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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Hultschin; Hulwas Verfahren; Humaïtá; Humajun; Humajûn; Human; Humaniora; Humanisieren; Humanismus

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Hultschin - Humanismus

lycus "De sphaera quae movetur liber" (Lpz. 1885) und der "Scholien zur Sphärik des Theodosios" (ebd. 1887) und "Die erzählenden Zeitformen bei Polybios" (in den "Abhandlungen der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften", 1-3, 1891-93).

Hultschin, Stadt im Kreis Ratibor des preuß. Reg.-Bez. Oppeln, 1 km von der österr. Grenze, an der Oppa, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Ratibor), Kataster- und Nebenzollamtes, hat (1890) 2845 E., darunter 21 Evangelische und 97 Israeliten, Post, Telegraph; Strumpfwirkerei und Brauerei.

Hulwas Verfahren, ein zur Klärung von Abwässern, namentlich von Zucker- und Papierfabriken, Brauereien und Färbereien gebräuchliches Verfahren. Es besteht in der Fällung der suspendierten Stoffe und Abscheidung gewisser gelöster Bestandteile durch Zusatz von Eisen-, Thonerde-, Magnesiasalzen und Ätzkalk und nachheriger Sättigung des geklärten Abwassers mit Kohlensäure behufs Bindung des überschüssigen Ätzkalks.

Humaïtá (spr. um-), Festung der südamerik. Republik Paraguay, am Rio Paraguay, in beherrschender Lage, 42 km oberhalb der Mündung in den Parana, 1855 angelegt und später verstärkt, wurde im Kriege von 1866 bis 1870 wichtig. Im Febr. 1868 erzwangen drei brasil. Monitors den Durchgang und beschossen Asuncion, Juli 1868 fiel H. den Verbündeten in die Hände. H. hat (1887) 3283 E.

Humajûn (nicht -jûm), eine Titulatur des Sultans, s. Hatt.

Humajun, Sohn des Großmoguls Babar (s. d.) und Vater Akbars d. Gr., gelangte 1530 auf den Thron, führte erfolgreiche Kriege gegen die Lodi und gegen Malwa und Gudschrat, wurde aber 1539 und 1540 von dem afghan. Statthalter Bengalens, dem großen Scher Schah, geschlagen und aus Indien vertrieben. H. flüchtete an den pers. Hof, von wo er 1556 mit einem Heere zurückkehrte und durch die Schlacht bei Panipat die Herrschaft über Dehli und Agra wiedergewann. Bald darauf starb er in Dehli, wo sein großartiges Mausoleum, welches noch jetzt erhalten ist, 1857 der Schauplatz der Niedermetzelung der letzten Prinzen aus dem Hause der Timuriden wurde.

Human (lat.), menschlich, menschenfreundlich; im sittlichen Sinne: was der Würde des Menschen als sittlicher Person entspricht, insbesondere ein Verhalten, das die Menschheit in der Person des andern achtet, ihn, nach der Kantischen Formel, nie bloß als Mittel, sondern stets zugleich als Zweck ansieht; Humanität die Tugend, ein solches Verhalten gegen jeden zu beobachten. In anderer Bedeutung bezeichnet Humanität das Ideal der vollkommenen Ausbildung des Menschlichen im Menschen, oder der Erhebung des Einzelnen auf die Höhe, die der Menschheit überhaupt erreichbar ist. In diesem Sinne war Humanität das große sittliche Ideal der Renaissancezeit (s. Humanismus); doch erstrebte man dabei nicht die Erhebung jedes Einzelnen zur höchsten Stufe menschlicher Vollkommenheit, sondern die vollkommene Ausbildung der eigenen Persönlichkeit; daher der Humanismus mit einem, eigentlich recht inhumanen, Individualismus oder geistigen Egoismus, der auf die Masse der Ungebildeten gleichgültig oder verachtend herabsah, sich sehr wohl vertrug. Im Sinne der allseitigen Ausbildung der menschlichen Persönlichkeit war Humanität auch das Ideal der deutschen klassischen Litteraturperiode, mit dem z. B. die Verehrung der Antike, das Streben nach Verständnis und Aneignung der Weltlitteratur überhaupt zusammenhing.

Humaniora (lat.) heißen in der Pädagogik die Studien des klassischen Altertums, die in der Zeit der Renaissance durch den Einfluß der Humanisten zum Mittelpunkte nicht nur der gelehrten, sondern auch der allgemeinen Bildung wurden, sodaß sie, gegenüber den Fachkenntnissen und der technischen Ausbildung in den einzelnen Wissenszweigen, die gemeinsame Grundlage aller höhern und edlern Erziehung bildeten. Ihre Berechtigung dazu liegt in der formal, sprachlich und logisch bildenden Kraft der antiken Sprachen und in dem Bildungsgehalt der griech. und röm. Litteratur. Diese Bedeutung wird ihnen immer gesichert bleiben, obgleich das geistige Leben der neuern Zeit ebenso eine Ausbildung des naturwissenschaftlichen Beobachtens und des mathem. Denkens als Bestandteil der allem Fachstudium voranzuschickenden gemeinsamen Bildung verlangt und in der schulmäßigen Behandlung der Muttersprache und der modernen Sprachen teilweise einen Ersatz für die altklassischen Studien bietet. Diese moderne Richtung der Geisteskultur hat zu der Spaltung der höhern Schulbildung in zwei Linien, eine humanistische (Gymnasium) und eine realistische (Realschule, Oberrealschule, Realgymnasium), geführt, deren Wiedervereinigung man in neuester Zeit durch die Vorschläge für eine Einheitsschule versuchen will. (S. auch Gymnasium.)

Humanisieren (frz.), menschlich, gesittet machen, bilden.

Humanismus, die wissenschaftliche Richtung der Renaissance, welche aus der Einseitigkeit und Beschränkung des mittelalterlichen Denkens zu einer allgemein menschlichen, "humanen" Bildung dadurch zu gelangen suchte, daß sie mit begeistertem Studium in die Litteratur der Griechen und Römer (s. Humaniora) eindrang, das Leben der klassischen Völker zu einem Musterbilde menschlicher Vollkommenheit idealisierte und dasselbe litterarisch, politisch, social nachzubilden trachtete. Der H. erwarb sich damit das große Verdienst, den lange und vielfach verkannten Bildungsgehalt des klassischen Altertums wieder auszugraben und für die Kunst und Wissenschaft der europ. Völker lebendig zu machen, und wenn er sich auch in manche Einseitigkeiten verlor, so bleibt es doch unbestreitbar, daß er für die gesamte moderne Bildung die wesentliche Grundlage geschaffen hat. Er begann mit dem 14. Jahrh. in Italien und breitete sich im 15. und 16. allmählich mit siegreicher Kraft, welche sich vielfach gegen die mittelalterliche Scholastik und ihr gesamtes Bildungssystem richtete, über ganz Europa aus. Am schwächsten blieb er in England; am meisten mit der Kultur der Landessprache verband er sich in Frankreich, am lebenskräftigsten wurde er in Deutschland. Hier rief er lebhafte Kämpfe gegen die Theologie hervor und wußte wissenschaftliche Beschäftigung von der Bevormundung durch die Theologie zu befreien. Dadurch bahnte er vielfach der Reformation den Weg, wenn auch die Pfade der Reformatoren und Humanisten sich später wieder schieden. Ein weiteres Verdienst der Humanisten besteht in der durch sie angeregten Reform der Jugenderziehung, für welche sie die klassischen Studien zum Mittelpunkte machten. Wenn hier ursprünglich die Einführung der Jugend in die Litteratur und in den Geist der alten Völker der leitende Gesichtspunkt war, so ist nicht zu verkennen, daß in der Folge viel-^[folgende Seite]