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Tasso
Tasso, Bernardo, ital. Dichter, geb. 11. Nov. 1493 zu Venedig, aus altadligem Geschlecht, studierte in Padua, stand im Dienste des Grafen Guido Rangone, dann in dem der Herzogin Renata von Este und wurde 1532 Sekretär des Ferrante Sanseverino, Fürsten von Salerno. Er ehelichte 1536 die schöne und geistreiche Porzia de' Rossi, zog sich 1539 nach Sorrento zurück, teilte seit 1550 mit seinem Herrn das Los der Verbannung, lebte seit 1554 in Rom, dann am Hofe von Urbino, in Venedig, ward 1563 Sekretär des Herzogs Wilhelm von Mantua und starb 4. Sept. 1569 als Gouverneur von Ostiglia. Sein Hauptwerk ist "L'Amadigi" (Vened. 1560; 4 Bde., Bergamo 1755 u. ö.), romantisches Epos in 100 Gesängen nach dem span. Prosaroman "Amadis de Gaula", eine ziemlich unglückliche Nachahmung Ariostos in bombastischem Stil. Für die polit. und litterar. Geschichte seiner Zeit sind seine "Lettere" (beste Ausg.von Seghezzi und Serassi, 3 Bde.,Padua 1733-51) wichtig. Seine übrigen Schriften ("I tre libri degli amori", Vened. 1555; "Rime, Odi e Salmi", 2 Bde., ebd. 1560; neuere Ausg. der "Rime" von Serassi, 2 Bde., Bergamo 1749; "Il Floridante", Mantua 1587) sind vergessen. "Lettere inedite di B. T." gaben Campori (Bologna 1869, mit Biographie) und Portioli (Mantua 1871) heraus.
Tasso, Torquato, ital. Dichter, Sohn des vorigen, geb. 11. März 1544 zu Sorrento, wurde von den Jesuiten in Neapel, Rom, Bergamo und Pesaro (hier mit dem Sohn des Herzogs von Urbino) erzogen, hielt sich mit seinem Vater ein Jahr lang in Venedig auf und ging 16 J. alt nach Padua, um die Rechte zu studieren. Seine Neigung zog ihn unwiderstehlich zur Poesie. Im Alter von 17 J. trat er mit einem epischen Gedicht in 12 Gesängen: "Rinaldo" (Vened. 1562), hervor, das Beifall gewann. T. verweilte einige Zeit an der Universität Bologna, wo er gegen 1563 sein Epos von der Eroberung Jerusalems zu entwerfen begann, kehrte 1564 nach Padua zurück, um auf Einladung Scipione Gonzagas in die Akademie der "Eterei" einzutreten, und setzte seine philos. Studien, besonders Platos, fort. 1565 trat er in den Dienst des Kardinals Luigi von Este und nahm seinen dauernden Aufenthalt in Ferrara, gewann bald auch die Gunst von Herzog Alfonso II. und dessen beiden Schwestern, Lucrezia, spätern Herzogin von Urbino, und Leonore, und nahm, von ihnen ermuntert, die Arbeit an seinem Epos auf. Ende 1570 reiste er im Gefolge des Kardinals wieder nach Frankreich, aber mit der Behandlung unzufrieden, verließ er dessen Dienst und trat, nach kurzem Aufenthalt in Rom, 1572 in den des Herzogs selbst. 1573 verfaßte er für die Aufführung bei Hofe das Schäferspiel "Aminta", die glänzendste Leistung, welche diese dramat. Gattung hervorgebracht hat. 1575 las T. den letzten Gesang seines großen Gedichts dem Herzog vor, dessen Familie darin in der Gestalt Rinaldos von Este verherrlicht war. Aber er hielt es noch nicht für vollendet, begann die Durchsicht mit Beratung von Freunden und angesehenen Litteraten, die zwei Jahre dauerte und niemals beendet wurde. In Ferrara stand er in hoher Gunst; aber er fühlte sich am Hofe bald nicht mehr wohl; melancholisch und reizbar von Natur, glaubte er sich allenthalben von Intriguen der Neider umgarnt. Er trat in geheime Unterhandlung mit den Medici, ging nach Rom, wo er ganz den Studien und der Verbesserung seines Werkes leben wollte, und kam 1576 nach Ferrara zurück, mit der Absicht, sich baldigst wieder zu entfernen. Er fühlte, daß seine Stellung unhaltbar geworden sei. Dazu kamen Gewissenszweifel und der Wahn, daß er vor der Inquisition angeklagt sei. Diese Aufregung machte sich 17. Juni 1577 Luft; er warf in den Gemächern der Herzogin von Urbino, während er mit ihr von den Verfolgungen seiner Feinde sprach, ein Messer nach einem Diener. Der Herzog ließ ihn verhaften, gab ihm aber bald die Freiheit mit der Bedingung, daß er sich ärztlicher Behandlung unterziehe. Er ging zum Inquisitor in Ferrara und ward absolviert, dann mit dem Herzog nach dessen Villa Belriguardo; aber ihm entstanden neue Zweifel, ob die Absolution gültig sei. Mit Erlaubnis des Herzogs nahm er 11. Juli 1577 Wohnung im Franziskanerkloster zu Ferrara. Es war ein Anzeichen von Geistesstörung, daß er in dem Wahn, man trachte ihm nach dem Leben, 20. Juli von hier entfloh. Durch abgelegene Gegenden gelangte er verkleidet mit großen Mühsalen zu seiner Schwester nach Sorrento. Durch die Sorgfalt ihrer Pflege begann er die innere Ruhe wieder zu erlangen. Bald bereute er die Flucht und wendete sich an den Herzog und die Prinzessinnen, um ihr Wohlwollen wieder zu erlangen. Er ging auch zurück; aber sein altes Übel kehrte wieder, und er entwich zum zweitenmal. Vergebens suchte er in Mantua, Padua und Venedig Zuflucht; auch in Urbino und Turin, wo er die beste Aufnahme fand, verließ ihn seine Unruhe nicht. Er sehnte sich nach Ferrara zurück und hielt die nochmalige Vermählung des Herzogs mit Margareta Gonzaga für den schicklichsten Zeitpunkt der Rückkehr. Bei der Ankunft sah er sich jedoch bitter getäuscht; er glaubte sich zurückgesetzt, ja gemieden. Laut ergoß er sich in Schmähungen gegen Alfonso und dessen Hof, so daß der Herzog im März 1579 ihn in das Annen-Hospital bringen und als einen Irrsinnigen verwahren ließ. Dies Vorgehen hat die unerwiesene Behauptung veranlaßt, T. habe durch seine Liebe zur Prinzessin Leonore die Ehre des herzogl. Hauses verletzt. Goethe hat dies benutzt, indem er in seinem "Tasso" das Verhältnis des Dichters zum Hofe zu Ferrara vom Standpunkte eines tiefern psychol. Konflikts aus dramatisch behandelte. Der wirkliche Wahnsinn, der den Dichter, wenigstens von Zeit zu Zeit, ergriff, und sein unzurechnungsfähiges Betragen sind mehr als hinreichend, Alfonsos Maßregeln zu erklären, der ihn nie als Verbrecher, sondern nur als Gemütskranken behandelte. T.s Zustand wechselte oft. Er fand auch jetzt ruhige Augenblicke, in denen er sich bald in herrlichen Versen, bald in philos. Betrachtungen aussprach. Ein neuer Schlag für ihn war die Nachricht, daß sein Gedicht "Gerusalemme liberata" ungenau und verstümmelt zu Venedig im Druck erschienen sei (1580; verbesserte Ausg., Parma 1581). Inzwischen hatte T. die mächtigsten Personen aufgeboten, um zu seinen Gunsten zu vermitteln, und endlich überließ Alfonso im Juli 1586 auf dringendes Bitten den Dichter nach mehr als siebenjähriger Haft seinem Schwager, Vincenzo Gonzaga, der ihn so zu bewachen versprach, daß Alsonso nie etwas von ihm zu befürchten habe. In Mantua fand T. die freundlichste Aufnahme; hier vollendete er den von seinem Vater begonnenen "Floridante" und arbeitete sein Trauerspiel "Torrismondo" von neuem um. 1587 besuchte er Bergamo und wendete sich nach Rom, wo er von Scipione Gonzaga und mehrern Prälaten so aufgenommen wurde, daß er neue Hoffnungen faßte. Allein