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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Palermo
Florio (1875). Öffentliche Spazicrgänge sind: die
Marina oder Foro Italico oder della ^tarina am
Meere, an deren Südende der Garten Flora oder
Villa Giulia, 1777 angelegt, neuerdings erweitert,
einer der fchönften öffentlichen Gärten Italiens, mit
der Gruppe der neugriech. Seeheldcn Brüder Kana-
ris, von Benedetto Civiletti, und einem Denkmal
Friedrichs II., westlich davon der reiche dotan. Gar-
ten (1785) und die Strada della Libertä vor Porta
Macqueda, die den Giardino Inglese, mit dem
Reiterstandbild Garibaldis, durchschneidet, endlich
der Giardino Garibaldi (1863). In der Nähe von P.,
beiGibilrossa, ein Denkmal (1882) auf der Stelle, wo
Garibaldi 1860 vorder Einnahme der Stadt lagerte.
Kirchen. Der Dom wurde 1169 - 85 erbaut
und fpäter verändert, 1781-1801 von Ferdinando
Fuga durch eine Kuppel und durch Seitenapsiden
im Qucrschiff verunstaltet. Das westl. .Hauptportal
nütden beidenTürmen wurde 1300-59 errichtet; der
Giebel der Vorhalle an der Südseite stammt von
1450, die Thür von 1425. Die Kirche ist durch zwei
Bogen mit dem Glockenturme (12. Jahrh.) verbun-
den. Im rechten Seitenschiff ruhen unter Baldachinen
in Porphyrsarkophagen Kaiser Friedrich II. und seine
Gemahlin Konstanze von Aragon, Heinrich VI.,
König Noger und seine Tochter, die Kaiserin Konstanze
uud Wilhelm, Sohn Friedrichs II. von Aragon; in
einer Kapelle die heil. Nosalie in einem silbernen
Sarge (1631, 412 kF schwer). San Giovanni degli
Eremiti, eine der ältesten Kirchen der Normannen,
1132 gegründet, hat die Form eines ägypt. Kreuzes,
fünf Kuppeln, Überreste einer kleinen Moschee und
einen schönen, verfallenen Kreuzgang; San Cataldo,
1161 begonnen, mit drei Kuppeln, arab. Zinnenfnes,
altem Altar und bunten: Fußboden; La Martorana,
1143 vom Großadmiral Rogers II., Georgios Hn-
üochcnos, gestiftet, ein byzant. Quadratbau, ur-
sprünglich mit Kuppel und Mosaiken, ist nach dem
alten Plane wiederhergestellt; San Ealvatore, ein
Prachtbau von Amatö (1628), ist im Inneru ein
Oval mit drei gewaltigen Nischen; San Giuseppe
de'Teatini (17. Jahrh.), eine Säulenbasilika in
kolossalen Formen mit prächtiger Dekoration und
Unterkirche; Santa Caterina (16. Jahrh.) mit Innen-
schmuck im Barockstil; die Casa Profesfa mit der über-
ladenen Iesuitentirche (1683); die Kirche del Carmine
Maggiore, ein glänzender Bau des 17. Jahrh., mit
Kapellen; San Antonio, ein Zentralbau mit byzant.
Grundriß (13. Jahrh.), nach einem Erdbeben (1823)
wiederhergestellt; San Domenico, 1640 erbaut, mit
Raum für 12 000 Menschen und Grabdenkmälern
hervorragender Sicilianer; die kleine Kirche Santa
Maria della Catena, genannt nach der Kette, durch
die der Hafen abgesperrt war, mit schöner Vorhalle,
das Kapuzinerkloster vor der Porta Nuova, in dessen
unterirdischen Korridoren die ausgetrockneten Lei-
chen wohlhabender Palermitaner aufbewahrt wer-
den, die Vadia della Magioue, um1150vonMattco
d'Aiello für die Cistercienser gestiftet und 1193 von
.Heinrich VI. den Brüdern vom Deutschen Hause als
Ordenshaus übergeben, mit Gräbern deutscher
Ritter aus dem 15.Jahrh.; Santa Maria die Gcsü,
1429 errichtetes Kloster, jetzt Kaserne. Die Stadt hat
eine englische und eine italienische evang. Gemeinde.
Weltliche Gebäude. Bauten aus dem Alter-
tum sind bis auf die 1785 entdeckten Katakomben
von Porta Ossuna nicht mehr vorhanden, seitdem
die auf der Piazza Vittoria 1869 entdeckten Reste
eines röm. Hauses wieder verschüttet und die dort
^ gefundenen Mosaikfußböden ins Museo nazionale
i gedrackt worden sind. Sehr interessant sind die
l mittelalterlichen Kunstdenkmale, besonders aus der
Normaunenzeit. Das königl. Schloß (I'Hi1^?.o1l6-
^rw), dessen Grundlagen sarazen. Ursprungs sind und
an dem mehrere uormann. und staufische Könige ge-
baut haben, enthält die sog. Stanza di Ruggero mit
! mosaitbeoeckten Wänden aus uormann. Zeit in dem
! einst Torre Pisana, jetzt Torre Santa Ninfa genann-
! ten Teile, mit der durch Entdeckung der Ceres (1. Jan.
1801) durch Piazzi berühmt gewordenen Sternwarte
(75 in hoch) und die berühmte Cappella Palatina,
gegründet von König Noger 1132, mit prachtvollem
Mosaikschmuck, eine der schönsten Echloßkapellen, ein
Schatzkästchen mittelalterlicher Kunst, in der byzant.,
arab. und abendläud. Elemente zu einem herrlichen
Ganzen vereinigt sind. Gegenüber der Palazzo
Sclafani, 1330 erbaut, seit dem 15. Jahrh. Spedale
Grande, jetzt Kaserne, mit einem großartigen Fresko-
gemälde des 15. Jahrh, in den Arkaden; der erz-
vischöfl. Palast, 1460 erbaut und fpäter erweitert,
mit einem Turm (12. Jahrh.), der durch zwei Bogen
mit dem Dom verbunden ist; Palazzo della Cittä
oder Municipale; Palazzo Tribunali, früher Chiara-
monti, gewöhnlich lo Steri genannt, im 14. Jahrh.
! erbaut, 1392 den Gerichtshöfen eingeräumt, später
Wohnuug der Vicekönige, nach 1600 Sitz des In-
quisitionstribimals, jetzt Iustizgebäude; der Palazzo
Abbatelli (1495), jetzt Kloster der Nonnen dclla
Pieta; das neue tönigl. Finanzgebäude u. a. Eine
eigentliche Hochschule gründete erst Ferdinand IV.
1779; sie ging 1805 ein, wurde 1850 wieder er-
öffnet und' blühte rasch auf. Sie zählte (1892)
105 Docenten und 1264 Studierende, darunter
417 Juristen und 414 Mediziner. Zur Universität
gehören eine Pharmaceutische und eine Ingenieur-
schule, bedeuteude naturwissenschaftliche Samm-
lungen (Fische, fossile Säugetiere, Höhlenfunde).
Ferner hat die Stadt eine Zidliotoca. comuuaiL
(160 600 Bände, 600 kleinere Schriften, 3000
Manuskripte) in der ehemaligen Casa Professa,
welche die reichste Sammlung von Handschriften und
Büchern zur sicil. Geschichte enthält, eine National-
bibliothek (149 500 Bände, 5000 Flugschriften und
1757 Handschriften) im ehemaligen Collegio nuovo
der Jesuiten, ein Museo uazionale im ehemaligen
Kloster der Filippini, berühmt dnrch die hier aufbe-
wahrten Skulpturen von Selinus und sehenswert
durch mauche andere antike Überreste (z. B. die Mo-
saiken der Piazza Vittoria) und Gemälde, ein großes
Archiv, drei Gymnasien, eine Oberrealschule und
Realschulen, ein Lehrer- und Lehrerinnensenünar,
höhere Mädchenschulen und Pensionate, mehrere
Akademien, die Hocietü, per Icr Ltoriu. Mtria, das
Konservatorium für Musik, das Agrarische In-
stitut, die Seemannsschule u. a. m. Für den Unter-
richt in den neuern Sprachen sorgt der (ürcolo tilo-
! loFico. Zu den ältern Theatern sind das Politeama
i und neuerdings ein bedeutendes Opernhaus hinzu-
gekommen. P. hat mehr als 40 Wohlthätigkeits-
anstalten mit etwa 2 Mill. Lire Einnahmen.
Industrie, Handel, Verkehr. Die Industrio
ist besonders vertreten durch die 1841 gegründete
Fonderia (Gießerei) Oretea der Neederfirma Florio-
Rubattino (s. d.); auch werden in P. schöne Tisch-
platten aus Marmormosaik und gute Handschuhe
gefertigt. Der Großhandel wird teilweise von an-
sässigen Fremden betrieben, Engländern, Deutschen
! und Schweizern. Die hauptsächlichsten Ausfuhr-