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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tiers-état; Tiers-parti; Tierverbreitung; Tierzucht; Tiesno; Tieuté; Tifernus; Tiffin; Tiflis

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Tiers-état - Tiflis

Tiers-état (frz., spr. tĭährsetá, d. i. dritter Stand), im öffentlichen Recht des Feudalzeitalters in Frankreich, wie überall, die ganze große Masse des bürgerlichen Volks, vornehmlich der Mittelstand aus den Städten gegenüber den beiden privilegierten Ständen, dem Adel und der Geistlichkeit. Der T. machte in allen Ständeversammlungen die dritte Abteilung aus; da nach Ständen abgestimmt wurde, unterlag er fast immer den zwei andern Ständen. Deshalb sagte er sich 1614 auf den letzten États généraux der alten Monarchie von diesen Formen los, und bei der Neuberufung der Generalstände bildete 1789 die Frage nach der Abstimmungsweise den äußern Anlaß zum Bruche. (S. Frankreich, Geschichte). – Vgl. Thierry, Essai sur l’histoire du T. (Par. 1853); ders., Recueil des monuments inédits de l’histoire du T. (4 Bde., 1850‒70).

Tiers-parti (frz., spr. tĭähr, d. i. dritte Partei), unter Ludwig Philipp in der franz. Deputiertenkammer eine Fraktion des Centrums, die zwar nicht zur Opposition gehörte, aber auch nicht für die Politik des Ministeriums der Doktrinärs (s. d.) stimmte. T. nennt man daher zuweilen auch jede polit. Mittelpartei.

Tierverbreitung, s. Tiergeographie.

Tierzucht, s. Viehzucht.

Tiesno, Ort auf Morter (s. d.).

Tieuté, s. Pfeilgifte.

Tifernus, alter Name des Flusses Biferno (s. d.) in Unteritalien.

Tiffin, Hauptort des County Seneca im nordamerik. Staate Ohio, südsüdöstlich von Toledo, am Sandusky-River, mit Bahnen nach sechs Richtungen, hat (1890) 10801 E.; Glaswerke, Töpferei, Fabrikation von Papier, Nägeln, Kutschen und Getreidehandel. Natürliches Gas wird seit 1887 in bedeutenden Quantitäten gewonnen.

Tiflis. 1) Gouvernement im russ. Generalgouvernement Kaukasien, südlich vom Kaukasus (Transkaukasien), grenzt im N. an das Terekgebiet, im NO. an Dagestan, im SO. und S. an Jelisawetpol und Eriwan, im SW. an Kars und im W. an Kutais und umfaßt 44607,4 qkm mit (1897) 1071414 E., d. i. 24 auf 1 qkm. Es umfaßt das Bassin des Mittellaufs und teilweise des Oberlaufs der Kura. Der nordwestl. Teil fällt nach SW. in einigen langen und waldreichen Ausläufern des Großen Kaukasus zur Ebene ab und ist ein großes Gebirgsland, durchschnitten von tiefen Schluchten der linksseitigen Zuflüsse der Kura. Im nordöstl., ziemlich öden Teil fällt der Kaukasus ungemein steil zur Ebene des Alasan ab. Von Flüssen sind außerdem noch zu erwähnen die Aragwa und die Jora. Mineralquellen sind in Menge vorhanden, namentlich in T. (heiße Schwefelquellen), Borshom (ähnlich den Quellen von Vichy), Abastuman (Schwefelquellen von 33‒48° C.); ferner wird gewonnen Glaubersalz 1,2 Mill. kg, Naphtha (0,89 Mill.), Eisen- und Kupfererz. Die Kreise von Gori, T., Duschet und der größte Teil der Kreise Telaw und Signach sind sehr fruchtbar und dicht bevölkert. Das Klima ist in den Niederungen warm, in den Gebirgsgegenden kühl und rauh; die mittlere Jahrestemperatur beträgt in T. 12,6° (im Gebirge 6‒9,5°), im Juli 24,3° im Januar 0,5° C. Die Bevölkerung besteht aus 400000 Georgiern, 197000 Armeniern, 80000 Tataren, 72000 Osseten, 45000 Russen, 20000 Griechen, 7000 Juden, 4000 Deutschen, endlich Persern, Türken, Kurden u. s. w.; dem Bekenntnis nach sind 520000 griechisch-orthodox, zur grusinischen Eparchie gehörig, 80000 Mohammedaner u. s. w. Die Hauptbeschäftigung ist Acker-, Obst-, Wein-, stellenweise auch Tabakbau. Das Weinland beträgt 51400 ha und liefert jährlich einen Ertrag von 8‒10 Mill. Rubel. Der Wein wird meist in thönernen Krügen in der Erde aufbewahrt und in Büffel- und Ziegenschläuchen transportiert. An Vieh gab es 1891: 98000 Pferde, 533900 Stück Hornvieh, 1,19 Mill. Schafe und Ziegen, 77700 Schweine. 154 Seidenzüchtereien liefern jährlich 25000 kg Seide. Fabriken sind gegen 500 mit einer Produktion von 5 Mill. Rubel Wert, darunter Eisen-, Kupferhütten, Spinnereien, Leder-, Seifen- und Licht-, Öl-, Filzfabriken; Branntweinbrennereien, Bierbrauereien und Ziegeleien. Es giebt 240 km Eisenbahnen; 9 Mittelschulen für Knaben, 7 für Mädchen, 7 Specialschulen für Knaben, 1 für Mädchen. Das Gouvernement zerfällt in 9 Kreise: T., Achalzich, Achalkalaki, Bortschalo, Duschet, Gori, Signach, Telaw und Tioneti sowie in den Bezirk (okrug) Sakataly. – 2) Kreis im mittlern Teil des Gouvernements T., hat 4197,6 qkm mit (außer der Stadt T.) 68811 E. – 3) T., georgisch Tbilisi (d. i. Stadt der warmen Quellen) oder Kalaki (d. i. Stadt), Hauptstadt des Generalgouvernements Kaukasien, des Gouvernements und des Kreises T., unter 41° 43’ 37" nördl. Br. und 44° 47’ 40" östl. L. von Greenwich, in 390 m Seehöhe, in einem nach Norden offenen Gebirgskessel zu beiden Seiten der Kura und an der Linie Batum-Baku der Transkaukas. Eisenbahn. Das Klima ist gemäßigt, doch im Sommer sehr heiß, mit häufigem schroffen Temperaturwechsel sowie kalten und heftigen Nordwinden, die Fieber, Erkrankung der Atmungswerkzeuge und (durch den Staub) der Augen erzeugen. Die Häuser und Straßen bauen sich terrassenförmig an den Bergabhängen auf, was in Gemeinschaft mit den, namentlich auf dem linken Kuraufer, sehr zahlreichen Wein- und Obstgärten der Stadt ein sehr malerisches Ansehen verleiht. Durch die Kura wird T. in zwei Hälften geteilt; auf dem rechten Ufer liegen: der Vorort Wera mit Obst- und Weingärten, mit der Olgastraße und Neuholland, dann Mtazminda mit der Kirche des heil. David, ferner Garetubani, dann Sololaki (der schönste und aristokratische Stadtteil), Charpuchi und Ortotschala (ebenfalls mit vielen Gärten); auf dem linken Ufer liegt die frühere deutsche Kolonie mit dem öffentlichen Garten Muschtajd und dem neuen Stadtteil Didube, Neu- und Altkuki, Tschugureti mit Peski, der Awlabar mit der Festung Metechi, einst Residenz der Könige von Georgien, jetzt Civilgefängnis und der Vorort Naphthlug mit dem Militärhospital. Andere teilen die Stadt in die Alt- und Neustadt oder den asiat. und europ. Stadtteil, von denen ersterer die südl. und südöstl. Hälfte zu beiden Seiten der Kura einnimmt, der letztere die nordöstl. und nördl. Hälfte. Von den alten Festungswerken haben sich noch Mauern und Türme auf dem Sololakiberg, auf dem Awlabar und Maidan erhalten. Am südl. Fuße der Sololakibefestigung in wildromantischer Schlucht breitet sich der botan. Garten aus. An öffentlichen Anlagen hat T. außerdem noch den Alexanderpark im Centrum der Stadt, einen Square auf dem Eriwanschen Platz, den Park Muschtajd im äußersten Norden auf dem linken Kuraufer. Mitten in der Stadt bei der Woronzowbrücke bildet die Kura die große Madatowinsel. Über den Fluß führen fünf Brücken und einige Fähren. Die bedeutendsten