Entwicklung des Verkehrs entwickelte sich auch das Wirtshauswesen, und die Gastfreundschaft erhielt zum Teil andere Formen, besonders auch durch die Einwirkung des Christentums. Die Dienstbeflissenheit gegen Fremde, namentlich reisende Christen, war Christenpflicht, ein Teil des kirchlichen Almosens ward auf die Beherbergung und Verpflegung der Fremden verwendet, und später traten an die Stelle dieser momentanen Beiträge aus dem Kirchenschatze die Hospitäler. Die reisenden Christen erhielten auch von den Bischöfen Empfehlungsschreiben zum Behufe freundlicher Aufnahme an die fremden Gemeinden mit. Von einem Recht