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Henry (Paul) – Hensen
Kolonien, der im Spätjahr 1774 zu Philadelphia tagte, wurde H. als einer der Delegierten Virginiens gewählt. Als im März 1775 der zweite Konvent des Staates Virginia in Richmond tagte, setzte er den Beschluß durch, daß die Kolonie in Verteidigungszustand gesetzt werde. 1775 wurde H. zum Oberbefehlshaber der virgin. Truppen ernannt; er legte aber diesen Posten bald nieder, wurde 1776 zum Gouverneur des Staates gewählt, blieb in diesem Amte bis 1779 und nahm dann eine Wahl in die Staatslegislatur an, der er bis 1786 angehörte. 1788 wurde er in den Konvent gewählt, der zur Beschlußfassung über die von dem Konvent zu Philadelphia vereinbarte neue Verfassung berufen worden war. Er war hier der Führer der extremen Opposition gegen die neue Konstitution, weil sie die Rechte der Staaten ungebührlich verkürze, vermochte aber nicht die Annahme der Verfassung von seiten Virginiens zu verhindern, H. starb 6. Juni 1799 zu Red Hill im Bezirk Charlotte. – Vgl. W. Wirt, The life of Patrick H. (1817 u. ö.); Tyler, Patrick H. (Bost. 1887).
Henry (spr. ang’rih), Paul, geb. 18. Aug. 1848, und Prosper, geb. 10. Dez. 1849 zu Nancy, franz. Astronomen (Brüder), wurden nach Chacornacs Tode von der Pariser Sternwarte mit der Vollendung von dessen Sternkarten beauftragt. Zur Erleichterung dieser Arbeit bedienten sie sich der Photographie. Die hierzu nötigen Instrumente einschließlich der großen Objektive konstruierten sie sich selbst. Ihrem Eifer und ihrer Ausdauer ist der große Fortschritt, welchen die Himmelsphotographie in den letzten Jahren gemacht hat, wesentlich mit zu verdanken und ihre auf der Pariser Sternwarte ausgeführten Arbeiten haben den Anstoß zur Ausführung einer photogr. Aufnahme des gesamten Fixsternhimmels in großartigem Maßstabe gegeben. Gelegentlich der Anfertigung ihrer Sternkarten entdeckten sie zahlreiche kleine Planeten und mehrere Kometen. Ihre Arbeiten sind in den «Comptes rendus» und in astron. Zeitschriften veröffentlicht.
Henry-Martini-Gewehr, die frühere Handfeuerwaffe der engl. Armee. Der Lauf ist nach Konstruktion des Edinburgher Büchsenmachers Henry, Verschluß und Schloß vom Direktor der Maschinenfabrik zu Frauenfeld in der Schweiz Martini, das Geschoß von Henry, die Patrone vom General Boxer. Die türk. Armee hat mit dem H. im Russisch-Türkischen Kriege 1877/78 gute Leistungen erzielt.
Hensel, Luise, religiöse Dichterin, Schwester von Wilhelm H., geb. 30. März 1798 zu Linum bei Fehrbellin als Tochter eines prot. Geistlichen. Nach dessen Tod (1809) siedelte ihre Mutter 1810 mit ihren Kindern nach Berlin über, wo Luise H. 1818 zur kath. Kirche übertrat. Um diese Zeit bekehrte sie auch den leidenschaftlich sie umwerbenden Clemens Brentano. 1821 wurde sie Hauslehrerin bei der Witwe des Grafen Friedr. Leop. von Stolberg; 1833‒37 lebte sie in Berlin, später in Paderborn, wo sie 18. Dez. 1876 starb. Ihre Lieder, die meist vor ihrem Übertritt entstanden, von innigstem religiösen Gefühl, sind kath.-prot. Gemeingut geworden. Zu den bekanntesten gehören «Müde bin ich, geh’ zur Ruh» und «Immer muß ich wieder lesen». Sie wurden, mit denen ihrer Schwester Wilhelmine (geb. 13. Sept. 1802) vereinigt, von H. Kletke (Berl. 1858) und von C. Schlüter (Paderb. 1869; 6. Aufl. 1887), ihre Briefe von demselben (ebd. 1878) herausgegeben. – Vgl. Reinkens, Luise H. und ihre Lieder (Bonn 1877); F. Binder, Luise H. (Freiburg 1885). ^[Spaltenwechsel]
Hensel, Sophie Friederike, geborene Sparmann, Schauspielerin, geb. 1738 zu Dresden, ging 1754 bei der Kirschschen Truppe zur Bühne und heiratete 1755 den Schauspieler Johann Gottlieb H. (geb. 1728 zu Hubertusburg, gest. 1787 zu Freiburg i. Br., von Lessing als vorzüglicher Vertreter der Bedientenrollen bezeichnet), von dem sie sich aber 1759 trennte. Sie war das hervorragendste weibliche Mitglied des durch Lessings Dramaturgie berühmt gewordenen Hamburger Nationaltheaters, und Lessing hat ihr im 20. Stuck der «Dramaturgie» das glänzendste Lob erteilt. 1771‒72 spielte sie, wie schon früher, wiederholt in Wien, heiratete dann den Theaterdirektor Seyler, wirkte 1785‒87 unter Schröder in Hamburg, dann am Hoftheater zu Schleswig, wo sie 22. Nov. 1789 starb.
Hensel, Wilhelm, Maler, geb. 6. Juli 1794 zu Trebbin, begann in Berlin seine künstlerische Laufbahn an der Akademie und ging 1825 nach Italien. Nach seiner Heimkehr 1828 wirkte er als Professor und Hofmaler in Berlin, wo er durch die bereits vor der ital. Reise gemalten Kostüme zu «Lalla Rookh» und das aus Italien mitgebrachte Gemälde: Vittoria Caldoni am Brunnen, viel Beifall fand. 1834 malte er für die Potsdamer Garnisonkirche Christus vor Pilatus, dann: Der Reigen Mirjams, Der Durchzug durch das Rote Meer (1836), Die israel. Hirtin (1839). Unerschöpflich war H. im Schaffen von Bildnissen, deren er über 400 gemalt und 1000 in Stiftzeichnung hinterlassen haben soll. Als Illustrator und Radierer versuchte er sich mit Kompositionen zu Tiecks «Genoveva» und «Phantasus». Er starb 26. Nov. 1861 in Berlin.
H.s Gattin, Fanny H., die Schwester Felix Mendelssohn-Bartholdys, geb. 14. Nov. 1805 zu Hamburg, war seit 1829 mit H. verheiratet und starb 14. Mai 1847. Sie hat vieles komponiert. Einige ihrer Lieder hat ihr Bruder unter seinem Namen veröffentlicht.
Henselt, Adolf von, Klaviervirtuos, geb. 12. Mai 1814 zu Schwabach in Bayern, studierte Musik in München, Weimar und Wien und ließ sich öffentlich zuerst in Dresden, Leipzig, Breslau hören. 1838 kam er nach Petersburg, und hier gewann sein Ruf als Lehrer und Virtuos bald eine außerordentliche Verbreitung. 1858 wurde er Generalinspektor des Musikunterrichts in Petersburg und Moskau sowie kaiserlich russ. Staatsrat. Er starb 10. Okt. 1889 in Warmbrunn. Von H.s größern Werken hat nur das Klavierkonzert in F-moll sich behauptet. Bedeutender sind seine kleinern Klavierstücke, unter ihnen die poetisch wertvollsten die Etüden («Vögleinetüde»). Verdienstlich ist auch seine Ausgabe der Klavierwerke K. M. von Webers (Berlin).
Hensen, Victor, Physiolog, geb. 10. Febr. 1835 zu Schleswig, studierte in Würzburg, Berlin und Kiel Medizin und ließ sich sodann in Kiel als Docent nieder, wo er noch jetzt als ord. Professor und Direktor des Physiologischen Instituts wirkt. Er ist besonders durch zahlreiche embryolog. Forschungen sowie durch Untersuchungen über die feinere Anatomie und die Physiologie der Sinnesorgane bekannt. H. veröffentlichte zahlreiche kleine Abhandlungen. An größeren Werken schrieb er «Physiologie des Gehörs» (in Hermanns «Handbuch der Physiologie», Bd. 3, Tl. 2, Lpz. 1880) und «Handbuch der Physiologie der Zeugung» (ebd. 1881, zu- ^[folgende Seite]