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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Steuerbordwache - Steuerkapital

Steuerbordwache, s. Schiffswache.

Steuerbuch, s. Kataster.

Steuereinheit, einerseits die Maßeinheit des Steuerobjekts, auf das sich der Steuerfuß bezieht, z. B. 1000 M. Grundsteuerkapital oder 100 M. Reinertrag, von denen so und so viel Mark als Steuer zu entrichten sind. In einem andern Sinne bedeutet S. den einfachen Steuersatz oder das sog. Simplum, von dem ein je nach dem Finanzbedarf des Staates wechselndes Vielfaches den wirklichen Steuerfuß darstellt. Dieses in einigen Staaten bestehende Verfahren ist besonders zweckmäßig bei solchen Einkommensteuern, die als Ergänzungssteuern zur Beibringung des aus den übrigen Quellen noch nicht gedeckten Einnahmebetrags dienen. Ist die S. in diesem Sinne z. B. ¼ Proz. des Einkommens und macht sie nach den geltenden Einschätzungen für das ganze Land 1 Mill. M. aus, so erfordert ein noch zu deckender Bedarf von 10 Mill. also 10 Einheiten oder einen Steuerfuß von 2½ Proz. Vor Beginn der Budgetperiode hat die Volksvertretung über die Zahl der zu erhebenden S. zu beschließen, wodurch ihr Steuerbewilligungsrecht eine wesentlich vergrößerte Tragweite erhält. Der wechselnde Fuß der engl. Einkommensteuer wird übrigens einfach durch Angabe der Anzahl Pence ausgedrückt, die von 1 Pfd. St. Einkommen erhoben wird.

Insbesondere braucht man in Sachsen die Bezeichnung S. auch bei Veranlagung der Grundsteuer, indem man ein Grundstück je nach seinem Reinertrage in eine bestimmte Anzahl S. zerlegt und die Steuer nach solchen Einheiten erhebt. So wird z. B. die Grundsteuer von dem nach vorausgegangener Vermessung und Abschätzung ermittelten Reinertrage der Grundstücke und Gebäude nach S. erhoben, und das Gesetz bestimmt, daß auf je 1 M. dieses Reinertrags eine S. gelegt wird.

Steuerfeddan, ägypt. Maß, s. Feddan.

Steuerfreiheit, das Privilegium, vermöge dessen eine Person oder Sache von der Pflicht zur Steuerentrichtung befreit ist. Solange es in einem Lande einen herrschenden Volksstamm oder privilegierte Stände giebt, suchen diese ihre bevorzugte Stellung besonders dadurch auszunutzen, daß sie sich der Steuerlast soweit wie möglich entziehen. So wurde den röm. Bürgern nach der Eroberung Macedoniens die Grundsteuer erlassen und später diese Befreiung auf ganz Italien und einzelne andere Gebietsteile als jus italicum ausgedehnt. Diocletian hob dieselbe auf, doch blieben auch später noch viele persönliche "Immunitäten", namentlich von den sehr drückenden außerordentlichen Steuern bestehen. Im Mittelalter brachte das Feudalwesen die S. der adligen und geistlichen Grundherren mit sich, und zwar bezog sich dieselbe nicht nur auf Grundabgaben, sondern auch auf indirekte Steuern, wie Binnenzölle und Verkaufsaccisen. Auch die Städte wurden z. B. in Frankreich in der Periode der kommunalen Bewegung durch königl. Freibriefe von vielen Steuern befreit. Die S. der privilegierten Stände schloß jedoch keineswegs Freiheit von allen öffentlichen Lasten in sich. Sie hatten für den Kriegsdienst Leute zu stellen und auf ihre Kosten zu unterhalten, und bei besondern Gelegenheiten Beiträge zu entrichten, die teilweise zwar als freiwillige bezeichnet wurden, thatsächlich aber nicht verweigert werden konnten und außerordentliche Steuern bildeten. Die S. erscheint daher vielfach nur als Grundlage des Steuerbewilligungsrechts.

Sehr lange erhielt sich die Grundsteuerbefreiung für adlige Güter, auch nachdem die früher an deren Besitz geknüpften Ritterdienste nicht mehr geleistet wurden. In Preußen setzte Friedrich Wilhelm I. wenigstens in einigen Provinzen, trotz heftigen Widerstandes der Stände, Reformen durch; doch blieben noch viele Befreiungen und Ungleichheiten, und erst durch Gesetz von 1861 wurde die Grundsteuerausgleichung (und zwar mit Entschädigung der neu belasteten Besitzer) zu Ende geführt.

Gegenwärtig bestehen noch immer verschiedene Befreiungen; sie beruhen auf völkerrechtlichen Verhältnissen, oder staatsrechtlichen Bestimmungen, oder auf volkswirtschaftlichen oder socialpolit. Erwägungen. Von der preuß. Einkommensteuer z. B. sind außer der königl. Familie auch die Mitglieder der 1866 depossedierten Fürstenhäuser ausgenommen. Die Häupter und Mitglieder der Familien vormals unmittelbarer Reichsstände wurden nach dem Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 für das ihnen zustehende Recht auf Befreiung von der Einkommensteuer nach näherer Vorschrift eines Gesetzes vom 18. Juli 1892 entschädigt und vom 1. April 1893 an zur Einkommensteuer herangezogen. Auch das Gesandtschaftspersonal und die Berufskonsuln fremder Mächte sind von der Einkommensteuer frei. Das Militäreinkommen der Personen des Unteroffizier- und Gemeinenstandes, ferner das Militäreinkommen aller Angehörigen des aktiven Heers und der aktiven Marine während der Zugehörigkeit zu einem in der Kriegsformation befindlichen Teile des Heers und der Marine, die den Kriegsinvaliden gewährten gesetzlichen Pensionserhöhungen und Verstümmelungszulagen sowie die mit Kriegsdekorationen verbundenen Ehrensolde sind ebenfalls frei. Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes (bis 3000 M. Einkommen) sind während des aktiven Dienstes, Reichs- und Staatsbeamte und Offiziere während der Zugehörigkeit zur Besatzung eines zum auswärtigen Dienst bestimmten Fahrzeuges der kaiserl. Marine von der Zahlung der Einkommensteuer befreit. Auch genießen Geistliche, Elementarlehrer, Staatsbeamte und Offiziere für ihr Diensteinkommen gänzliche oder teilweise Befreiung von den Gemeindesteuern. Sehr verschieden von der Tendenz der ältern Steuerbefreiungen ist die der neuern Steuerpolitik, die grundsätzlich die weniger bemittelten Klassen von aller direkten Personalbesteuerung freilassen will. (S. Existenzminimum.)

Steuerfundation, die Kreditgrundlage, die ein Staatspapier dadurch besitzt, daß es von den öffentlichen Kassen bei der Zahlung der Steuern angenommen wird. (S. Papiergeld.)

Steuerfuß, s. Steuersatz und Steuereinheit.

Steuergemeinschaft, die Verbindung mehrerer Staaten zum Zweck einer gleichmäßigen Besteuerung (z. B. Branntwein- und Brausteuergemeinschaft in Deutschland).

Steuergesellschaft, s. Gewerbesteuer.

Steuerhinterziehung, s. Steuervergehen (Bd. 17).

Steuerkapital, die Summe, für welche die Steuer als ein bestimmter Bruchteil angesetzt ist; so werden z. B. in Süddeutschland die Ertragsteuern nicht nach den Reinerträgen, sondern nach S. berechnet. Die Ermittelung von S. kommt weiterhin auch als rechnerisches Hilfsmittel vor, um für verschiedene Steuerarten eine einheitliche Verglei-^[folgende Seite]