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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rückfahrkarten; Rückfall; Rückfallfieber; Rückfalltyphus

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Rückfahrkarten – Rückfalltyphus

zu Coburg, studierte in Erlangen, Bonn und Berlin, habilitierte sich 1845 zu Jena und wurde 1852 außerord., 1867 ord. Professor der deutschen Philologie in Breslau, wo er, durch Krankheit viel gehemmt, bis zu seinem Tode, 11. Sept. 1875, wirkte. Bedeutender als seine histor. Arbeiten, unter denen die «Kulturgeschichte des deutschen Volks in der Zeit des Übergangs aus dem Heidentum in das Christentum» (Bd. 1 u. 2, Lpz. 1853‒54) genannt sei, war seine unvollendete «Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache» (Bd. 1 u. 2, ebd. 1875). Sein «Entwurf einer systematischen Darstellung der schles. Mundart im Mittelalter» (neuer Abdruck, Paderb. 1878) ist einer der ersten Versuche einer histor. Dialektgrammatik. Seinen kritischen Ausgaben mittelhochdeutscher Dichter (unter andern Thomasins «Welscher Gast», Quedlinb. 1851) fehlte die kritische Schärfe; verdienstlicher waren die erklärenden «König Rother» (Lpz. 1872) und «Heliand» (ebd. 1876). – Vgl. A. Sohr und A. Reifferscheid, Heinrich R. (3 Bde., Weim. 1877‒80).

Rückfahrkarten, s. Eisenbahnfahrkarten und Eisenbahntarife (Bd. 5, S. 890 a).

Rückfall, Recidiv, die Wiederkehr der Erscheinungen einer Krankheit, nachdem dieselbe wirklich oder scheinbar schon beseitigt war. Außer den wirklichen R. (z. B. wenn ein Krätzkranker nach seiner Heilung durch das Anlegen seiner nicht gereinigten Kleider sich wieder aufs neue mit Krätzmilben ansteckt) gehören hierher die viel häufigern Fälle, wo eine Krankheit durch schubweises Fortschreiten des Prozesses Verschlimmerungen erleidet, wie dies häufig bei der Tuberkulose, der Krebskrankheit, der Syphilis, den Geisteskrankheiten stattfindet. Ist die Wiederkehr der Krankheitssymptome im Wesen der betreffenden Krankheit begründet, so spricht man von einem Relaps (Fieberrelaps); am häufigsten sind derartige R. beim Rückfalltyphus (s. d.).

Rückfall, im Strafrecht die Wiederholung desselben oder eines gleichartigen Verbrechens nach vorausgegangener Bestrafung des Verbrechers wegen der frühern Übertretung (die Verurteilung ohne ganze oder teilweise Verbüßung genügt nicht, doch steht dieser die Begnadigung gleich). Die neuern Strafgesetzgebungen der deutschen Einzelstaaten erkannten den R. ziemlich allgemein als einen Strafschärfungsgrund an; das Deutsche Strafgesetzbuch beschränkt ihn jedoch auf die Fälle Raub, Diebstahl, Hehlerei und Betrug; auch in den Zoll- und Steuergesetzen kommt er als Erschwerungsgrund vor. Die Rückfallsstrafe des Deutschen Strafgesetzbuchs fällt fort, wenn das neue Delikt erst 10 Jahre später begangen wird. Die Feststellung der Rückfälligkeit gehört zu den Aufgaben der Kriminalstatistik (s. d.). Durch sie soll die Zahl und Bedeutung derjenigen Klasse von Menschen nachgewiesen werden, welche, nach dem Ausdrucke Merkels, dargethan hat, daß sie unter den Bedingungen bürgerlicher Freiheit ein nützliches, ja ein mit dem Wohle der andern verträgliches Leben nicht zu führen vermag, und der gegenüber es sich nicht sowohl um die Findung einer erhöhten Kriminalstrafe als vielmehr um ein sociales Problem handelt. Die Existenzbedingungen der rückfälligen Verbrecher müssen entsprechend ihrer Individualität und dem Sicherheitsinteresse der Gesellschaft gestaltet werden. Von diesen Gesichtspunkten aus haben neuere Strafrechtsschulen (s. Kriminalanthropologie und Internationale kriminalistische Vereinigung) den Versuch gemacht, den Gewohnheitsverbrecher im Gegensatz zu dem Gelegenheitsverbrecher grundsätzlich einer abweichenden Behandlung zu unterziehen und für den unverbesserlichen Gewohnheitsverbrecher insbesondere die, in ihrer Dauer einstweilen nicht beschränkte, Unterbringung in Anstalten mit angestrengter Arbeit vorzuschlagen. Die Sache ist von praktischer Bedeutung, denn die Zahl der Rückfälligen ist in fortdauernder Zunahme begriffen. Nach der Kriminalstatistik des Deutschen Reichs, welche mit 1882 beginnt, ist das Zahlenverhältnis derjenigen Verurteilten, welche bereits früher eine Freiheitsstrafe verbüßt hatten, zu den Verurteilten überhaupt folgendes gewesen: 1882: 23 Proz.,1883: 24,1 Proz., 1884: 24,6 Proz., 1885: 25,4 Proz., 1886: 26 Proz., 1887: 26,6 Proz., 1888: 26,9 Proz. – Vgl. Merkel, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts (Stuttg. 1889); Sichart, Die Bestrafung des R. nach Deutschem Recht (in der «Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft», Bd. 10, Berl. 1890).

Rückfallfieber, s. Rückfalltyphus.

Rückfalltyphus, Rückfallfieber, Typhus recurrens, Febris recurrens (engl. Relapsing fever), eine epidemisch auftretende, typhusähnliche Infektionskrankheit, die in Rußland, namentlich in Petersburg, 1864 und 1865 zahlreiche Opfer forderte. Anfänglich wurde sie für eine ganz neue Krankheitsform gehalten, doch fand man bald darauf, daß schon früher ähnliche Epidemien an verschiedenen Orten beobachtet worden waren: so namentlich in Dublin (1739), dreimal in Edinburgh (1817, 1842 und 1847); 1847 war sie in London und in Schlesien aufgetreten. In der neuesten Zeit hat sie wiederholt in Rußland gewütet und hat sich außerdem, aber mehr sporadisch, über Teile von Deutschland und England ausgebreitet. In Österreich und Deutschland sind namentlich in Prag, Wien, Breslau, Leipzig, Dresden und Berlin von 1868 an kleinere Epidemien vorgekommen. Das Krankheitsbild des R. besteht vorzugsweise in starken und lange anhaltenden Fieberanfällen mit nachfolgenden heftigen Gliederschmerzen, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Kräfteverfall. Charakteristisch und unterscheidend von andern Fieberformen ist die lange Dauer des Fieberanfalls (durchschnittlich 5‒7 Tage) und die beträchtliche völlig fieberfreie Zwischenzeit (meist 6‒8 Tage), die zwischen dem ersten und einem zweiten Anfall gelegen ist. Diese Zwischenzeit ist so groß, daß der Kranke bei den gelindern Erkrankungsformen sich oft schon genesen glaubt, ehe sich der zweite, gewöhnlich kürzere Anfall wiederholt, selten tritt der Anfall mehr als zweimal ein. Die Temperatur während des Fieberanfalls erreicht gewöhnlich 40‒41° C.; die Entfieberung am Ende des Anfalls erfolgt in der großen Mehrzahl der Fälle kritisch, d. h. plötzlich und unter reichlichem Schweiß. Der Tod kann während des Fieberanfalls oder nachher infolge der bedeutenden Entkräftung erfolgen. Die Sterblichkeit schwankt in den verschiedenen Epidemien ungefähr zwischen 2 und 7 Proz. der Erkrankungsfälle.

Die Ursache des Rückfallfiebers wurde von Obermeier 1873 in einer Spirochätenform (schraubenförmiges Bakterium) gefunden, die, lebhaft beweglich, zur Zeit der Fieberanfälle in großen Massen im Blut des Kranken auftritt (Spirochaete Obermeieri, s. Tafel: Bakterien, Fig. 4). Teilungs- oder Sporenbildungsvorgänge sind an derselben noch nicht sicher beobachtet worden, auch konnte man