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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kettenschluß - Ketzer

der 5 km langen Strecke von Neustadt-Magdeburg bis Buckau, der bald darauf die Strecke Neustadt-Hamburg folgte. Später wurde auf allen größern Strömen K. eingerichtet. Am gewaltigsten ist die K. auf den Kanälen und Flüssen der Vereinigten Staaten von Amerika (Eriekanal, Delaware und Hudsonkanal, Schuylkill und Delaware) entwickelt. Welche Ersparnis an Transportkosten durch Anwendung von Dampfkraft bei der Flußschiffahrt erzielt wird, beweist die Thatsache, daß die Kosten der Zugkraft nach Meitzens Untersuchungen bei einem Schifte von 7000 Ctr. Tragkraft unter gleichen Bedingungen pro Centner und deutsche Meile (7,5 km) für den Pferdezug 0,16 Pf., für Dampfkraft (Schlepper) 0,04 Pf. und bei Drahtseiltransmissionen 0,01 bis 0,02 Pf. betragen. Das Drahtseil (s. d.) wurde zuerst in Amerika und Belgien von O. de Mesnil angewandt und von Max Eyth verbessert.

Kettenschluß, verkürzte Schlußreihe von der Form eines einzigen Schlusses. (S. Sorites.)

Kettenseide, s. Seide.

Kettenspulmaschine, s. Weberei.

Kettenstich, sowohl ein Zierstich (s. Stickerei) als ein Nähstich (s. Nähmaschine).

Kettenstrafe, eine früher in mehrern Armeen gebräuchliche Strafart für besonders schwere Verbrecher. Sie bestand darin, daß der Verurteilte während der ganzen Strafdauer oder eines Teiles derselben mittels einer eisernen Kette an eine Wand oder Säule, oder an den Wagen des Profossen angeschlossen, oder an eine Karre geschmiedet wurde. Die Strafe wurde in der preuß. Annee in milderer Form unter der Bezeichnung Festungsbaugefangenschaft vollzogen. Durch das Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich ist Zuchthausstrafe an ihre Stelle getreten. Auch in der österr. Armee besteht diese Strafe nicht mehr.

Kettenstuhl, eine Wirkmaschine (s. d.).

Kettentau, s. Kette (S. 312 b).

Kettenware (Kettenwirkware), s. Fadengebilde (Bd. 6, S. 517 a) und Wirkwaren.

Kettering, Fabrikstadt in der engl. Grafschaft Northampton, 22 km im NO. von Northampton, an der London-Derbybahn, an einem linken Zuflüsse des Nen, hat (1891) 19454 E. (gegen 11099 im J. 1881), Lateinschule; Wollkämmerei, Eisenwerke und Schuhfabrikation.

Kettler, Gotthard, letzter Ordensmeister im Deutschen Ordensstaate Livland und erster Herzog von Kurland und Semgallen, geb. um 1517 in Westfalen, kam 1537 nach Livland, wurde 1557 Komtur von Fellin und schloß mit Polen das verhängnisvolle Schutz- und Trutzbündnis zu Poswol gegen Rußland. Nach dem Einfalle Rußlands in Livland wurde K. 1559 zum Ordensmeister erwählt. Indessen hielten die Polen ihr Bündnis nicht, und durch die sich kreuzende Politik der deutschen Häupter des livland. Ordensstaates wurde letzterer ein Zankapfel der Schweden, Polen, Dänen und Russen, die sich in das Land teilten. K. wurde 1562 von Polen mit Semgallen und Kurland, das zum Herzogtum erhoben wurde, belehnt und starb 17. Mai 1587 in Mitau. K.s Nachkommen herrschten bis 1737 in Kurland (s. d.).

Kettwig, Stadt im Landkreis Essen des preuß. Reg.-Bez. Düsseldorf, an der Ruhr und den Linien Essen-K.-Düsseldorf und Essen-K.-Mülheim der Preuß. Staatsbahnen (2 Bahnhöfe), hat (1890) 5293 E., darunter 1685 Katholiken und 35 Israeliten,

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Post zweiter Klasse, Telegraph, landwirtschaftliche Winterschule, Krankenhaus, Waisenhaus; Wollspinnerei, Kammgarnspinnerei, ansehnliche Tuch- und Zanellafabrikation, sowie Färberei, eine Dampfmahlmühle, Papierfabrik und Steinkohlenhandel.

K. et v. H., hinter den lat. Namen von Naturobjekten Abkürzung für Heinrich Kuhl (geb. 1797 zu Hanau, gest. 1821 in Batavia) und J. L. van Hasselt, einem Holländer, welche zusammen als Naturforscher Niederländisch-Indien, besonders Java bereisten.

K. et W., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für Knowles (spr. nohls) und Westcott, die 1723 den botan. Garten von Birmingham beschrieben.

K. et Z., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für Karwinski (s. Karw.) und Zuccarini (s. d.).

Ketzer oder Häretiker, nach kath. Sprachgebrauch alle, die von der als rechtgläubig allgemein anerkannten Kirchenlehre abweichen. Der deutsche Name ist aus dem Worte Katharer (s. d.) entstanden und kommt zuerst bei den Minnesängern des 12. Jahrh. vor. Von den K. werden unterschieden die Ungläubigen (lat. infideles), d. h. alle diejenigen, die keine Christen sind, die Apostaten (s. Apostasie) und die Schismatiker, oder diejenigen, die sich von der Einheit der Kirche in Ritus und Verfassung absondern. (S. Häresie.) Der Ausschluß der K. erschien der Kirche schon im 2. Jahrh. den Gnostikern gegenüber als eine notwendige Maßregel der Selbsterhaltung, deren Vollziehung in die Hände der Bischöfe gelegt wurde. Die Wiederaufnahme der K. in die Kirche erfolgte erst nach vielfachen Bußübungen (s. Kirchenbuße). Seit Konstantin d. Gr. trafen den K. auch weltliche Strafen: Verbannung, Verlust aller bürgerlichen Rechte, Verbrennung ketzerischer Schriften, Vermögenseinziehung. Das erste Beispiel der Todesstrafe gegen K. gaben auf der Synode zu Trier (385) span. Bischöfe durch die Verurteilung Priscillians (s. d.). Bis zur Einführung der Inquisition (s. d.) blieb die Bestrafung der K. den Bischöfen überlassen. Todesstrafen wurden von der weltlichen Gerichtsbarkeit vollzogen. Massenhafte Ketzerprozesse begannen im 13. Jahrh. Auf der Kirchenversammlung zu Toulouse (1229) wurden durch Gregor IX. die Ketzergerichte angeordnet und eigene Ketzermeister mit unumschränkter Vollmacht bestellt, die sich durch zahllose Gütereinziehungen und Hinrichtungen furchtbar machten, wie in Deutschland Konrad von Marburg (s. d.). Die Kreuzzüge gegen die Albigenser (s. d.) und gegen die Stedinger (s. d.) und später gegen die Hussiten (s. d.) waren Kriege zur Vernichtung der K.

Seit der Reformation wurden vornehmlich die Protestanten in Frankreich, Spanien, Portugal, den span. Niederlanden, den österr. Erblanden, Böhmen, Bayern und den geistlichen Territorien Deutschlands als K. verfolgt. Noch am Ende des 17. Jahrh. stifteten die Beichtväter Ludwigs XIV. solche Ketzerverfolgungen an, am Anfange des 18. fanden die Bluttage in Thorn statt, und bald nachher vertrieb der Erzbischof Firmian (s. d.) die evang. Salzburger. Neue Greuelthaten erhoben sich 1815 in Frankreich gegen die Reformierten, und 1837 mußten die evang. Zillerthaler nach Preußen auswandern. In Florenz wurde noch 1852 gegen die evang. Eheleute Madiai die Galeerenstrafe verhängt, und in Spanien wurden bis zur Vertreibung Isabellas II. (1868) evang. Christen mit Kerkerhaft belegt. Im ersten Zeitalter der Reformation unterschied man auch noch in der

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