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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Tierkreislicht - Tiersage

(S. Dendera.) Es ist anzunehmen, daß die Griechen ihre Zeichen von den Chaldäern übernahmen. Die Ägypter erhielten sie im 1. Jahrh. v. Chr. erst von den Griechen und nahmen sie in Dendera und Esneh unter die altägypt. Sternbilder auf.

Tierkreislicht, soviel wie Zodiakallicht (s. d.).

Tierkunde, s. Zoologie.

Tierlymphe, animale Lymphe, s. Impfung.

Tiermalerei, der Zweig der Malerei, dessen Hauptgegenstand das Tier ist. Die eigentliche T. beginnt im 17. Jahrh.; damals ragten schon in dieser Beziehung hervor: Rubens, Paul de Vos und Frans Synders, der eigentliche Tiermaler der Flamänder, dem Jan Fyt ziemlich gleichzustellen ist. Von den Holländern sind zu nennen: Paulus Potter (s. Tafel: Niederländische Kunst Ⅵ, Fig. 7) und Adriaen van de Velde; Herden in ital. Landschaft malten: Jan Asselyn, Nikolaas Berghem, Karel Dujardin; wilde Tiere Hondius; Federvieh M. Hondecoeter. Aus dem 18. Jahrh. sind hervorzuheben: die Hamiltons (Pferde), Elias Riedinger (Wild), die Roos (Rinder, Schafe, Ziegen), Mind (Katzen). Im 19. Jahrh. treten hervor in Berlin: Franz Krüger und Steffeck (Pferde), Schulz (Jagd), Brendel (Schafe), ferner Freese (Rotwild), Arnold (Hunde), O. Weber (Pferd und Rind), Meyerheim, Friese, Mützel (wilde Tiere); in Düsseldorf: Kröner (Wild); in München: die Adam, Vater und Söhne, J. A. Klein (Pferde), Fr. Voltz (Kühe), Baisch, Gebler (Schafe), Mali (Rinder und Schafe); in Wien: T. Schmidtson (Pferde), Pausinger (Wild), Julius Blaas (Pferde), Huber (Rind); in Dresden: G. Hammer; in der Schweiz: Karl Humbert (Pferd und Rind), Rud. Koller (Rinder und Schafe), Hefner, Fischer u. a.; in Belgien: E. Verboeckhoven, Tschaggeny, de Haas; bei den Franzosen: Troyon, Brascassat, Luminais, Jacques und Rosa Bonheur; bei den Engländern: Edw. Landseer (s. Tafel: Englische Kunst Ⅱ, Fig. 6), R. Ansdell, Briton-Rivière u. a.

Tiermärchen, s. Tiersage und Sage.

Tiermilben (Gamasidae), eine Familie der Milben (s. d.). Sie sind augenlos und haben scherenförmige oder zu Stechborsten umgewandelte Kieferfühler, frei vorstehende Kiefertaster und haarige, mit zwei Klauen und einer Haftscheibe endigende Beine. Sie schmarotzen, ohne sich an ihren Wirten dauernd festzusaugen, an Fledermäusen, Vögeln, Insekten und andern Tieren. Hierher gehören die Käfermilbe und die Vogelmilbe.

Tiërno, eine Art Malagawein, s. Pedro-Ximenes-Wein.

Tieröl, s. Dippels Öl.

Tierpsychologie, der Zweig der Psychologie, der das Ziel verfolgt, die Erscheinungen und Gesetze des Seelenlebens der Tiere durch vergleichende Beobachtung zu erforschen. – Vgl. Scheitlin, Versuch einer vollständigen Tierseelenkunde (2 Bde., Stuttg. und Tüb. 1840); Perty, Über das Seelenleben der Tiere (2. Aufl., Lpz. 1875); Darwin, The expressions of the emotions in man and animals (Lond. 1872; deutsch von Carus, 4. Aufl., Stuttg. 1884); Vignoli, Über das Fundamentalgesetz der Intelligenz im Tierreich (Lpz. 1879); Romanes, Animal intelligence (Lond. 1884; deutsch u. d. T.: Die geistige Entwicklung im Tierreich, Lpz. 1885).

Tierquälerei, s. Tierschutz.

Tiërra del fuēgo, s. Feuerland.

Tiersage, der Kreis der Erzählungen, in denen Tiere als handelnde Personen erscheinen, mit menschlichem Denken, Empfinden und Sprechen ausgestattet. Jedes der Tiere zeigt in ihr stets denselben bestimmt ausgeprägten Charakter; der Fuchs ist schlau und hinterlistig, der Hase furchtsam, der Bär gutmütig, plump, der Wolf bösartig, aber dumm u. s. w. Poetisch gestaltet wurde die T. in der knappen Tierfabel, die stets einen didaktischen Zweck hat (s. Fabel), in dem harmlos kindlichen Tiermärchen und in dem breiten, eine größere Anzahl von Tierfabeln zu einem Ganzen vereinigenden Tierepos. Jakob Grimm war der Ansicht, daß die T. ein Gemeingut der indogerman. Völker, und daß das Tierepos ihre älteste und reinste poet. Form gewesen sei, die sich nur bei den Germanen rein erhalten habe und von ihnen zu den Franzosen und Niederländern gelangt sei. Neuere Forschungen haben indessen ergeben, daß die deutsche T. im Mittelalter auch mit antiken und orient. Fabeln reich versetzt wurde. Daher ist auch in ihr fast immer der Löwe der König der Tiere, und sein Verhältnis zum Fuchs kopiert nur das zum ind. Schakal. Daneben darf freilich nicht verkannt werden, daß in den Geschichten von Bär, Wolf und Fuchs auch starke einheimisch nordeurop. Bestandteile stecken. Litterarisch tritt die T. zuerst bei den Franken auf. Der Chronist Fredegar (um 640) erzählt die Tierfabel vom gegessenen Herzen, die in polit. Anwendung sich bis in die Kaiserchronik fortpflanzt, und ein Dichter vom Hofe Karls d. Gr., wahrscheinlich Paulus Diakonus, behandelte zu Ende des 8. Jahrh. in lat. Versen, zuerst in Deutschland, die Fabel vom kranken Löwen, den der Fuchs heilt, indem er seinen Todfeind, den Wolf, schinden und den König in dessen Balg sich einhüllen läßt. Diese Fabel nun von der Feindschaft zwischen Wolf und Fuchs wurde der Kern, um den sich das Tierepos allmählich zusammenschloß. Dieses ist durchaus keine Volksdichtung, sondern aus Mönchskreisen hervorgegangen und hat von vornherein eine stark satir. Tendenz. Einen ersten Ansatz zum Tierepos bildet die «Ecbasis cuiusdam captivi» (s. Ecbasis), das um 940 entstandene Gedicht eines lothring. Mönchs. Entscheidend für die Ausbildung des Tierepos war dann das Aufkommen von Heldennamen für die wichtigsten Tiere, kurz vor 1112; der Wolf wurde Isengrim, der Fuchs Reinhart, der Bär Bruno genannt; das franz. Wort renard bezeugt heute noch den großen Anteil, den Deutschland an der Ausbildung des Tierepos hatte. Die älteste Dichtung, in der diese Eigennamen erscheinen, ist der «Ysengrimus» des flandr. Dichters Nivardus, um 1146 verfaßt (hg. von Voigt, Halle 1884). Daneben wurden einzelne Tiererzählungen, namentlich in Nordfrankreich, von Klerikern und Vaganten in kurzen Reimgedichten in der Landessprache behandelt; aus diesen sog. branches ward dann der «Roman de Renart» zusammengestellt (hg. von Martin, 3 Bde., Straßb. 1882‒87; vgl. Sudre, Les sources du roman de Renart, Par. 1893), der aber nichts weniger als ein einheitliches Ganzes ist. Glücklicher hat der Elsässer Heinrich (s. d.) der Glîchezare oder seine Quelle den Stoff einiger branches episch zusammengefaßt. An Wichtigkeit aber übertraf ihn weit Willems niederländ. «Reinaert» (um 1250; hg. von Martin, Paderb. 1874), der auf der 20. branche des «Roman de Renart» beruht und ein vortreffliches Epos von ruhiger, packender Handlung bildet. Merkwürdigerweise hatte aber eine wenig glückliche moralisch-satir. Erweiterung des 14. Jahrh.,