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Palästinavereine – Palatinischer Berg
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Palästina'
Jesreel, das alte Galiläa, den Dscholan und den nördl. Teil des alten Gilead; P. tertia oder
salutaris umfaßte das Land zwischen den beiden Meerbusen des Roten Meers im S. bis Beerseba im N. und dem Wadi
Zerka Main im O. des Toten Meers. Nach der Teilung des Römischen Reichs (395) gehörte P. zu dem östl. Teil. Der Chalif Omar entriß es 636 den
Byzantinern, worauf P. die Militärbezirke Filastin und el-Urdunn (Jordan) bildete. Jener umfaßte die südl. Gebiete (Hauptstadt Ludd, dann er-Ramle), dieser die
nördl. Gebiete (Hauptstadt Tabarije). Seitdem 1096 die Kreuzzüge (s. d.) begonnen hatten, bildeten sich auf dem Boden P.s christl.
Feudalstaaten, von denen das Königreich Jerusalem (s. d.) der bedeutendste war.
Als dieses 1187 zusammenbrach, entstanden mehrere kleinere, von Ägypten abhängige Herrschaften in Damaskus, in Gaza, in Kerak und Safed. Im 14. Jahrh.
war P. in die beiden Bezirke Filastin (Hauptstadt Ilija, d. i. Aelia, Jerusalem) und Hauran (Hauptstadt Tabarije) geteilt.
Durch innere Unruhen und durch die Einfälle der Mongolen kam P. sehr herunter. 1518 fiel es an die türk. Osmanen. Die Ägyptische Expedition der Franzosen
führte Napoleon Ⅰ. auch nach P., wo er Jaffa eroberte, Akka vergeblich belagerte und den Türken auf der Ebene Jesreel eine Schlacht lieferte. 1831 besetzte
Mehemed Ali von Ägypten P., bis es 1840 durch Englands und Österreichs Vermittelung wieder den Türken zurückgegeben wurde. Das schwache Regiment
der Türken hat zu verschiedenen Malen den Versuch zur Gründung kleiner selbständiger Reiche gestattet, so den des Drusenfürsten Fachr ed-Din im Anfang
des 17. Jahrh., des Zahir el-Amr um 1750 und nach ihm des Ahmed ed-Dschezzar und seiner Nachfolger (1775–1832) in Akka. Ungefähr seit 1840 hat jedoch
die türk. Regierung sich eine festere Stellung im Lande zu schaffen gesucht und manche Reformen eingeführt. Schulen sind gegründet, Straßen gebaut, sogar
Konzessionen zum Bau der Jaffa-Jerusalemer Eisenbahn (s. d.) und der von Beirut sowie von Haifa nach Damaskus erteilt. Das
hauptsächliche Verdienst um die Hebung P.s gebührt den Missionen der verschiedenen christl. Kirchen, unter denen die prot. Amerikaner, Engländer und
Deutschen die ersten waren. Die Deutsche Tempelgesellschaft hat seit 1868 vier Kolonien in P. gegründet: in Jaffa, Sarona, Haifa und Jerusalem. Neuerdings
macht der Palästinaverein der Katholiken Deutschlands ähnliche Versuche. Die türk. Verwaltung ist gegenwärtig folgende: der südl. Teil des Westjordanlandes
bildet das Mutesarriflik el-Kuds oder Jerusalem; der nördl. Teil des Westjordanlandes steht unter dem Wali (Statthalter) von Beirut, während das Ostjordanland
zu dem Wilajet Damaskus gehört.
Palästra, bei den alten Griechen die Ringschule, Turnplatz der Knaben wie der Erwachsenen.
Palatāle (lat.), Gaumenlaute, s. Laut.
Palatīna (lat., die «Pfälzische»), die berühmte Heidelberger Bibliothek, die aus der Sammlung der Stiftskirche zum
Heiligen Geiste und der dem Kurfürsten von der Pfalz gehörigen Schloßbibliothek bestand. Nach der Eroberung Heidelbergs durch Tilly (1622) wurde sie vom
Kurfürsten Maximilian von Bayern dem Papst Gregor ⅩⅤ. geschenkt und 1623 zum größten und wertvollsten Teile (allein 3527 Handschriften) ↔
nach Rom abgeführt und in der Vatikana aufgestellt, wo noch jetzt die betreffende Abteilung den Namen P. führt. Von hier kehrte erst 1816 und 1817 besonders
durch Österreichs und Preußens Verwendung ein geringer Teil, die altdeutschen Handschriften, 854 an der Zahl, nach Heidelberg zurück; 38 der übrigen
wertvollen Handschriften, die 1797 von Rom nach Paris geschleppt waren, gelangten gleichfalls 1815 nach Heidelberg zurück. Das herrlichste Kleinod der P. ist
jetzt die sog. Manessische Handschrift (s. d.). (S. auch Heidelberg.) – Vgl. Wilken, Geschichte der Bildung,
Beraubung und Vernichtung der alten Heidelbergischen Büchersammlungen (Heidelb. 1817); Theiner, Schenkung der Heidelberger Bibliothek durch
Maximilian Ⅰ. an Papst Gregor ⅩⅤ. (Münch. 1844); Bähr, Die Entführung der Heidelberger Bibliothek nach Rom im J. 1623 (Lpz. 1845); Stoll, Über den
Historiker Friedr. Wilken Ⅰ. (Cass. 1894).
P. bibliotheca hieß auch eine vom Kaiser Augustus in der Säulenhalle des Apollotempels auf dem Palatin in Rom
angelegte Bibliothek, die durch einen Brand unter Kaiser Commodus zu Grunde ging. Auch andere Palastbibliotheken, z. B. in Florenz ein Teil der Laurenziana,
heißen so.
Palatināt, Amt, Würde und Gebiet eines Palatinus (s. d.), Pfalzgrafschaft.
Palatīnischer Berg (Mons Palatinus), nächst dem Kapitolinischen
der berühmteste von den sieben Hügeln Roms. Er erreicht ungefähr eine Höhe von 50 m ü. d. M. (43 m über dem Tiber), bildet ein unregelmäßiges Viereck,
besteht aus zwei Kuppen und fällt außer nach NO. ziemlich steil ab. Der älteste Name lautet Palatium. Die Alten
brachten ihn fälschlich mit der arkad. Stadt Pallantion in Verbindung; vielleicht hängt er mit der Göttin Pales zusammen. Palatium ist zugleich der Name des
nach der Sage von Romulus hier gegründeten ältesten Roms, der Roma quadrata (so genannt nach der Form des Berges).
Am Cermalus, dem Nordwestabhaug des P. B., zeigte man später das Lupercal (s. Luperkalien) und die strohgedeckte Hütte
(casa) des Romulus u.a. Auf und an dem P. B. lagen die alten Tempel der Victoria, des Jupiter Stator, der Magna Mater.
Daneben standen auf dem Berge Privathäuser, wie das des Cicero, des Marcus Scaurus und anderer angesehener Römer. Auf der südl. Hälfte erbaute
Augustus seinen Wohnsitz und in der Nähe den Tempel des Apollo Palatinus (28 v. Chr.) mit der berühmten griech. und lat. Bibliothek. Der P. B. wurde damit
Residenz, auf sie ging jetzt der Name Palatium über. Die nördl. Kuppe versahen Tiberius und Caligula mit Palastanlagen; die Flavier (Vespasian, Titus,
Domitian) überbrückten die Einsattelung des Bergs mit mächtigen Substruktionen, auf denen sie ein prachtvolles Schloß erbauten. Hadrian und Septimius
Severus erweiterten die palatinischen Anlagen nach Süden zu; der letztere baute als Abschluß der hier mündenden Via Appia das sog.
Septizonium, einen vielstöckigen Säulenbau, dessen bedeutende Reste erst Ende des 16. Jahrh. von Sixtus Ⅴ. zerstört
wurden. Seit Alexander Severus hörte der P. B. auf, dauernde Residenz der Kaiser zu sein; aber sein Name wurde technisch für die kaiserl. Hofstätte, auch die
deutsche Pfalz (s. d.) ist von ihm abgeleitet. Auf dem nordöstl. Teil des Hügels legte der Papst Paul Ⅲ. aus dem Hause Farnese eine
Villa, die sog. Orti Farnesiani, an; 1726 wurden dort unter Bianchinis Leitung (vgl. dessen «Palazzo de' Cesari», Verona
1738) die ersten
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 819.