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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Getreiderost - Getreidezölle
von Iosse erfundene Epierreur oder die Steiu-
auslcsemaschiue. Ihre Konstruktion gründet sich
auf die Thatsache, daß, wenn ein Gemisch aus nahezu
gleich großen aber verschieden schweren Körpern
(z. B. Getreidekörnern und Steine) in dicker Schicht
über eine gerüttelte ebene Platte geleitet wird, die
schweren Körper (Steine) zu Boden sinken und von
den leichten (Körner) dann bedeckt werden. Ist die
Fig. 5.
Platte etwas geneigt gelagert und sind auf derselben
dreieckig gestaltete Klötzchen so aufgefetzt, daß die
Dreieckspitzen gegen den obern lhöher liegenden)
Rand der Platte gerichtet sind, so werden dieselben
bei bestimmter Stärke der Rütteluug folche Stoß-
wirkungen auf das Körpergemisch ausüben, daß die
leichten Teilchen der obern Schicht nach dem obern
Plattenrand geworfen werden, während die darunter
liegenden Steine auf der Platte abwärts gleiten.
Getreiderost, die sich während des Sommers
auf den Blättern, Halmen und Ähren der Getreide-
arten sowohl wie der wild wachsenden Gramineen
bildenden gelben, aus einem rostartigen Pulver be-
stehenden Häufchen. Dieselben werden durch Arten
der Pilzgattung ^uccinia ls. d.) hervorgerufen.
Getreiderüßler, s. Kornwurm.
Getreidespeicher, f. Mehlfabrikation.
Getreidestein, s. Vierstein.
Getreideteuerung, s. Teuerung.
Getreideverwüster, s. Heffcnfliege.
Getreidewage, s. Kornwage.
Getreidezölle. Schutzzölle zu Gunsten der ein-
heimischen Getreideproduktion entsprachen weder
den Grundsätzen des ältern Merkantilsystems, noch
dem im 19. Jahrh, von List befürworteten Indu-
strieschutzsystem. Von diesen Anschauungen aus
muhte vielmehr die Einfuhr von Getreide im In-
teresse der industriellen Bevölkerung gefördert und
die Ausfuhr nötigenfalls erschwert werden. Die
ältern G. sind daher hauptsächlich als Ausfuhrzölle
von Bedeutung, und nicht selten werden sie durch
Ausfuhrverbote ersetzt. Soweit Einfuhrzölle bestan-
den, hatten sie einen lediglich fiskalischen und keinen
protektionistifchen Zweck.
Eigentliche Getreidefchutzzölle finden sich zuerst
in England, wo 1814 auch alle Ausfuhrzölle
auf Cerealien abgeschafft wurden. Das Korngesetz
von 1815 setzte an die Stelle der Schutzzölle ein
wahres Prohibitivsystem, indem die Weizenein-
fuhr verboten wurde, wenn der Preis unter 80 Sh.
pro Quarter (27,5 M. pro Hektoliter) fank, während
sie oberhalb dieser Grenze allerdings zollfrei sein
sollte. Eine Milderung dieser Gesetze wurde indes
schon 1822 nötig, und 1828 ließ man die Prohibi-
tion gänzlich fallen und nahm eine nach den Preisen
in kleinen Stufen veränderliche Zollskala (zliäiuF
8cai6) an, die übrigens bei den Mittelpreisen noch
immer einen Schutz von 30 bis 40 Proz. gewährte.
Dieses Korngesetz wurde dann im folgenden Jahr-
zehnt der Hauptangriffspunkt der von Manchester
aus durch Cobden, Vright u. a. organisierten Frei-
handelspartei (s. Anti-Corn-Law-League) und nach
einer 1842 eingetretenen Milderung endlich 1846
zu Falle gebracht. Der letzte geringe Rest des
Weizenzolls (4 Pence pro Centner) wurde 1869
ebenfalls beseitigt.
In Frankreich wurden die ersten Schutzzölle für
Getreide durch das Gesetz vom 16. Juli 1819 gewährt
und zwar nach einer beweglichen Skala (ßckeiis
modile) mit Einfuhrverbot unterhalb einer bestimm-
ten Preisgrenze (20,18 und 16Frs. pro Hektoliter)
in drei verschiedenen Regionen. Andererseits aber
war auch die Ausfuhr verboten, wenn der Preis
um 4 Frs. über die ebenerwäbnte Grenze ge-
stiegen war. Der Schutz wurde noch verftärlt durch
ein Gesetz von 1822; diesem aber folgte eine
Milderung durch das Gesetz vom 15. April 1832,
welches die eventuellen Einfuhr- und Ausfuhr-
verbote durch fortschreitende Zölle erjetzte und
bis zu der Napoleonischen Reformpcriode in Kraft
blieb. Nachdem die bewegliche Skala schon seit 1853
meistens aufgehoben gewesen, sübrte das Gesetz vom
15. Juni 1861 einen festen Zoll von nur 62 Cent.
pro 100 KZ ein, der trotz der Bemühungen der land-
wirtschaftlichen Interessenten in dem Generaltarif
von 1881 beibehalten worden war. 1885 und 1887
erfolgten aber Erhöhungen der Getreide- und Vieh-
zölle, wodurch z. B. der Zoll für Weizen auf 5 Frs.,
für Weizenmehl auf 8 Frs., Hafer auf 3 Frs., Kog-
gen auf 1,50 Frs. per 100 K^ gebracht wurde, 1889
wurde Roggen auf 3 Frs. und Roggenmehl auf
5 Frs. erhöht. Die allerjüngste Teuerung des Brot-
korns führte jedoch wieder zu einer teilweisen Besei-
tigung der G. Durch das Gesetz vom 2. Juli 1891
wurde für die Zeit vom 10. Juli 1891 bis 1892 der
Zoll für Weizen auf 3 Irs., für Weizenmehl auf 6 Frs.
herabgefetzt, mit der Bestimmung, daß nach Ab-
lauf dieser Frist die ältern Sätze wieder in Kraft
treten follten, falls nicht die Gesetze eine Weiterfüh-
rung festsetzten. Der neue Maivrnaltaris hat dann
diese höhern Sätze wieder aufgenommen und keine
Minimalsätze festgestellt.
Deutschland brachte zunächst der Deutsche Zoll-
verein Getreideschutzzölle. Sie betrugen von 1828
bis 1857 (mit Suspension seit 1853) 0,50 M. pro
Scheffel (etwa 55 1), dann wurden sie für Weizen
auf 0,20 M. und für Roggen auf 0,05 M. herab-
gesetzt und von 1865 ab ganz aufgehoben. Der
außerordentliche Zufluß von amerik. Getreide in der
zw^'ten Hälfte der siebziger Jahre ^ ^ d^n. (cmd-
wirtschaftlichen Kreisen eine lebhafte Agitation zur
Wiederherstellung von G. hervor, und nachdem auch
der Reichskanzler den bis dahin eingehaltenen han-