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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pompeji
an das Königreich Italien (1870) beginnt die neueste
Periode der Ausgrabungen P.s, die für die Wissen-
schaft die ertragreichste wurde. Unter der Leitung
Fiorellis (s. d.) begann, im Gegensatz zu dem frühern
Raubbail, dem es hauptsächlich auf ein Zusammen-
häufen kostbarer Fundstücke ankam, eine planmäßige
nnd sorgfältige Aufdeckung des Verschütteten, die
möglichste Erhaltung und genaue Aufnahme des
Gefundenen. Aufgedeckt ist etwa ein Drittel der
Stadt, über die Geschichte der Verschüttung und
Ausgrabung vgl. Fiorelli, ?0inp6ian^i'um anti^ui-
tawin biätoria (2 Bde., Neap. 1860-62); ^ompLi
s 1a. r6Fion6 LotteriütH ä^i Vo8uvi0 (ebd. 1879).
Die Stadt P. hat (wie der nachstehende Plan zeigt)
die Form eines Ovals, dessen beide Durchmesser
etwa 1200 und 700 m und dessen Umfang etwa
3 km beträgt. Die Stadtmauer, in geringen Ab-
ständen durch Türme verstärkt, hat acht zum Teil
die Basilika, mehrere für die Versammlungen der
Magistrate, des Stadtrats und anderer Körper-
schaften dienende Lokale (sog. Kurien) u. s. w. Von
andern öffentlichen Gebäuden innerhalb der Stadt
sind zu nennen: die Tempel der Isis, der Fortuna,
der drei kapitolinischen Gottheiten (Jupiter, Juno,
Minerva), meist Tempel des Äskulap genannt, end-
lich der schon im Altertum als Ruine daliegende
dor. Tempel, das älteste Bauwerk in P. Für öffent-
liche Schaustellungen dienten das Amphitheater am
Ostende der Stadt sowie ein größeres unbedecktes
und ein kleineres bedecktes Theater, letztere beide in
der Nähe des Forums. Vor dem Herculaner Thor
im NW. befindet sich die Gräberstraße (s. Fig. 5).
Unter den öffentlichen Thermenanlagen zeichnen sich
die beiden ältern, 1824 (s. Tafel: Bäder I, Fig. 2)
und 1857 ausgegrabenen durch Vollständigkeit der
Erhaltung und geschmackvolle Dekoration aus; ein
^M.4.4^in'lM^
X^e^H 1-12 000 "^^
M" N^oi-
Plan von Pompeji mit den Ausgrabungen bis 1394.
" Tempel des Jupiter.
!> Tempel des Apollo,
o Kapelle des Genius
Augusti.
ä Macellum.
e Basilika,
k Tempel der Isis.
? Tempel der Fortuna.
Ii Tempel der drei kapitoli-
nischen Gottheiten,
i Dorischer Tempel.
K Großes u. kleines Theater.
1 ni Mtere Thermen,
ii Neue Therme.
o Casa di Pansa.
p Haus der Eumachia.
ci Casa dei Diadumeni.
r Haus des Siricus.
" Haus mit dem Ballon.
v Casa del Poeta tragico.
>v Fullonica.
x Haus des Meleager.
? Haus des Sallustius.
^5illa des Diomedes.
wohlerhaltene Thore. Ihre Länge beträgt etwa
2000 in-, mehr als ein Viertel ihres ursprünglichen
Umfangs ist schon seit der letzten republikanischen und
dem Ansang der Kaiserzeit von angelehnten Privat-
gebäuden eingenommen und teilweise zerstört. Das
Straßennetz zeigt eine regelmäßige Anlage, die
Straßen sind mit Lavablöcken sorgfältig gepflastert
und an den Seiten mit Trottoirs versehen. Das
Forum (s. Tafel: Ausgrabungen zu Pom-
peji, Fig. 7) liegt fast am Westende der Stadt, hat
die Form eines Rechtecks von 150 X 50 m und ist
mit einer umlaufenden Säulenhalle versehen, welche,
durch das Erdbeben von 63 v. Chr. arg beschädigt,
sich eben in Restaurierung befand, als die Kata-
strophe von 79 n. Chr. hereinbrach. Am Forum
liegen eine große Anzahl öffentlicher Gebäude: die
Tempel des'Jupiter, des Apollon (fälschlich Venus-
tempel genannt), die Kapelle des 66nw8 ^uzu8ti
(sog. Merkurtempel), ferner die Verkaufshalle für
Lebensmittel (Nlicolwin, früher Pantheon genannt),
Haus des M. Lucretius. ^ Amphitheater,
u Haus des Faun.
drittes großes Bad, welches beim Untergange der
Stadt im Bau war, wurde 1877 ausgegraben.
Besonders wichtig ist P. für unsere Kenntnis des
ital.-röm. Privatbaues in seiner Entwicklung vom
3. Jahrh. v. Chr. etwa an bis in die Kaiserzeit. Als
Beispiel eines pompejanischen Hauses, welches sich
durch eine regelmäßige und charakteristische Anlage
auszeichnet, ist die sog. Casa di Pansa her-
vorzuheben. Es bezeichnet auf dem umstehenden
Plan dieses Hauses: 1 das Vestibulum, 2 das
Atrium mit dem Impluvium in der Mitte; rechts
und links hat das Atrium je vier ziemlich quadra-
tische Nebenräume, von denen die drei ersten (3)
abgeschlossene Kammern bilden, während die beiden
hintersten (4) sich in ihrer ganzen Breite auf das
Atrium öffnen und so flüyelartige Erweiterungen
(^N6) desselben bilden. Kmter dem Atrium liegt
in der Mitte das Staatszimmer (5, tadiinuni); hier
empfing der Patron seine Klienten, der Magistrat
seine Untergebenen. (Von der reizvollen perspekti-