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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handlung - Handlungsdiener
Handlung, die Thätigkeit, sosern sie Ausfluß
des bewußten Wollens ist, also unter einem Princip
des Wollens stehend gedacht wird. Daher ist die
H. der eigentliche Gegenstand der sittlichen Beurtei-
lung, die nicht das äußere Thun, sondern die innere
Gesinnung, das Princip, aus dem die H. gewollt
war, betrifft. (S. Ethik.) - Juristisch bezeichnet
man, insosern der Mensch wegen eines eingetrete-
nen schädlichen Erfolges auch dann verantwortlich
gemacht wird, wenn er denselben hätte verhindern
sollen und hätte verhindern können, mit H. auch
die schuldvolle Unterlassung, und zwar auch dann,
wenn die Unterlassung nicht gewollt ist, sondern
auf Fahrlässigkeit beruht. Privatrechtlich kommen
H. in Betracht, insofern sie darauf abzielen, Rechte
und Verbindlichkeiten zu begründen, Rechte zu
erhalten, zu sichern, auszuüben, zu übertragen,
Verbindlichkeiten zu erfüllen. Hierher gehören
namentlich die Rechtsgeschäfte ls. d.) des Privat-
rechts. Nnerlaub teH. sind namentlich die Delikte
(s. d.), welche, soweit sie einen nachteiligen Erfolg
baben, nach Maßgabe des Gesetzes die Schaden-
ersatzpflicht begründen, soweit sie gegen das Straf-
gesetz verstoßen, öffentliche Strafe zur Folge haben,
^oll aber eine H. jemand rechtlich zugerechnet
werden, so muß er Handlungsfähigkeit (s. d.) im
rechtlichen Sinne haben. Als Gegenstand von
Rechten erscheint die H. beim Forderungsrecht (s. d.).
Insofern man das bloße Thun (kHosre) entgegen-
setzen kann dem Leisten von Sachen und Rechten
(äaro), hat das Preuß. Allg. Landrecht die Ver-
träge über H. in jenem engern Sinne abgetrennt
von den andern auf Begründung von Schuldver-
hältnissen gerichteten Verträgen, und aus dem rich-
tigen Grunde, daß eine unmittelbare Erzwingung
von H. anders als die Erzwingung von Sachleistun-
gen nur unvollkommen durchführbar ist, hier beson-
dere Grundsätze über Rücktritt und Schadenersatz
aufgestellt (1,5, §§.408 fg.). Auch die Deutsche
Civilprozehordnung hat sich nicht enthalten kön-
nen, für die Zwangsvollstreckung (s. d.) nach dieser
Richtung besondere Vorschriften zu erlassen. - H.
in einem andern Sinn bezeichnet das Handels-
gewerbe (s. d.). - In der Poesie kommt innere
öder äußere H. zur Darstellung. Sie muß Einheit
haben (d. h. alle Veränderung aus einem Anfangs-
punkte bis zu einem Ziele in deutlicher Folge ent-
wickelt sein) und ein geistiges und ästhetisches Inter-
esse, d. h. dem Verstande und dem Kunstsinne ge-
nügen. Außer der Haupthandlung sind Neben- und
Zwischenhandlungen zulässig, sog. Episoden (s. d.).
Im engsten Sinne führt das Drama (s. d.) H.,
nämlich Geschehendes vor. - In der bildenden
Kunst erstarrt die H. als Begriff einer fortschrei-
tenden Bewegung zum äußerlich festgehaltenen Mo-
ment einer H., der aber deshalb den charakteristi-
schen Moment der H. zur Darstellung bringen soll.
Handlungsbevollmächtigter ist derjenige,
welchen ein Kaufmann (der Prinzipal) in seinem
Handelsgewerbe als Bevollmächtigten zu einzelnen
Gefchäften, zu einer bestimmten Art von Geschäften
oder, ohne Erteilung der Prokura, zum Betriebe
seines ganzen Handelsgewerbes bestellt hat. Diese
Bestellung bringt zum Ausdruck, daß der Bevoll-
mächtigte Dritten gegenüber legitimiert ist, den
Prinzipal gültig zu vertreten, ohne daß dadurch
etwas über das innere Verhältnis des H. zum Prin-
zipal bestimmt ist. In letzterer Beziehung kann der
H. Handlungsgehilfe (s. d.) sein, d. h. der Prinzipal
kann seinen Handlungsdiener (s. d.) oder seinen
Handlungslehrling (s. d.) als H. bestellen. Der Prin-
zipal kann aber auch solche Personen, welche zu ihm
in einem Dienstverhältnis nicht stehen, z. B. die
Handelsfrau ihren Ehemann, der Geschäftsinhaber
seinen stillen Gesellschafter als H. bestellen. Die
Vollmacht des H. erstreckt sich, auch wenn das nicht
ausgedrückt ist, auf alle Geschäfte und Rechtshand-
lungen, welche der Betrieb eines derartigen Handels-
gewerbes oder die Ausführung derartiger Geschäfte
gewöhnlich mit sich bringt. Jedoch ist der H. zum
Eingehen von Wechselverbindlichkeiten, zu Auf-
nahme von Darlehen und zur Prozeßführung nur
ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis beson-
ders erteilt ist. Der H. hat sich bei der Zeichnung
jedes eine Prokura enthaltenden Zusatzes zu ent-
halten; er hat mit einem das Vollmachtsverhältnis
ausdrückenden Zusatz zu zeichnen. Allein dies ist
nur eine Ordnungsvorschrift. Auch wenn der H.
mit der bloßen Firma des Prinzipals (ohne Zusatz)
zeichnet, schließt das des letztern Haftung nicht
aus. Über die in der Anstellung in einem Laden
liegende Vollmacht s. Handlungsgehilfe (S. 772 a).
Durch das Rechtsgeschäft, welches ein H. gemäß
der Vollmacht im Namen des Prinzipals fchlieht,
wird der letztere dem Dritten gegenüber berechtigt
und verpflichtet. Es ist gleichgültig, ob das Ge-
fchäft ausdrücklich im Namen des Prinzipals ge-
schlossen worden ist, oder ob die Umstände ergeben,
daß es nach dem Willen der Kontrahenten für den
Prinzipal gefchlossen werden sollte. Zwischen dein
Bevollmächtigten und dem Dritten erzeugt das Ge-
schäft weder Rechte noch Verbindlichkeit. Selbst-
verständlich bleibt der H. dem Prinzipal aus dem
übernommenen Auftrag für dessen sorgfältige Aus-
führung verhaftet. Schädigt der Bevollmächtigte
den Dritten bei Abschluß oder Erfüllung dcs Ge-
schäfts durch Arglist oder aus Versehen, so wird
dadurch seine eigene Haftung gegenüber dem Drit-
ten aus diefem Delikt (s. d.) auf Schadenersatz nach
bürgerlichem Recht begründet, ohne daß er sich dar-
auf berufen kann, daß er in Vertretung fremder
Interessen gehandelt habe. Daneben verpflichtet er
durch solche Handlungen den Prinzipal, voraus-
gesetzt, daß dieses schuldhafte Handeln nicht bloß
ber Gelegenheit der Vertretung des Prinzipals be-
gangen ist, sondern im Zusammenhang mit der
Vertretung.
über die Verpflichtung desjenigen, welcher ein
Handelsgeschäft als H. schließt, ohne Handlungs-
vollmacht erhalten zu haben, f. ^alsuZ procurator.
Der zum Betriebe eines ganzen Handelsgewerbes
bestellte H. darf ohne Einwilligung des Prinzipals
nichtfürsich noch fürDritteHandelsgefchäfte machen.
Hier gilt dasselbe wie beim Handlungsgehilfen. Der
H. kann ohne Einwilligung des Prinzipals die Hand-
lungsvollmacht nicht übertragen. Die Handlungs-
vollmacht ist zu jeder Zeit widerruflich; unbeschadet
derRechte, welche dem H. aus einem etwaigen Dienst-
verhältnis gegen den Prinzipal zustehen. Der Tod
des Prinzipals hat das Erlöschen der Handlungs-
vollmacht nicht zur Folge. Ohne daß der Kauf"
mann einen H. bestellt, kann er eine Vollmacht zu
einem oder zu einzelnen Handelsgefchäftcn erteilen
(Art. 298). j^s. d.).
Handlnngsbücher, soviel wie Handelsbücher
Handlungsdiener ist derjenige Handlungs-
gehilfe (s. d.), welcher die Handlung bereits erlernt
hat. Nach dem Deutschen Handelsgesetzbuch kann