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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Genfer Konvention; Genfer See

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Genfer Konvention – Genfer See

Genfer Konvention, unterm 22. Aug. 1864 zu Genf abgeschlossene internationale Übereinkunft, deren Zweck ist, die vom Kriege unzertrennlichen Übel möglichst zu mildern, nutzlose Härte zu verhüten und das Los der auf den Schlachtfeldern verwundeten Militärpersonen zu lindern. Die menschenfreundlichen Bestrebungen, welche in dieser Vereinbarung zu einem fruchtbaren Ergebnisse gelangten, lassen sich bis in den Anfang des 17. Jahrh. zurück verfolgen, und es ist festgestellt, daß bis 1864 schon 291 Verträge für einzelne Kriegsfälle oder bestimmte Zeiträume abgeschlossen waren, welche den Grundgedanken der G. K. enthalten. Die erste Anregung zu dieser gab eine 1862 erschienene Schrift des Genfer Philanthropen Dunant (s. d.) über die traurige Lage der Verwundeten von Solferino. Auf Einladung der Genfer Gemeinnützigen Gesellschaft wurde auf einem nicht amtlichen, von den meisten europ. Staaten, darunter allen Großmächten, beschickten Kongreß zu Genf vom 23. bis 29. Okt. 1863 ein vorläufiger Entwurf festgestellt. Dann traten auf Einladung des Schweizer Bundesrats Bevollmächtigte von 16 Staaten, darunter Baden, Belgien, Dänemark, Frankreich, Hessen, Italien, die Niederlande, Preußen, die schweiz. Eidgenossenschaft und Württemberg 8. Aug. 1864 in Genf zusammen und stellten in 14 Tagen die G. K. endgültig fest. Nach dieser sollen im Falle eines Krieges das Personal der leichten und Hauptlazarette, einschließlich der mit der Aufsicht, der Gesundheitspflege, der Verwaltung und dem Transport der Verwundeten beauftragten Personen, sowie die Feldprediger so lange an der Wohlthat der Neutralität teilnehmen, als sie ihren Verrichtungen obliegen, und als Verwundete aufzuheben oder zu verpflegen sind; ebenso sollen die Verbandplätze oder Depots nebst dem sie leitenden Personal unbedingte Neutralität genießen. Das äußere Zeichen der Neutralität soll bei Gebäuden und Verbandplätzen eine deutlich erkennbare und übereinstimmende Fahne, bei Personen eine von der Militärbehörde verabfolgte und abgestempelte Armbinde sein, welche beide, Fahne wie Binde, ein rotes Kreuz auf weißem Grunde tragen; neben der Fahne muß unter allen Umständen die Nationalflagge aufgepflanzt werden. Die Einzelheiten der Ausführung sollen von den Oberbefehlshabern der kriegführenden Heere nach den Anweisungen ihrer betreffenden Regierungen und nach Maßgabe der in der Übereinkunft selbst ausgesprochenen allgemeinen Grundsätze geordnet werden. Die Ratifikationsurkunden der G. K. wurden 22. Juni 1865 ausgetauscht. Bald nachher traten derselben Griechenland, Großbritannien und Irland sowie das Ottomanische Reich bei, Österreich und Rußland nach der Schlacht von Königgrätz, der Schah von Persien 1873 in London, die Vereinigten Staaten erst 1892. Allmählich haben sich alle europ. Staaten, mehrere südamerik. Republiken und Japan angeschlossen.

Zu den vier Jahre zuvor gefaßten und von preuß. Seite im Deutschen Kriege von 1866 zum erstenmal zu praktischer Anwendung gelangten Bestimmungen der G. K. sind unterm 20. Okt. 1868 auf Grund der Kriegserfahrung von 1866 15 Zusatzartikel, jedoch nur als Projekt, von einer neuen Konferenz in Genf vereinbart worden, durch welche außer andern die ursprüngliche Konvention ergänzenden und erläuternden Bestimmungen vornehmlich deren Ausdehnung auf die Marine und den Seekrieg festgesetzt worden ist. Zu einer völkerrechtlichen Annahme dieser Zusatzartikel ist es bis jetzt nicht gekommen. Deutschland und Frankreich hatten bei Beginn des Krieges von 1870 die Befolgung derselben verabredet, die sich jedoch als undurchführbar erwies. Übrigens wurde während dieses Krieges die G. K. seitens der Franzosen sowohl im Heere wie im Volke in vielen Fällen verletzt, deren augenfälligste die polit. Behörden Deutschlands zu einem Protest gegen derartige Akte völkerrechtlichen Verhaltens veranlaßten. Franz. Beschwerden ähnlicher Art gegenüber dem Verhalten der deutschen Truppen erwiesen sich als unbegründet. Noch schlimmere Verletzungen der G. K. sind im Russisch-Türkischen Kriege von 1877 vorgekommen, besonders auf türk. Seite. – Über das vielfach mißverstandene Verhältnis, in dem die Bestrebungen der freiwilligen Krankenpfleger zu den Ideen der G. K. stehen, s. Freiwillige Krankenpflege. – Vgl. Bluntschli, Das moderne Kriegsrecht der civilisierten Staaten (2. Aufl., Nördl. 1874); Schmidt-Ernsthausen, Das Princip der G. K. vom 22. Aug. 1864 (Berl. 1874); Lueder, Die G. K. (Erlangen 1876).

Genfer See, frz. Lac Léman (lat. Lacus Lemanus), der größte See des Nordabhangs der Alpen, liegt 375 m ü. d. M., zwischen den schweiz. Kantonen Wallis, Waadt und Genf und dem franz. Depart. Haute-Savoie, ist 577 qkm groß, 72 km lang, zwischen Rolle und Thonon 14 km breit und zwischen Ouchy und Evian 310 m tief. Der See bildet eine nach N. gekrümmte Mondsichel. Das untere Ende (Petit Lac) verschmälert sich von der Pointe d’Yvoire abwärts auf 5‒1 km Breite. Das nördl. Ufer wird von Rebenhügeln umrahmt, hinter welchen sich die Kalkketten des Juras, der Mont-Jorat und die Voralpen der westl. Simmengruppe erheben. Das südl. Ufer, von Genf bis zur Mündung der Drance eine hügelige Ebene, nimmt weiter östlich ebenfalls Gebirgscharakter an, und die Kalkketten des Chablais, überragt von den Gipfeln der Montblancgruppe, schieben sich bis an den See vor. Am obern Ende hinter der sumpfigen Rhône-Ebene steigen die Felsmassen der Dent du Midi (3260 m) schroff auf. Zahlreiche Flüsse und Bäche ergießen sich in den See, darunter die Veveyse, die Venoge, die Morges, die Aubonne, die Promenthouse und die Versoir am Nordufer, die Morge, die Drance und Hermance auf dem Südufer. Die Rhône hat die Strecke von St. Maurice bis Bouveret und Villeneuve mit ihren Sinkstoffen ausgefüllt und hat unterhalb der Mündung ein 6 km langes, 50‒60 m tiefes unterseeisches Flußbett geschaffen, indem, nach Forel, ihr schwereres Wasser auf den Seegrund hinabströmt und die Sedimente an der Grenze des ruhigen und des bewegten Wassers sich ablagern und die Ränder bilden. Eigentümlich sind dem G. S., abgesehen von seiner prachtvoll tiefblauen Färbung, die unter dem Namen Seiches bekannten Schwankungen des Seespiegels, der sich periodisch in einigen Minuten um mehrere Centimeter oder Decimeter über das gewöhnliche Niveau hebt oder unter dasselbe fällt. Es sind Ausgleichswellen, die infolge ungleichen Luftdruckes entstehen und daher insbesondere nach Stürmen auftreten. Man unterscheidet Seiches longitudinales, welche sich mit einer Zeitdauer von 1 Stunde 13 Min. für jede Oscillation in der Längsachse des Sees bewegen, und Seiches transversales, welche quer über den See verlaufen und etwa 10 Min. dauern. Die höchsten Longitudinalwellen wurden am 3. Okt.