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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tastempfindung; Tastengeige; Taster; Tastkörperchen; Tasto solo; Tastsinn; Tas-Tundra; Tastzirkel; Tât; Tata; Tatarei; Tataren

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Tastempfindung - Tataren

drücken der den Ton bewirkende Mechanismus (bei den Orgeln die Ventile der Pfeifen, beim Pianoforte die Hämmer, beim Spinett die Docken mit den Rabenkielen, beim Klavichord die Tangenten u. s. w.) in Bewegung gesetzt wird. Der deutsche Name kommt daher, daß diese Teile mit den Fingern oder mit den Füßen betastet werden. Die T. wird von Holz gefertigt, mit Elfenbein oder Ebenholzplatten (neuerdings auch mit Knochen oder Walroß) belegt. Im 15. Jahrh. wurden für die Halbtöne die Obertasten eingeführt. Die Farbenordnung der T. war im 18. Jahrh. der heutigen Ordnung entgegengesetzt, die Obertasten waren weiß, die Untertasten schwarz. (S. Musikinstrumente, Bd. 17.)

Tastempfindung, s. Gefühl und Tastsinn.

Tastengeige, s. Gambenwerk.

Taster, Instrument, s. Greifzirkel; über die Lippen- oder Maxillartaster genannten T. der Insekten s. d.

Tastkörperchen, s. Haut.

Tasto solo (ital., d. h. Taste allein) zeigt in der Generalbaßstimme an, daß der Baß allein ohne die sonst darüber gestellten Accorde gespielt werden soll. Die Abkürzung ist t. s., hinter der ein horizontaler Strich gezogen wird, so lange t. s. dauern soll.

Tastsinn (lat. tactus, d. i. Gefühl), auch Hautsinn genannt, die Empfänglichkeit der Haut und Schleimhaut für Sinnesreize. Das Centrum für den T. liegt in den Centralwindungcn der Großhirnrinde. Der T. führt dem Bewußtsein Wahrnehmungen über gewisse Eigenschaften der äußern Dinge, mit Einschluß des eigenen Leibes, zu. Es sind die geometrischen und physik. Eigenschaften der Form, der Oberflächenbeschaffenheit, der Härte, des Widerstandes gegen Deformationen, der Temperatur, die durch den T. erkannt werden; oder richtiger gesagt: aus den mannigfaltigen Empfindungen, die der T. liefert, werden durch Vergleich unter sich und mit den Empfindungen anderer Sinne die oben aufgezählten Abstraktionen gebildet. Der T. gehört demnach zu den objektivierenden Sinnen im Gegensatz zu dem sog. Gemeingefühl, dessen Empfindungen, Schmerz und Wollust, durch die meist stürmische Art ihres Auftretens zu solcher Vergleichung und Abstraktion wenig geeignet erscheinen. Die Wahrnehmungen des T. sind Wahrnehmungen des Druckes (Drucksinn) und Wahrnehmungen der Temperatur (Temperatursinn). Zu diesen Wahrnehmungen sind durchaus nicht alle Teile der Haut oder der Schleimhäute befähigt. Durch Anwendung möglichst umschriebener und möglichst schwacher Reize (kleinflächiger Schwellenreize) läßt sich mit aller Schärfe nachweisen, daß die Empfindung des Druckes nur gewissen Punkten (Druckpunkten) eigentümlich ist. Ebenso sind es nur gewisse Punkte, welche Kälte (Kaltpunkte), und wieder andere, welche Wärme empfinden (Warmpunkte). Diese Sinnespunkte zeigen in den verschiedenen Bezirken der Körperoberflüche sehr wechselnde Verteilung; sie fehlen an manchen Orten auch ganz. Überall zeigen sie die Erscheinung der sog. specifischen Energie, d. h. jede Art von Reiz löst stets nur die dem betreffenden Punkte eigentümliche Sinnesempfindung aus. Die Wahrnehmungen des T. werden wesentlich unterstützt durch Muskelbewegungen (Tastbewegungen), durch die der fühlende Körperteil über den zu betastenden Gegenstand hinweggeführt wird. Der Muskelsinn spielt daher bei den Tastwahrnehmungen eine wichtige Rolle und ist bei der Ausbildung des zum Teil sehr feinen Ortssinns der Haut wesentlich mitbeteiligt. Letzterer ist an der Zungen- und Fingerspitze am feinsten, auf dem Rücken am gröbsten entwickelt. Bei Krankheiten des Nervensystems sind Störungen des T. in der einen oder andern oder auch in allen seinen Qualitäten über größere oder kleinere Bezirke des Körpers sehr häusig und von großer Bedeutung für die ärztliche Diagnose. Große Verschiedenheit der Tastorgane findet sich bei den Tieren. Hier sind es die sich in einen Rüssel endigenden Nasen einiger, die Barthaare, die Zunge, die Lippen anderer Säugetiere, die Zunge mancher Vögel und Reptilien, die Fäden am Kopfe mehrerer Fische, die Fühlhörner und Freßzangen mehrerer Insekten, die Fühlhörner der Mollusken u. a. - Vgl. E. H. Weber, T. und Gemeingefühl (in R. Wagners "Handwörterbuch der Physiologie", Braunschw. 1846, auch gesondert gedruckt); O. Funke in Hermanns "Handbuch der Physiologie" (Lpz. 1879); M. Blix in der "Zeitschrift für Biologie", Bd. 20 u. 21 (1884); M. Dessoir, Über den Hauptsinn (im "Archiv für Anatomie und Physiologie", 1892, physiol. Abteilung).

Tas-Tundra, s. Tas-Busen.

Tastzirkel, soviel wie Greifzirkel (s. d.).

Tât, Volksstamm, s. Iranier.

Tata, ungar. Name von Totis (s. d.) im Komitat Komorn.

Tatarei (von Ta-ta, d. h. Tataren), fälschlich Tartarei, nannte man im Mittelalter das mittlere Asien, weil man die von dorther gegen Westen heranstürmenden Horden unter dem Gesamtnamen Tataren (s. d.) begriff. Später unterschied man die Kleine oder Europäische von der Großen oder Asiatischen T. Unter jener begriff man die Teile des Russischen Reichs, welche ehemals die Chanate der Krim, von Astrachan und Kasan ausmachten. Im engern Sinne bezeichnete T. die Krim und die Gegenden am Dnjepr und Don. Die Asiatische T. umfaßte das Gebiet zwischen Kaspischem Meer, Sibirien, Afghanistan, Persien, Tibet und Stillem Meer. Daneben sind aber aus älterer Zeit auch noch die Namen Chinesische oder Hohe T. für den östlichen und Freie T. für den westl. Teil von Turkestan im Gebrauch, obwohl die Bevölkerung in beiden großenteils nicht tatarisch ist.

Tataren, ein Völkername von sehr schwankender Bedeutung, der bei den Geschichtschreibern und Ethnographen bald in engerer, bald in weiterer Bedeutung gebraucht wird. Ursprünglich einen mongol. Volksstamm bezeichnend und mit dem Namen Mongolen (s. d.) in ethnogr. Hinsicht identisch, wurde der Name T. infolge der Eroberungen der Mongolen im 13. Jahrh. eine Kollektivbenennung, mit der man (gleichwie der Name Franken seit Karl d. Gr. und der Herrschaft der Franken zur allgemeinen Bezeichnung aller westeurop. Völker wurde) nicht bloß die eigentlichen T. oder Mongolen, sondern auch alle ihnen unterworfenen verwandten und ähnlichen Völker bezeichnete. Nur wandelte man in Europa, einem Wortspiele mit dem Tartarus der Alten zu Gefallen, den Namen in Tartaren, d. h. aus der Unterwelt Gekommene, um. So wurden hauptsächlich drei in körperlicher Hinsicht zwar verschiedene, in sprachlicher Beziehung aber verwandte Völker, Mongolen, Tungusen und Türken, unter dem Namen T. begriffen, in deren Geschichte somit auch die der T. aufgeht. Gegenwärtig wird der Name T. noch in doppelter Beziehung gebraucht: einmal zur Bezeichnung des hochasiat. Völker- und Sprachstammes,