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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Geien; Geier

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Geien - Geier (Vogel)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Geibel'

Schleswig-Holstein und andere Dichtungen vereinigte G. in den «Juniusliedern» (Stuttg. 1848; 31. Aufl. 1893), denen später «Neue Gedichte» (ebd. 1856; 23. Aufl. 1892), «Gedichte und Gedenkblätter» (ebd. 1864; 9. Aufl. 1887), «Spätherbstblätter» (ebd. 1877; 7. Aufl. 1889), drei Sammlungen verwandten Inhalts, folgten, in denen sich der reife Ernst der G.schen Poesie und die Begabung des Dichters auch für die epische Erzählung offenbart. Eine Sammlung seiner polit. Gedichte, die hohen Idealismus stets mit edelm parteilosen Maßhalten vereinigen und von jeher für das preuß. Kaisertum eintraten, ist u.d.T. «Heroldsrufe. Ältere und neuere Zeitgedichte» (Stuttg. 1871; 5. Aufl. 1888) erschienen. Perlen der Übersetzungskunst bietet das «Klassische Liederbuch», eine Auswahl von Übersetzungen griech. und röm. Lyrik (Berl. 1875; 5. Aufl. 1888). Minder glücklich waren G.s dramat. Versuche. Sein Operntext «Lorelei» (Hannov. 1861) wurde von Mendelssohn-Bartholdy teilweise (Finale des ersten Aktes, Ave Maria und ein Winzerchor), später von Max Bruch vollständig komponiert. Dagegen haben weder sein phantastisches Lustspiel «Meister Andrea» (Stuttg. 1855; 2. Aufl. 1873) noch die Tragödien «König Roderich» (ebd. 1844), «Brunhild» (ebd. 1858; 4. Aufl. 1877) und «Sophonisbe» (ebd. 1868; 4. Aufl. 1885; 1869 mit dem Schiller-Preise gekrönt), trotz einzelner wirksamer Scenen und trotz ihres edeln Pathos einen größern Bühnenerfolg errungen, und auch das elegante Proverbe «Echtes Gold wird klar im Feuer» (Schwer. 1882) ist im Grunde undramatisch. G.s «Gesammelte Werke» erschienen in 8 Bänden (Stuttg. 1883–84; 3. Aufl. 1893); seine «Briefe an Karl Freiherr von der Malsburg» veröffentlichte A. Duncker (Berl. 1885). Eine ernste und wahrhaft fromme Religiosität ist ein Hauptzug seines Wesens und Schaffens. Wenn bei G. hier und da eine gewisse Weichheit des Gemütslebens hervortritt, so hat er sich doch auch als kraftvollen, kampfgerüsteten Dichter gezeigt, wie namentlich in den Sonetten und andern Gedichten für Schleswig-Holstein, die im kühnsten Aufschwunge dem Rechte das Wort redeten. Das klare, nie versagende, an den Alten geschulte Schönheitsgefühl, mit dem er alle seine Stoffe verklärte, macht ihn zu einer der erfreulichsten Erscheinungen unserer neuern Poesie. – Vgl. Gödeke, Emanuel G. (Bd. 1, Stuttg. 1869); Scherer, E. G. Rede (Berl. 1884); Gaedertz, E. Geibel-Denkwürdigkeiten (ebd. 1886); Litzmann, E. G. (ebd. 1887).

Geien, auch Gaien, s. Geitaue.

Geier (Vultures), Gruppe der Tagraubvögel, welche einige der größten Vögel enthält. Sie zeichnen sich besonders dadurch aus, daß ihr verhältnismäßig kleiner Kopf nebst dem größten Teil des Halses höchstens mit Dunen befiedert, zum Teil ganz nackt und mit Warzen oder Fleischlappen besetzt ist. Meist umgiebt den Unterhals ein Kragen von verlängerten, etwas abstehenden Federn. Der große Schnabel ist nur an der Spitze hakenförmig gebogen und stets zahnlos, an der Wurzel oft bis zur Hälfte der Länge mit Wachshaut bedeckt und gerade; die Füße sind stark und lang; die Zehen, mit Ausnahme der äußern, meist lang, aber die Krallen nur schwach gekrümmt und wenig scharf; die Flügel groß, aber abgerundet, das Körpergefieder straff. Die hierher gehörigen Vögel sind sehr gefräßig, meist groß und schwer gebaut und fliegen langsam und schwerfällig, solange sie nicht bedeutende Höhen erreicht haben, wo sie ↔ aber dann öfter eine außerordentliche Flugkraft zeigen, wie der Kondor, der sich bis gegen 7000 m über das Meer zu erheben vermag. Sie beschreiben große Schraubenlinien, ohne bemerkbare Flügelbewegungen gleichsam in der Luft schwimmend, und stürzen sausend auf die erspähte Beute herab. Die Nahrung der G. besteht vorzugsweise aus Aas, und sie sind durch ihre Nahrung wie auch durch ihre widrige Ausdünstung ekelhafte Geschöpfe. Doch erweisen sie sich für heiße Länder durch schnelle Beseitigung aller faulenden Tierkörper sehr nützlich, und sie sind dort vielfach (z.B. in Ägypten, auf Cuba u.s.w.) gegen mutwillige Tötung geschützt. So wird in Kairo die Tötung eines ägypt. Aasgeiers (Neophron percnopterus Savg.) mit schwerer Strafe geahndet, und auf Jamaika die Tötung eines schwarzen Hühnergeiers (Cathartes atratus Strickl.) mit einer Geldstrafe von 100 M. belegt. Daß bei diesen Tieren der Geruchssinn sehr ausgebildet sei, sodaß sie Aas auf sehr große Entfernungen zu wittern vermögen, ist eine Fabel; Versuche haben nachgewiesen, daß sie nur durch die Schärfe des Gesichts aus großen Höhen und Entfernungen ihren Fraß erspähen. Sie bauen in abgelegenen Gegenden ein sehr rohes Nest, legen ein bis zwei Eier und kommen in beiden Erdhälften vor, sind aber in den kalten Ländern selten, weil hier die ihnen zusagende Nahrung fehlt.

Man hat nach der Form des Schnabels und der Nasenlöcher mehrere Familien in dieser Gruppe ausgestellt. Erstens die altweltlichen G. (Vulturidae): hierher die Gänsegeier (Gyps); sie unterscheiden sich von den verwandten Gattungen durch einen mittellangen, starken Schnabel mit stark gewölbter Kuppe des Oberkiefers, eine undurchbrochene Nasenscheidewand, schiefe, dem Rande der Wachshaut parallele Nasenlöcher, nackten Kopf, dünnen, langen Hals und einen Kragen von langen Federn oder Dunen um den Unterhals. Zu ihnen gehört der weißköpfige G. (Gyps fulvus Gray), der in Deutschland nur verflogen angetroffen wird und die Länder am Mittelmeere und an den Donaumündungen, einen großen Teil von Asien und des nördl. Afrika bewohnt. Er besitzt große Stärke, ist über 1 m lang und klaftert 4 m. Die Schopfgeier (Vultur) haben kürzern, kräftigern Hals und den Kopf mit kurzem Wollflaume bedeckt, der am Nacken einen Schopf bildet. Der zu ihnen gehörende Kuttengeier, Mönchsgeier (Vultur monachus; s. Tafel: Geier, Fig. 2), bewohnt dieselben Länder wie Gyps fulvus. Die Aasgeier (Neophron), mit sehr langem, dünnem Schnabel, nacktem Kopfe und befiedertem Halse, hausen in Ägypten, der Schmutzgeier (Neophron percnopterus Savg.) verbreitet sich aber auch durch alle Mittelmeergegenden. Zweitens die neuweltlichen G. (Cathartidae s. Sarcorhamphidae): hierher die Hühnergeier (Cathartes), der Königsgeier (Sarcorhamphus papa Dum.), mit nacktem Halse und rotgefärbten Fleischlappen an der Schnabelwurzel, und der Kondor (s. d. und Fig. 3), in Amerika zu Hause. Das südl. Amerika beherbergt mehrere Arten einer Geiergruppe, welche man Geierfalken (s. d.) nennt. Der Bartgeier (s. d. und Fig. 1) gehört einer eigenen Raubvogelgruppe an.

Die in der Gefangenschaft gehaltenen G. sind äußerst dankbare Vögel, die 30 und mehr Jahre aushalten. Doch ist es nicht gut, sie mit Aas zu füttern; frisches Pferdefleisch bekommt ihnen am

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 698.