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Lorenz – Loretoschwestern
Lorenz, Ottokar, Historiker, geb. 17. Sept. 1832 zu Iglau in Mähren, widmete sich zu Wien philol. und histor. Studien, gab 1854 seine erste
Schrift «Über das Konsulartribunat» (Wien) heraus und habilitierte sich 1856 daselbst als Privatdocent für Geschichte. 1857 wurde L. Offizial des Geheimen Haus-,
Hof- und Staatsarchivs, 1860 außerord., 1862 ord. Professor der Geschichte an der Universität. Infolge eines Preßprozesses verlor L. 1865 seine Stellung bei dem
Archiv, behielt aber seine Professur, bis er 1885 einem Rufe als Professor der Geschichte an die Universität Jena folgte. Er verfaßte: «Deutsche Geschichte im 13. und
14. Jahrh.» (2 Bde., Wien 1863–67), «Geschichte König Ottokars II. von Böhmen» (ebd. 1866), «Deutschlands Geschichtsquellen seit der Mitte des 13. Jahrh.» (Berl.
1870; 3. Aufl., 2 Bde., 1886–87), mit W. Scherer zusammen die «Geschichte des Elsaß von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart» (ebd. 1871; 3. Aufl. 1886),
«Papstwahl und Kaisertum» (ebd. 1874), "Die Geschichtswissenschaft in Hauptrichtungen und Aufgaben kritisch erörtert» (ebd. 1886; Teil 2: Leopold von Ranke,
ebd. 1891), «Genealog. Hand- und Schulatlas» (ebd. 1892; 2. Aufl. u.d.T.: «Genealog. Handbuch der europ. Staatengeschichte», ebd. 1895) und «Goethes polit.
Lehrjahre» (ebd. 1893). Auch gab L. neu bearbeitet heraus Pölitz' «Österr. Geschichte» (Wien 1859; 3. Aufl. 1877). Die kleinern Schriften von L. erschienen gesammelt
als «Drei Bücher Geschichte und Politik» (Berl. 1876; 2. Aufl. 1879).
Lorenzetti, Ambrogio und Pietro, die zwei nächst Simone di Martino berühmtesten Maler der Schule von Siena im 14. Jahrh. Sie stehen
sich dem Stil ihrer Werke nach sehr nahe und haben öfters gemeinschaftlich gearbeitet. Ambrogio ist der zartere, empfindungsvollere. Pietro, der
leidenschaftlichere, energischere, ist vielleicht der ältere, da er schon 1305 erwähnt wird, während Ambrogio nicht vor 1323 als Maler genannt wird. Von Pietros
Arbeiten sind vornehmlich großartige Madonnenbilder erhalten, so in Sant' Ansano bei Siena, in der Pieve von Arezzo, in den Uffizien zu Florenz. Ambrogios
bekannteste Gemälde sind die allegorischen, das gute und das schlechte Regiment verbildlichenden Fresken im Palazzo pubblico zu Siena (1338–40). Von dem
Cyklus der Darstellungen aus der Legende des heil. Franciscus in San Francesco sind nur noch zwei Reste erhalten. Dagegen sind verschiedene, durch Natürlichkeit
der Gruppierung fesselnde Marienbilder, eine Verkündigung in Siena und eine Heimsuchung in Florenz (Akademie), auf uns gekommen. Pietro war auch als
Miniaturmaler thätig, wie das schöne Missale des heil. Georg in der Sakristei der Peterskirche zu Rom beweist.
Lorenzo Marquez (spr. -kehs), südl. Provinz der portug. Kolonie «Ostafrika» (Mozambique), mit einem
Flächeninhalt von etwa 39000 qkm und mit etwa 80000 E., grenzt im S. an Tongaland, im W. längs der Lebomboberge an Swasiland und die Südafrikanische
Republik (Transvaal), im N. längs des Limpopo an die Landschaft Inhambane. Das Land ist flach, morastig und sehr ungesund. Im südlichsten Teile befindet sich die
Delagoabai (s. d.) mit einem geräumigen Hafen. An diesem liegt der Hauptort L. M., als erste portug. Faktorei 1544 angelegt. Er zählt gegen
1200 E. und besitzt außer ↔ einer Reihe niedriger Häuser stattliche Gebäude für die Regierung, die Post, das Schatz- und Zollamt. Eine gute
Verbindung mit dem goldreichen und aufblühenden Transvaal wurde für L. M. zur Lebensfrage. Portugal und Transvaal bemühten sich schon 1875 und 1876, das
nötige Kapital zum Bau einer Bahn Delagoabai-Pretoria zusammenzubringen; allein erst 1887 setzte eine engl. Gesellschaft den Bau der Strecke L. M.-Komati (75 km)
ins Werk und eröffnete diese im April 1890. Eine im Febr. 1892 gebildete belg. Gesellschaft setzte, unterstützt von der Transvaalregierung, den Bau der Bahn
Komati-Poort-Pretoria (450 km) fort, so daß die ganze Linie Ende 1894 vollendet wurde.
Lorenzo Stecchetti (spr. stekké-), Pseudonym des ital. Dichters Guerrini (s. d.).
Loretīn, Vulgärname für m-Jodorthooxychinolinanasulfonsäure, ein gelbes, krystallinisches, geruchloses Pulver, das man
in der Medizin an Stelle des Jodoforms anwendet.
Lorēto, Departamento in Peru, umfaßt das gesamte Tiefland am Amazonas, Huallaga, Ucayali sowie die Cordillera
oriental und die Cordillera central bis zur Wasserscheide. L. nimmt mit 448165 (nach peruan. Schätzung 773900) qkm mehr als ein Drittel der Republik ein, enthält
aber nur einen verschwindenden Bruchteil der Bevölkerung (61125 E.) sowie eine Menge uncivilisierter Indianer im Tieflande der Ströme. Neuerdings beginnt L. sich
durch die zunehmende Schiffahrt auf dem Amazonas und seinen Nebenflüssen zu heben. Dampferstationen am Maranon sind: L., Pebas, Iquitos, Nauta; Yurimaguas
und Tingo Maria am Huallaga; Sarayacu am Ucayali. Hauptort ist Moyobamba.
Lorēto, Stadt in der ital. Provinz und im Kreis Ancona, auf einem Hügel, in fruchtbarer Gegend, unweit der
Mündung des Musone, an der Linie Bologna-Foggia, Sitz eines Bischofs, besteht aus einer einzigen Straße voller Verkaufsläden für heilige Gegenstände und hat
(1881) mit Monte-Reale 5399, als Gemeinde 7728 E., ein Jesuitenkolleg und in dem in der Domkirche befindlichen Heiligen Hause
(La casa santa) einen der berühmtesten Wallfahrtsorte der Welt. (S. Tafel:
Italienische Kunst II, Fig. 3.) Das Haus hat nach der Legende Maria, die Mutter Jesu, bewohnt; es soll von
Engeln 1291 aus Nazareth nach Tersate in Dalmatien, von da 1294 in einen der Donna Laureta gehörigen Wald bei Recanati, endlich 1295 an seinen gegenwärtigen
Ort gebracht worden sein. Das Heilige Haus steht mitten in dem von Paul II. 1464 begonnenen und von Sixtus V. 1587 vollendeten Tempel mit achteckiger Kuppel. Er
hat drei berühmte Erzthüren, 1605–21 von Girolamo Lombardo ausgeführt, ist von außen durch Bramante mit Marmor, durch Sansovino mit Reliefs bekleidet. Das
Heilige Haus besaß einen ungeheuren Schatz, der durch die Freigebigkeit der Pilger (noch jetzt jährlich 50000) entstanden war. 1798 entführten ihn die Franzosen,
nur das juwelengeschmückte Marienbild gab 1800 Bonaparte zurück. – Vgl. Turfellinus, Lauretanae historiae libri V. (Vened.
1727; neue Ausg., Rom 1837); Martorelli, Teatro istorico della santa casa (3 Bde., Rom 1732–35); Leopardi,
La santa casa (Lugano 1841).