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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nordwestterritorien – Norfolk (Stadt)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Nordwestprovinzen'

lande. Den größten und wichtigsten Teil bilden die niedrigen Alluvialebenen nordwärts von dem Ganges und der Dschamna. Durch diese Flüsse sowie die linken Nebenflüsse des erstern, die Ghagra, Ramganga u.a. vorzüglich bewässert, sind dieselben fast in ihrer ganzen Ausbreitung kulturfähig und in hohem Grade fruchtbar. Das Land im Süden der genannten Stromthäler ist dagegen unfruchtbar, uneben, mit Dschangal bedeckt und von meist nur in der Regenzeit Wasser führenden Flußbetten erfüllt. Hauptgegenstände der Bodenkultur sind Weizen, Reis, Hirse, vorzüglicher Mais, Baumwolle, Zuckerrohr, Indigo, Tabak, Thee, Gerste, Hanf, Saflor, Flachs, die Mohnpflanze für die Gewinnung von Opium, verschiedene Öl- und Farbepflanzen, wie z.B. der echte Saflor, und fast alle europ. Gemüsearten und Küchengewächse. Die Wälder liefern gute Holzarten für Häuser- und Schiffbau. Ungefähr 70 Proz. der Bevölkerung treiben Ackerbau. Mit den Bodenerzeugnissen wird Handel, meist nach Kalkutta, getrieben, den die Wasserstraßen des Ganges und seiner Nebenflüsse sowie die Indian-Eisenbahn vermitteln. Hauptstadt ist Allahabad (s. d.).

Nordwestterritorien (North West Territories), früherer Name des Teils von Britisch-Nordamerika (s. d.), welcher östlich vom Felsengebirge den räumlich ausgedehntesten, in ihrer Bevölkerung aber unbedeutendsten Teil des Dominion of Canada bildet. 1869 hatte die Hudsonbaicompagnie (s. d.) ihre Anrechte auf diese Gebiete der engl. Regierung verkauft, welche 1870 das Gebiet dem Dominion of Canada einverleibte und die nach der Organisierung der Provinz Manitoba übrigbleibenden N. durch den Lieutenant-Governor von Manitoba regieren ließ. 1882 organisierte man ferner die Distrikte: Assiniboia (s. d.), Saskatchawan (s. d.), Alberta (s. d.) und Athabasca (s. d.), wozu später Keewatin und 1896 Ungava, Franklin, Mackenzie und Yukon kamen.

Nordwestterritorium, früherer Name desjenigen Teils der Vereinigten Staaten von Amerika, der nördlich vom Ohio und östlich vom Mississippi gelegen ist. Bei der Unbestimmtheit ihrer kolonialen Freibriefe hatten verschiedene Staaten auf Teile dieses Gebietes Anspruch, besonders Virginia, Massachusetts und Connecticut. Im Laufe der Zeit wurden alle diese Ansprüche an die Regierung der Vereinigten Staaten abgetreten, die 1787 die 1789 bestätigte sog. Nordwestordonnanz erließ, wonach, sobald die Bevölkerung die genügende Höhe erreicht hätte, das N. zu Staaten organisiert werden sollte. So entstanden aus dem N. Ohio, Indiana, Illinois, Michigan und Wisconsin. Sklaverei war durch die Nordwestordonnanz in dem N. verboten.

Nore (spr. nohr), Sandbank in der Mündung der Themse, 5 km im NO. von Sheerneß, mit Leuchtschiff.

Noreja, jetzt Neumarkt in Steiermark, Hauptstadt des alten Noricum (s. d.).

Nörenberg, Stadt im Kreis Saatzig des preuß. Reg.-Bez. Stettin, am Südufer des fischreichen Enzigsees, durch eine Kleinbahn mit Stargard verbunden, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Stargard), hatte 1890: 2815, 1895: 2736 meist evang. E., darunter 60 Israeliten, Post, Fernsprechverbindung; Ackerbau, Viehzucht und Fischerei. N. gehörte bis 1815 zur Neumark.

Norerde, s. Norium.

No-restraint (engl., spr. rīstrehnt, d.h. Nicht-Beschränkung), psychiatrische Bezeichnung für die Behandlung der Geisteskranken ohne mechan. Zwang. Noch in dem ersten Drittel des 19. Jahrh. ↔ wurden Tobsüchtige und zu Gewaltthätigkeiten neigende Geisteskranke in den meisten Irrenanstalten gefesselt, besonders mit der Zwangsjacke, Riemen u.s.w.; der Irrenarzt Conolly (s. d.) führte zuerst in einer großen Anstalt die Behandlung ohne mechan. Beschränkung (No-restraint-system) durch und stellte den Grundsatz auf, daß Zwang gleichbedeutend mit Vernachlässigung der Kranken sei, sowie daß an dessen Stelle Beruhigung durch milde Mittel, liebevolle Pflege u.s.w., event. Isolierung in geeigneten Zimmern ohne Fesselung zu treten habe. Jetzt ist in allen bessern Irrenanstalten das No-restraint-system angenommen, nur vielfach mit der Einschränkung, daß man für gewisse Fälle (bei Tobsüchtigen mit größern Verletzungen, Selbstverstümmelungstrieb u.s.w.) mechan. Fesselung der Kranken zu Heilzwecken für zulässig erachtet.

Norfolk (spr. nóhrfock), Insel im westlichsten Teile des Stillen Oceans, zwischen Neucaledonien und Neuseeland, 1700 km im ONO. von Sydney gelegen, zu Neusüdwales gehörig, hat 41,3 qkm, mit der benachbarten Philipinsel 43,5 qkm und 750 E. Das einsame Eiland, welches sich im waldbedeckten Mount-Pitt über 300 m erhebt, ist durch einige herrliche Gewächse ausgezeichnet; eine Palme (Areca Baueri Endl.) wächst neben der in der Regelmäßigkeit ihres Wuchses von Quirlästen unübertroffen dastehenden Norfolktanne (Araucaria excelsa R. Br.) und unter diesen ein Baumfarn. Von Tieren sind nur Vögel bekannt. – N. wurde 1774 von Cook entdeckt und diente 1788–1856 zur Aufnahme der schlimmsten Verbrecher. Hierauf wurde N. den Bewohnern von Pitcairn gegeben.

Norfolk (spr. nóhrfock), auch Northfolk, eine der sechs östl. Grafschaften Englands, von Suffolk, Cambridge, Lincoln und von der Nordsee umschlossen, hat 5488 qkm und (1891) 456474 E., d.i. 83 auf 1 qkm. 60 Proz. kommen auf Acker, 20 Proz. auf Grasungen und kaum 4 Proz. auf Waldungen. N. bildet eine weite, einförmige Tiefebene (s. Norfolk-Broads), die den seichten Meerbusen Wash umgiebt. Nur im W. sind Höhenzüge (Kreide). Außer der Ouse, dem Hauptfluß, sind an der Westgrenze der Nen, im O. die Yare mit ihren schiffbaren linken Nebenflüssen Wensum und Bure, an der Südgrenze der Waveney bemerkenswert. Ungeachtet der Nähe des Meers ist das Klima weniger feucht, im ganzen angenehm und gesund. Getreide-, namentlich Gerstenbau, Turnipsbau, Schaf- und Rindviehzucht sind nächst Fischerei, zumal Heringsfang (bei Great Yarmouth), die Haupterwerbszweige. Gemüse, Obst, Ochsen, Weizen, Mehl, Gänse und Truthühner werden meist nach London zum Verkauf gebracht. Die Industrie ist unbedeutend, bis auf die Hauptstadt Norwich. Die Grafschaft schickt sechs Abgeordnete ins Parlament.

Norfolk (spr. nóhrfock), Einfuhrhafen im County N. im nordamerik. Staat Virginia, am rechten Ufer des Elizabethflusses, zählte 1880: 21966, 1890: 34871 E. (16254 Farbige), mit Berkley und Portsmouth 52038 E. Abgesehen vom Princeß-Anne-Kanal führt der sich verzweigende Albemarle-Chesapeake-Kanal auf zwei Wegen in den Albemarlesund sowie in den Dismal-Swamp. Bahnen gehen nach verschiedenen Richtungen. Der Hafen ist sicher, bequem und tief und wird durch Fort Monroe verteidigt. N. ist gut gebaut, hat breite Straßen, ein Zollhaus, Gerichtshaus, Stadthaus, eine schöne Freimaurerloge und ein Frauencollege. In der Vor-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 435.