1006
Situation – Sivatherium
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Sittlichkeitsvereine'
u. s. w. ankämpfen. Der erste derartige Verein ist unter Führung hochgestellter Männer in Staat, Kirche und Heer in Berlin entstanden. Jetzt bestehen S. in vielen größern
Städten Deutschlands. Die erste, 19. und 20. Aug. 1889 in Cassel veranstaltete «Allgemeine Konferenz der deutschen S.» (mit dem Sitz in Berlin) beschloß eine
allgemeine deutsche Vereinigung mit Organen in den einzelnen Ländern und Provinzen zu gründen. Monatsblätter der S. sind: «Korrespondenzblatt zur Bekämpfung der
öffentlichen Sittenlosigkeit» (für Männer; Berlin) und «Frauenblätter» (ebd.).
Situation (lat.), Lage, Stellung, Zustand.
Situieren (lat.), in eine Lage, Stellung bringen.
Situs inversus, Situs transversus (lat.), in der pathol. Anatomie
diejenige verhältnismäßig seltene Abnormität, bei der sämtliche Organe des Körpers, die normalerweise links liegen, rechts gelagert sind und umgekehrt.
(S. Dextrokardie.)
Sit venĭa verbo (lat., «dem Worte sei Erlaubnis»), mit Verlaub zu sagen.
Sitzgerechtigkeit (Recht auf den Sitz), Grunderbrecht, in Oldenburg Bezeichnung für
Höferecht (s. d.).
Sitzungspolizei, nach Tit. 14 des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes die jedem Vorsitzenden zur Aufrechthaltung der Ordnung in der
Sitzung zustehenden Maßregeln und die Bestrafung der dennoch in der Sitzung begangenen Ordnungswidrigkeiten, die indes nur durch Gerichtsbeschluß angeordnet
werden kann. Den Anordnungen des Vorsitzenden sind alle in der Sitzung anwesenden Personen, namentlich auch die Vertreter der Staatsanwaltschaft unterworfen; den
Strafmaßregeln des Gerichts sind die bei der Verhandlung amtlich beteiligten Personen nicht unterworfen. Das Gericht kann gegen Parteien, Beschuldigte, Zeugen,
Sachverständige und bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen, wenn sie den zur Aufrechthaltung der Ordnung erlassenen Befehlen nicht gehorchen, Entfernung aus
dem Sitzungszimmer oder Haft bis zu 24 Stunden, wenn sie sich aber einer Ungebühr schuldig machen, unbeschadet strafrichterlicher Verfolgung, eine Ordnungsstrafe bis
zu 100 M. oder 3 Tagen Haft, gegen Anwälte und Verteidiger nur eine Ordnungsstrafe bis zu 100 M. festsetzen. Die Vollstreckung der Ordnungsstrafen, gegen welche
binnen einer Woche Beschwerde an das Oberlandesgericht zusteht, hat der Vorsitzende unmittelbar zu veranlassen. Aufschiebende Wirkung hat die Beschwerde nur
bezüglich der gegen Anwälte und Verteidiger und der von einzelnen Richtern bei Amtshandlungen außerhalb der Sitzung festgesetzten Ordnungsstrafen. – Die Österr.
Strafprozeßordnung legt sowohl dem Vorsitzenden als dem Gericht noch weiter gehende Befugnisse bei; insbesondere kann der Vorsitzende Zuhörer aus dem
Sitzungssaal entfernen lassen und im Fall der Widersetzlichkeit zu einer Arreststrafe bis zu 8 Tagen verurteilen (§. 233); der Gerichtshof kann den Verteidiger mit einem
Verweis oder Geldstrafe bis zu 100 Fl. belegen; auf Antrag des Gerichtshofs erster Instanz kann der Gerichtshof zweiter Instanz dem Verteidiger, der nicht Advokat ist, die
Befugnis, vor Gericht zu erscheinen, bis zur Dauer von 6 Monaten entziehen, während gegen Advokaten ↔ die Entziehung nur von der
Disziplinarbehörde ausgesprochen werden kann (§. 236).
Sitzungsprotokoll, das Protokoll (s. d.) über die mündliche Verhandlung im Civilprozeß oder die Hauptverhandlung im
Strafprozeß.
Siuah, soviel wie Siwah (s. d.).
Sium L., Merk,
Pflanzengattung aus der Familie der Umbelliferen (s. d.) mit nur wenigen auf der nördl. Halbkugel weit verbreiteten Arten, krautartige Gewächse, die
vorzugsweise an sumpfigen Orten wachsen. Die einzige in Deutschland einheimische Art, S. latifolium
L., Sumpfmerk oder Wasserpastinake, ein
Sumpfgewächs mit röhrigem, vielkantigem, stark verzweigtem Stengel, fiederteiligen, breitzipfeligen, über den Wasserspiegel hervorragenden und in feine, haarförmige
Zipfel zerteilten, untergetauchten Blättern, gilt für giftig. Zu dieser Gattung gehört auch die Zuckerwurzel
(S. sisarum L.), eine aus Mittelasien stammende, in Deutschland vielfach verwilderte, ihrer
süß und aromatisch schmeckenden Wurzeln halber auch angebaute Pflanze. Ihr Wurzelstock besteht aus büschelig gruppierten Wurzeln, ihre untern Blätter sind
fiederschnittig mit eiförmig-länglichen, scharfgesägten Abschnitten, die obern dreiteilig mit lanzettlichen Teilstücken, die Blüten wie bei
S. latifolium weiß. Diese Pflanze verlangt einen leichten, fetten, gut gearbeiteten und warm gelegenen Boden.
Siût, Assiut, kopt. Saûd, Hauptstadt Oberägyptens und
der Provinz (Mudirieh) S. (128700 qkm, darunter nur 2174 qkm Kulturland, mit 562137 E.), das alte Lykopolis (d. i. Wolfsstadt),
unweit vom Nil in fruchtbarer Gegend auf der westl. Seite des Thals 45 m ü. d. M. gelegen, Endpunkt des ägypt. Eisenbahnnetzes und Dampferstation, zählt (1882)
31575 meist kopt. E. Die Stadt ist Sitz eines Paschas, eines kopt. Bischofs sowie eines deutschen Konsularagenten, hat einen Palast, zwei schöne Moscheen, schönes
Bad, Hospital, presbyterianische Missionsanstalt, große Baumwollspinnerei und Regierungsmagazin für die Bodenprodukte der Provinz. Als Hauptstation für die
Karawanen aus Nubien, den Oasen westlich vom Nil und dem östl. Sudan, unterhält S. noch immer bedeutenden Handel. Beliebt sind die Thonwaren (vorzüglich
Pfeifenköpfe), die Sattlerarbeiten, die namentlich nach Centralafrika Absatz finden, die Fächer aus Straußenfedern und die Elfenbeinschnitzereien. S. ist archäologisch nur
durch seine Nekropole und die Mumiengräber des hier verehrten Wolfes in den Felsen der westl. libyschen Bergkette bemerkenswert. Das unmittelbar am Nil gelegene
Dorf El-Hamra ist der Hafen von S. und mit der Stadt durch einen Damm verbunden. Zur Provinz gehören die Oasen
Chargeh und Dachel (s. d.).
Sivan (hebr.), der dritte Monat der Juden, hat 30 Tage und entspricht etwa der Zeit von Mitte Mai bis Mitte Juni. Am sechsten und siebenten S.
wird das Wochenfest (s. d.) begangen.
Sivatherĭum Falc.,
Schiwatier, ein urweltliches Riesentier aus den siwalischen Bergen Nordindiens, von abenteuerlicher Form, vereinigt Merkmale der
Giraffen und Dickhäuter in sich. Der Körperbau war schwerfällig und gedrungen, der Hals viel kürzer als bei der Giraffe; der Kopf, so groß wie der Schädel lebender,
erwachsener Elefanten, hatte einen kurzen Rüssel und zwei Hornpaare, von denen das größere vordere von der Lage der Giraffenhörnchen, aber weit größer, ge-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 1007.