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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rameaux - Ramler

polite et Aricie») widmete sich R. hauptsächlich der Opernkomposition. Er gab der franz. Bühne 22 große Opern und Opernballetts, von denen «Castor et Pollux» (1737), «Dardanus» (1739), «Les fêtes de l’Hymen et de l’Amour» (1747) und «Zoroastre» (1749) die bedeutendsten sind. Mit diesen Werken schlug R. den nach Lullys Tod bedrohlich gewordenen Einfluß der ital. Schule von der Großen Oper ab und rettete die eigene Art des franz. Musikdramas. Er ging vollständig auf das System Lullys zurück und schuf auf Grund dessen Leistungen romantischer Musik, die niemals überboten und nur selten erreicht worden sind. Scenen wie die Leichenfeier und die Ankunft der Dämonen in «Castor et Pollux», die Nilanbetung in «Les fêtes de l’Hymen et de l’Amour» gehören zum Gewaltigsten, was die dramat. Musik besitzt. Aber nicht bloß in der Darstellung hochpathetischer Situationen war R. Meister, auch für das Liebliche und Anmutige im Seelenleben und der Natur hat er die gewinnendsten Töne. Alle seine Opern, voran «Pygmalion» und «Acante et Céphise», sind voll der reizendsten Idyllen, die meisten in der Form von Instrumentalsätzen gehalten. Eine Prachtleistung der musikalischen Porträtierungskunst ist die Titelfigur seines «Zoroastre». – Vgl. A. Pougin, R., essai sur sa vie et ses œuvres (Par. 1876).

R.s Neffe, bekannt durch das dialogische Werk Diderots «Le neveu de Rameau», das Goethe übersetzte und veröffentlichte, noch ehe das Original bekannt war, ist keine fingierte, sondern eine wirkliche Persönlichkeit, von der z. B. Mercier, der Verfasser des «Tableau de Paris», berichtet. Diderot benutzte diese Persönlichkeit, teils um seine Ansichten über Musik dialogisch zu entwickeln, hauptsächlich aber, um einen Charaktertypus seiner moralisch und social verwilderten Zeit aufzustellen. In neuerer Zeit hat Albert Emil Brachvogel denselben Charakter in dem Trauerspiel «Narciß» (1857) dramatisch behandelt.

Rameaux (frz., spr. -moh), Seitenstollen, s. Verteidigungsminen.

Ramée, Louisa de la, engl. Romanschriftstellerin, bekannt unter dem Pseudonym Ouida, geb. 1840 in Bury St. Edmunds als Tochter eines franz. Vaters und einer engl. Mutter, kam schon als Kind nach London und lieferte früh Beiträge zu Zeitschriften. Ihr erster Roman: «Granville de Vigne, a tale of the day», wurde 1860 in dem «New Monthly Magazine» und 1863 in besonderer Ausgabe u. d. T. «Held in bondage» veröffentlicht. Hierauf erschienen «Strathmore» (1865), «Chandos» (1866), «Cecil Castlemaine’s gage and other novelettes» (1867), «Idalia» (1867), «Under two flags» (1868), «Puck, his vicissitudes and adventures» (1869), «Folle farine» (1871), «A dog of Flanders» (1872), «Pascarel» (1873), «Signa» (1875), «In a winter city» (1876), «Ariadne, the story of a dream» (1877), «Friendship» (1878), «Moths» (1880), «The village commune» (1881), «In the Maremma» (1882), «’Wanda» (1883), «Pipistrello» (1884), «Syrlin» (1890), «The tower of Taddeo» (1890), «Two offenders» (1894). R. steht in der ersten Reihe der engl. Sensationsnovellisten, läßt aber in hohem Grade den Einfluß der franz. Romanlitteratur erkennen.

Ramée, Pierre de la, s. Ramus.

Rameh, s. Ramié.

Rämel, Teil des Blauenbergs (s. d.). ^[Spaltenwechsel]

Ramelsloher Huhn (s. Tafel: Geflügel, Fig. 36), kräftiger Landhuhnschlag von 2½ bis 3½ kg Gewicht, mit weißem oder gelbem Gefieder, einfachem stehendem mittelhohem Kamme beim Hahn (bei der Henne klein, stehend oder liegend), langen Kehl-, weißen Ohrlappen, rotem Gesicht und schiefergrauem Schnabel und Läufen. Es wird vorzugsweise in und bei Ramelslohe an der untern Elbe gezüchtet, brütet auch im Herbst und Winter und liefert die Hamburger jungen Winterhühner und die Hamburger Kücken.

Ramenghi, ital. Maler, s. Bagnacavallo.

Ramessīden, Pharaonen, s. Ramses.

Rāmēswaram, Insel zwischen Vorderindien und Ceylon, bildet das westl. Ende der sog. Adamsbrücke (s. d.), gehört zum Distrikt Madura der indobrit. Präsidentschaft Madras und wird von dem Festlande getrennt durch die schwer zu passierende sog. Pambamstraße. Auf der Insel R. befindet sich ein großartiger Tempel des Schiwa, ein vielbesuchter Wallfahrtsort, dessen Gründung auf Rama zurückgeführt wird, dessen ältester Teil aber schwerlich über das Ende des 16. Jahrh. hinausreicht. Der Hauptort Pambam zählt (1881) 4833 E. (ohne die umliegenden Dörfer); die Stadt R., an der Ostküste, hat 6119 E. Die Bevölkerung der ganzen Insel beträgt 17854 E.

Ramié oder Rameh, eine Gespinstfaser, die von Boehmeria tenacissima Gaud. (s. Boehmeria) herstammt. Ihre Heimat ist Ostasien; angebaut wird sie in Indien, China, Manila und dem südl. Teile der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Die R. ist ein Strauch, welcher etwa 3 m hoch wird; aus der Wurzel entwickeln sich zahlreiche dicht und schlank emporschießende Schößlinge oder Stengel mit ziemlich spärlichen, zungenförmigen, genarbten und wolligen Blättern. Sie ist perennierend und dauert in gutem Boden viele Jahre aus. Fortgepflanzt wird sie nur durch Wurzelausläufer oder Stecklinge; die Pflege der in Reihen gestellten Pflanzen beschränkt sich auf Lockerung und Reinhaltung des Bodens. Für Europa ist die beste Pflanzzeit April und Mai. Schon im ersten Jahre giebt sie, günstige Bedingungen vorausgesetzt, vier Ernten, in spätern sogar noch mehr. Die Ernte erfolgt, sobald die Oberhaut der Stengel dunkelbraun geworden, alsdann werden sie dicht am Wurzelstocke abgeschnitten. Die Gewinnung und Verarbeitung der Faser ist dieselbe wie beim Chinagras (s. d.).

Ramillies (spr. -mĭjih), Ort bei Jodoigne in der belg. Provinz Brabant, Eisenbahnknotenpunkt mit 775 E., ist bekannt durch die Schlacht vom 23. Mai 1706, in der der Herzog von Marlborough über die Franzosen unter Villeroy siegte.

Ramisten, Anhänger des Petrus Ramus (s. d.).

Ramleh, genauer er-Ramleh (d. i. der Sandhügel), Städtchen in Palästina an der Straße von Jaffa nach Jerusalem, mit etwa 3000 E. R. wurde 716 von dem Chalifen Suleiman gegründet und zur Hauptstadt des sog. Militärbezirks Palästina gemacht. Es blieb die größte Stadt des Landes bis zur Zeit der Kreuzzüge. Im Mittelalter war R. die übliche Station der Pilger zwischen Jaffa und Jerusalem; daher besitzen noch heute mehrere christl. Konfessionen große Hospize in R. Auch wurde R. lange Zeit für Rama, die Heimat Samuels, angesehen (s. Rama 2).

Ramler, Karl Wilh., Dichter, geb. 25. Febr. 1725 zu Kolberg, studierte 1742‒44 zu Halle,