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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Inhaber-Teilscheine; Inhaftieren; Inhalation

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Inhaber-Teilscheine - Inhalation

der wesentliche Inhalt und die Unterscheidungsurkunde des beschädigten Papiers noch erkennbar sind.

Abhanden gekommene oder vernichtete I. unterliegen der Amortisation im Wege des Aufgebotsverfahrens mit Ausnahme der Banknoten, der Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheine (in der Schweiz der verfallenen Coupons), sofern das Gesetz des Ausstellungsortes die Amortisation gestattet. In Deutschland besteht in dieser Beziehung ein altes, durch Partikulargesetze der deutschen Staaten mit Ausnahme von Bayern, wenigstens bezüglich gewisser I., bestätigtes Gewohnheitsrecht; auch der Deutsche Entwurf hat eine entsprechende Bestimmung bezüglich der Forderungen. Über die Amortisation von I., welche vom Reich ausgegeben sind, enthalten das Bundesgesetz vom 9. Nov. 1867, die Reichsgesetze über die Ausgabe verzinslicher Schuldverschreibungen und das Reichsgesetz vom 12. Mai 1877 Bestimmungen. In vielen Statuten von Aktiengesellschaften sind Inhaberaktien für amortisierbar erklärt, über das Verfahren s. Aufgebotsverfahren. Für die Schweiz hat das Obligationenrecht §.849, für Österreich das Gesetz vom 3. Mai 1868, für Ungarn das Gesetz vom 12. Mai 1881 die betreffenden Bestimmungen. Meldet sich infolge des Aufgebots ein Besitzer des aufgerufenen Papiers, so entscheiden zwischen ihm und dem Antragsteller die Regeln über den Eigentumserwerb (s. d.). Meldet sich niemand, so wird das Papier für erloschen erklärt und der Aussteller angewiesen, ein neues Papier auszustellen oder, wenn die Schuld fällig ist, zu zahlen.

Ein eigentümliches Verfahren ist in Frankreich durch Gesetz vom 15. Juni 1872 eingeführt, das aber nicht auf franz. Rente und auf Banknoten anwendbar ist. Derjenige, welcher das Inhaberpapier verloren hat, kann Einsprache (opposition) gegen die Auszahlung beider schuldnerischen Anstalt einlegen. Ist ein Jahr verflossen, ohne daß gegen die Sperre Widerspruch erhoben ist, so kann der Opponent von dem Präsidenten des Gerichtshofs seines Wohnortes die Ermächtigung zur Erhebung der Zinsen und selbst des Kapitals gegen Sicherheitsleistung oder ohne Sicherheitsleistung zur Erhebung des Anspruchs auf Zahlung zur Hinterlegungsstelle erlangen. Er kann durch den Gerichtsvollzieher bei dem Syndikat der Wechselagenten in Paris Sperre einlegen, welche dann spätestens mit Überspringung eines Tages in einem besondern Journal bekannt gemacht und täglich abgedruckt wird. Jede Übertragung des Papiers, welche einen Tag später als diese Bekanntmachung an dem Ort des Geschäfts eintrifft oder mit der Post eintreffen könnte, ist dem Opponenten gegenüber wirkungslos, sofern der Opponent nachweist, daß er zur Sperre wirklich berechtigt war. Nach zehn Jahren hat der Verlierer einen Anspruch auf Ausfertigung eines neuen Inhaberpapiers, wenn sich bis dahin ein dritter Inhaber des verlorenen Papiers nicht gemeldet hat, obschon während dieser Zeit täglich der Verlust des Papiers in dem Journal verzeichnet war.

Vgl. Kuntze, Die Lehre von den I. (Lpz. 1857); Poschinger, Die Lehre von der Befugnis zur Ausstellung von I. (Münch. 1870); Brunner in Holtzendorffs "Rechtslexikon", Bd. 2, Artikel "Inhaberpapier" (3. Aufl., ebd. 1881); ders. in Endemanns "Handbuch des Handelsrechts" (4 Bde., ebd. 1881-84), §§.199 fg.; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts (2. Aufl., 5 Bde., Berl. 1882-85), Bd. 3, §§. 179 fg.; Marsson, Außerkurssetzung der I. (ebd. 1887); Fellner, Die rechtliche Natur der I. (Frankf. a. M. 1888); Wahl, Titres au porteur (Par. 1891).

Inhaber-Teilscheine, s. Certifikat.

Inhaftieren, soviel wie "in Haft" nehmen.

Inhalation (lat.), Inhalieren, in der Heilkunde die Anwendung gas-, dampf- oder staubförmiger Arzneistoffe durch die Atmungsorgane zur Heilung von Krankheiten. Aufgabe und Heilzweck der Inhalationskur oder Inhalationstherapie ist einesteils die Beseitigung gewisser örtlicher Affektionen der Luftwege (Kehlkopf, Luftröhre, Lungen), insofern es durch diese Methode ermöglicht wird, die Schleimhaut der Luftwege bis in die feinsten Verzweigungen der Luftröhre hinein mit den fein zerstäubten Arzneimitteln in unmittelbare Berührung zu bringen, andernteils die Erzielung bestimmter Wirkungen auf den Gesamtorganismus, insofern es leicht gelingt, durch die I. dem Blute gasförmige Arzneistoffe, wie z. B. Amylnitrit, Chloroform, Äther, Stickstoffoxydul u. s. w., ungemein schnell durch die dünnwandigen Blutgefäße der Lungen zuzuführen und hiermit auf kürzestem Wege auf das Centralnervensystem, auf die Gefäßnerven u. s. w. einzuwirken. (S. Anästhesieren.)

I. in einfacherer Form sind früher schon vielfach im Gebrauch gewesen, so unter anderm das Einatmen heißer Wasserdämpfe durch einen Trichter, die von Thomas Beddoes in England (1754-1808) unter der Bezeichnung Anemopathie angewendete Einatmung von Gasen, besonders salpetrigsauren Dämpfen, die namentlich von Raspail (s. d.) empfohlenen, in Form von Cigaretten gerauchten Kampferdämpfe, weiterhin die noch heute vielfach gerühmten narkotischen, mit Belladonna, Opium und Strammonium versetzten Cigarren gegen asthmatische und katarrhalische Beschwerden u. dgl. m. Allein die ausgedehntere Benutzung arzneilicher Inhalationsmittel datiert erst von dem franz. Arzt Sales-Girons (1858), welcher in mehrern Schwefelthermen Frankreichs (zu Amélie-les-Bains und Bernet, zu Mont-Dore, Royat u. a.) Inhalationssäle (Salles d'aspiration) für Brustkranke herstellte, in welchen die Luft mit den der Quelle entströmenden Gasarten gemischt wurde, und bald darauf auch einen Apparat (Pulvérisateur des liquides) konstruierte, welcher dazu bestimmt war, medikamentöse Flüssigkeiten in feinen Wasserstaub zu zerteilen und diesen durch Einatmen in die Luftröhre einzuführen. Seitdem sind eine große Anzahl derartiger Inhalationsapparate beschrieben worden, die sich, abgesehen von unwesentlichen Abänderungen, hauptsächlich dadurch voneinander unterscheiden, daß bei den einen, den sog. Pulverisateuren (s. nachstehende Fig. 1), die medikamentöse Flüssigkeit (a) aus einer feinen Öffnung (b) durch einen Strom komprimierter Luft, den man durch Zusammendrücken eines mit Ventilen versehenen Gummiballons (c) erzeugt, fortgerissen und als feiner Nebel zerstreut wird (Apparate von Matthieu, Bergson, Listers Sprayapparat u. a.), wohingegen bei den andern, den sog. Dampfinhalationsapparaten (s. Fig. 2), die gelösten Arzneistoffe durch den in einem kleinen Kessel (a) vermittelst einer Spiritusflamme (b) erzeugten Dampf des kochenden Wassers in einer Glasröhre, welche rechtwinklig zum Dampfrohr angebracht ist (c), angesaugt und sodann fein gestäubt und durch ein besonderes cylindrisches Mund-^[folgende Seite]