Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

66

Gleichenberg – Gleichgewicht

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gleichen'

Die eigentliche Burg G.,auch Wandersleber Schloß oder Wandersleber Gleiche genannt, nördlich von der letztern und ebenfalls zum Kreis Erfurt gehörig, von der nur noch ein Flügel erhalten ist, war der Hauptsitz der ehemaligen Grafen von G., welche an den beiden andern Schlössern keinen Anteil hatten. Diese altgräfl. Familie nannte sich vor dem Ende des 12. Jahrh. nach ihrer Stammbesitzung Tonna und gehörte zu den Viergrafen Thüringes, indem sie einen der vier Dingstühle dieses Landes, den zu Gotha, zu verwalten hatte. Trotz ihrer Macht gelang es ihnen nie, sich der landesherrlichen Obergewalt gänzlich zu entziehen. In den Bereich der Sage gehört die Erzählung von jenem Grafen, der, in Palästina gefangen, von einer jungen Türkin befreit, dieselbe mit Erlaubnis des Papstes neben seiner frühern Gemahlin geehelicht haben soll. Durch mehrfache Verzweigungen in die Gleichensteinische, Blankenhainische, Tonnaische und andere Nebenlinien schwächten die Grafen ihren Güterbesitz. Besonders gingen auf diese Weise ihre bedeutenden Herrschaften auf dem Eichsfeld 1294 dem Hause verloren. Erst der letzte Graf, Hans Ludwig, vereinigte wieder alle Besitzungen seines Hauses. Nach seinem Ableben kamen 1630 die Grafschaften Spiegelberg und Pyrmont und die Stammherrschaft Tonna, welche letztere dann 1677 der Herzog von Gotha kaufte, an die Grafen von Waldeck, die sog. obere Grafschaft G. (Ohrdruf, Wechmar u. s. w.) an die Grafen von Hohenlohe, deren Nachkommen sie noch gegenwärtig unter sachsen-gothaischer Hoheit besitzen, die sächs. Lehne der untern Grafschaft G. (Günthersleben u. s. w.) an das Haus Schwarzburg. Die kurmainzischen Lehne aber (Blankenhain, Niederkranichfeld und das Schloß G.) wurden an die Grafen Hatzfeld-Trachenberg verliehen, nach deren Aussterben 1794 sie wieder an Mainz zurückkamen, bis sie 1802 an Preußen und Sachsen-Weimar abgetreten wurden. – Vgl. Hellbachs Archiv der Grafschaft G. (2 Bde., Altenb. 1804–5) und desselben Histor. Nachrichten von den Bergschlössern G., Mühlberg und Wachsenburg (Erf. 1802); Polack, Wachsenburg, Mühlberg und G. (Gotha 1859).

Die beiden Gleichenschlösser bei Göttingen stehen mit den G. in Thüringen in keiner Beziehung.

Gleichenberg, Dorf und Kurort in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Feldbach in Steiermark, 10 km südlich von Feldbach, an den Linien Spielfeld-Luttenberg (Station Purkla-G.) der Österr. Südbahn und Graz-Fehring (Station Feldbach-G.) der Österr. Staatsbahnen, haben zusammen (1890) 1578 E. Das Dorf (737 E.), mit dem durch seine Hexenprozesse verrufenen gräfl. Trauttmansdorffschen Schlosse auf einem von drei Seiten unzugänglichen Felsen (426 m), grenzt an den Kurort, ist aber als Ortsgemeinde von diesem geschieden. Der Kurort, mit 841 E. und Post, liegt in 311 in Höhe an der südl. Lehne der Gleichenberger Kogel, erscheint als ein großer Park mit Anlagen, Villen, Aussichtspunkten und schattigen Spaziergängen und ist durch die nahen Gebirgskuppen vor rauhen Winden geschützt. Die heilbringenden Quellen waren schon den Römern bekannt, wurden aber erst in neuerer Zeit wieder entdeckt. Die Konstantinsquelle, ein eisenfreier, kochsalzhaltiger, alkalischer Säuerling (16–17° C.), ist Brustkranken besonders zuträglich (1892 etwa 5600 Kurgäste), kohlensäurehaltiger ist die Emmaquelle (15° C.). Der Klausen- und der Johannisbrunnen, ↔ eine Stunde entfernt, sind eisenhaltig. Jährlich werden etwa 800000 Flaschen versendet. Die Umgebungen bieten reizende Ausflüge in die Klamm, in die Burg Kapfenstein, nach Poppendorf, nach Schloß Hainfeld (früher im Besitz des Orientalisten von Hammer), zu den Basaltfelsen bei Pertelstein und in die merkwürdige Riegersburg. – Vgl. Prasil, Der Kurort G. (Wien 1865); Ivándi, Über Kurorte und Kurmittel im allgemeinen und speciell über G. (ebd. 1880); Clar, Boden, Wasser und Luft von G. (Graz 1881); Haus von Hausen, G. in Steiermark (3. Aufl., Wien 1882); Schlossar, Steiermärkische Bäder und Luftkurorte (ebd. 1883); Höffinger, Bademekum für Besucher des Kurorts G. (6. Aufl., Gleichenb. 1892); Clar, Der Kurort G. (Wien 1886).

Gleicheniacēen (Gleicheniacĕae), Pflanzenfamilie aus der Gruppe der Farne (s. d.). Es sind nur drei Gattungen bekannt, deren Arten fast sämtlich tropisch sind. Es sind krautartige Farnkräuter mit kriechendem Wurzelstocke und einfach oder doppelt gefiederten Wedeln. Die Sporangien stehen nur in geringer Anzahl in den Fruchthäufchen, besitzen einen vollständigen horizontalen Ring und springen mit einem Längsrisse auf. Die verbreitetste Gattung ist Mertensia (s. d.), von einigen Arten dienen die Wurzelstöcke als Nahrungsmittel.

Gleichen-Rußwurm, Emilie von, Schillers jüngstes Kind und ihrem Vater unter ihren Geschwistern geistig und körperlich am ähnlichsten, geb. 25. Juli 1804 zu Weimar, verheiratete sich 1828 mit dem bad. Kammerherrn Freiherrn Heinrich Adelbert von G. (geb. 28. Nov. 1803, gest. 26. Juli 1887 in Weimar). Sie lebte auf dessen Schloß Greifenstein ob Bonland im Untermainkreis, wo sie 25. Nov. 1872, halb erblindet, starb. Man verdankt ihr zahlreiche interessante Veröffentlichungen zu der Lebensgeschichte und den Werken ihres Vaters, zu denen sie das Material aus Schillers Nachlaß entnahm.

Gleichen-Rußwurm, Heinrich Ludwig, Freiherr von, Landschaftsmaler, Sohn der vorigen, geb. 25. Okt. 1836 zu Greifenstein in Bayern, widmete sich erst seit 1869 der Malerei an der Kunstschule in Weimar unter M. Schmidt und Th. Hagen. Seine Landschaften sind kraft- und stimmungsvoll, meist reich staffiert. Eine Idylle, darstellend Schäfer mit Herde (1885), besitzt die Berliner Nationalgalerie, ein Motiv von der fränk. Saale (1885) und eine Abendlandschaft (1892) das Museum in Weimar; andere Bilder von ihm sind: Prien am Chiemsee, Sommermittag, Ernte (1873), Rehwechsel (1874), Herbstlandschaft (1879), Helgoland, Potsdamer Thor in Berlin (1883), Kanal Ponte longo in Venedig (1884), Am Strande von Scheveningen (1885), Der Waldhüter (1889), Im Wurz-Garten, Waschbleiche (1891). Größere Sammlungen seiner Aquarelle besitzen die Galerien zu Weimar und Berlin. Der Künstler, der sich entschieden der impressionistischen Richtung anschloß, lebt in Weimar .

Gleichenschlösser, s. Gleichen.

Gleichflügler, s. Zirpen.

Gleichfüßler (Isopoda), s. Asseln.

Gleichgewicht, in der Mechanik jener Zustand der Ruhe, der durch zwei oder mehrere einander entgegenwirkende Kräfte hervorgebracht wird, von denen jede die vereinigte Wirkung aller übrigen aufhebt. Dies ist z. B. mit dem G. am Hebel, an der Wage, an der schiefen Ebene u. s. w. der Fall. Man unterscheidet ein stabiles (sicheres), ein labiles (unsicheres) und ein indifferentes G.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 67.